Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Unterricht geben; oder sich mit dem Ganzen der
Erziehung befassen; müssen nie ohne Prüfung
ihres Wissens von einem versammelten Schul¬
rath, geduldet werden. Und dann müssen sie
noch überdieß an irgend einer Markschule eine
festgesetzte Zeit wirklichen Unterricht zur Probe
geben. Die Markschulen und Markregierun¬
gen müssen die Unteraufsicht über alle Privat¬
und Hauslehrer haben. Pfuscher darf es nir¬
gends geben, so wenig Ärzte, wie Lehrer und
Erzieher. Unsittlichen, lasterhaften, gewissenlosen
Erziehern muß das Lehramt verboten werden,
wie den ungeschickten Ärzten die Ausübung der
Heilkunst gelegt wird. Es ist nichts Übertriebe¬
nes in der Schilderung von Thieme: "Jn
"Vergleichung mit der ganzen Menschenmenge
"in Deutschland, sind nur sehr wenige Kinder
"so glücklich, einen eigenen Privatlehrer zu ha¬
"ben: und auch unter diesen wenigen genießt nur
"der kleinste Theil das äußerst seltene Glück ei¬
"nen Menschenkenner zum Lehrer zu haben.
"Alle übrige -- welche ungeheure Menge! --
,,Was haben sie für Meister? Jn was für
"Händen ist die erste Entwickelung ihrer Gei¬
"steskräfte? Mönche die das Gelübde gethan

Unterricht geben; oder ſich mit dem Ganzen der
Erziehung befaſſen; müſſen nie ohne Prüfung
ihres Wiſſens von einem verſammelten Schul¬
rath, geduldet werden. Und dann müſſen ſie
noch überdieß an irgend einer Markſchule eine
feſtgeſetzte Zeit wirklichen Unterricht zur Probe
geben. Die Markſchulen und Markregierun¬
gen müſſen die Unteraufſicht über alle Privat¬
und Hauslehrer haben. Pfuſcher darf es nir¬
gends geben, ſo wenig Ärzte, wie Lehrer und
Erzieher. Unſittlichen, laſterhaften, gewiſſenloſen
Erziehern muß das Lehramt verboten werden,
wie den ungeſchickten Ärzten die Ausübung der
Heilkunſt gelegt wird. Es iſt nichts Übertriebe¬
nes in der Schilderung von Thieme: „Jn
„Vergleichung mit der ganzen Menſchenmenge
„in Deutſchland, ſind nur ſehr wenige Kinder
„ſo glücklich, einen eigenen Privatlehrer zu ha¬
„ben: und auch unter dieſen wenigen genießt nur
„der kleinſte Theil das äußerſt ſeltene Glück ei¬
„nen Menſchenkenner zum Lehrer zu haben.
„Alle übrige — welche ungeheure Menge! —
,,Was haben ſie für Meiſter? Jn was für
„Händen iſt die erſte Entwickelung ihrer Gei¬
„ſteskräfte? Mönche die das Gelübde gethan

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0116" n="86"/><fw type="pageNum" place="top">86<lb/></fw>Unterricht geben; oder &#x017F;ich mit dem Ganzen der<lb/>
Erziehung befa&#x017F;&#x017F;en; mü&#x017F;&#x017F;en nie ohne Prüfung<lb/>
ihres Wi&#x017F;&#x017F;ens von einem ver&#x017F;ammelten Schul¬<lb/>
rath, geduldet werden. Und dann mü&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie<lb/>
noch überdieß an irgend einer Mark&#x017F;chule eine<lb/>
fe&#x017F;tge&#x017F;etzte Zeit wirklichen Unterricht zur Probe<lb/>
geben. Die Mark&#x017F;chulen und Markregierun¬<lb/>
gen mü&#x017F;&#x017F;en die Unterauf&#x017F;icht über alle Privat¬<lb/>
und Hauslehrer haben. Pfu&#x017F;cher darf es nir¬<lb/>
gends geben, &#x017F;o wenig Ärzte, wie Lehrer und<lb/>
Erzieher. Un&#x017F;ittlichen, la&#x017F;terhaften, gewi&#x017F;&#x017F;enlo&#x017F;en<lb/>
Erziehern muß das Lehramt verboten werden,<lb/>
wie den unge&#x017F;chickten Ärzten die Ausübung der<lb/>
Heilkun&#x017F;t gelegt wird. Es i&#x017F;t nichts Übertriebe¬<lb/>
nes in der Schilderung von <hi rendition="#g">Thieme</hi>: &#x201E;Jn<lb/>
&#x201E;Vergleichung mit der ganzen Men&#x017F;chenmenge<lb/>
&#x201E;in Deut&#x017F;chland, &#x017F;ind nur &#x017F;ehr wenige Kinder<lb/>
&#x201E;&#x017F;o glücklich, einen eigenen Privatlehrer zu ha¬<lb/>
&#x201E;ben: und auch unter die&#x017F;en wenigen genießt nur<lb/>
&#x201E;der klein&#x017F;te Theil das äußer&#x017F;t &#x017F;eltene Glück ei¬<lb/>
&#x201E;nen Men&#x017F;chenkenner zum Lehrer zu haben.<lb/>
&#x201E;Alle übrige &#x2014; welche ungeheure Menge! &#x2014;<lb/>
,,Was haben &#x017F;ie für Mei&#x017F;ter? Jn was für<lb/>
&#x201E;Händen i&#x017F;t die er&#x017F;te Entwickelung ihrer Gei¬<lb/>
&#x201E;&#x017F;teskräfte? <hi rendition="#g">Mönche</hi> die das Gelübde gethan<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0116] 86 Unterricht geben; oder ſich mit dem Ganzen der Erziehung befaſſen; müſſen nie ohne Prüfung ihres Wiſſens von einem verſammelten Schul¬ rath, geduldet werden. Und dann müſſen ſie noch überdieß an irgend einer Markſchule eine feſtgeſetzte Zeit wirklichen Unterricht zur Probe geben. Die Markſchulen und Markregierun¬ gen müſſen die Unteraufſicht über alle Privat¬ und Hauslehrer haben. Pfuſcher darf es nir¬ gends geben, ſo wenig Ärzte, wie Lehrer und Erzieher. Unſittlichen, laſterhaften, gewiſſenloſen Erziehern muß das Lehramt verboten werden, wie den ungeſchickten Ärzten die Ausübung der Heilkunſt gelegt wird. Es iſt nichts Übertriebe¬ nes in der Schilderung von Thieme: „Jn „Vergleichung mit der ganzen Menſchenmenge „in Deutſchland, ſind nur ſehr wenige Kinder „ſo glücklich, einen eigenen Privatlehrer zu ha¬ „ben: und auch unter dieſen wenigen genießt nur „der kleinſte Theil das äußerſt ſeltene Glück ei¬ „nen Menſchenkenner zum Lehrer zu haben. „Alle übrige — welche ungeheure Menge! — ,,Was haben ſie für Meiſter? Jn was für „Händen iſt die erſte Entwickelung ihrer Gei¬ „ſteskräfte? Mönche die das Gelübde gethan

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/116
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/116>, abgerufen am 13.05.2024.