Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

"haben, nie zu denken -- Candidaten des
"Predigtamts (oft nur desperate) -- Schüler
"die selbst noch nichts gelernt haben. -- Ver¬
"dorbene Studenten, abgelebte Bediente --
"invalide Soldaten -- alte Weiber die sonst
"gar nichts vorzunehmen wissen -- Franzö¬
sinnen
u. s. w. Meist lauter Leute, bei denen
"Unwissenheit, Hunger, Faulheit, Unbrauchbar¬
"keit zu allen andern Geschäften, der wahre Be¬
"ruf zum Lehrergeschäfte war. Selbst die Land¬
"schulmeister und die Lehrer der untern Klassen
"in den meisten Deutschen und Lateinischen
"Schulen: Man betrachte diese Men¬
"schen, und frage denn, wie es komme,
"daß so wenige Menschen selbst den¬
"ken?"

Über die Hindernisse des Selbstdenkens in Deutsch¬
land. Eine gekrönte Preisschrift. Leipzig
1788. (Seite 257.)

Schulräthen und gelehrten Gesellschaf¬
ten muß die Aufsicht über Bücherleihen und
Leihbücher zustehen. Unreife Bücher sind weit
gefährlicher, als unreife Kartoffeln; schlechte Bü¬
cher verderblicher, als ungesundes Fleisch. Alle
diese Bücher müssen gestempelt werden, ein un¬

„haben, nie zu denken — Candidaten des
„Predigtamts (oft nur deſperate) — Schüler
„die ſelbſt noch nichts gelernt haben. — Ver¬
„dorbene Studenten, abgelebte Bediente
„invalide Soldaten — alte Weiber die ſonſt
„gar nichts vorzunehmen wiſſen — Franzö¬
ſinnen
u. ſ. w. Meiſt lauter Leute, bei denen
„Unwiſſenheit, Hunger, Faulheit, Unbrauchbar¬
„keit zu allen andern Geſchäften, der wahre Be¬
„ruf zum Lehrergeſchäfte war. Selbſt die Land¬
„ſchulmeiſter und die Lehrer der untern Klaſſen
„in den meiſten Deutſchen und Lateiniſchen
„Schulen: Man betrachte dieſe Men¬
ſchen, und frage denn, wie es komme,
daß ſo wenige Menſchen ſelbſt den¬
ken?

Über die Hinderniſſe des Selbſtdenkens in Deutſch¬
land. Eine gekrönte Preisſchrift. Leipzig
1788. (Seite 257.)

Schulräthen und gelehrten Geſellſchaf¬
ten muß die Aufſicht über Bücherleihen und
Leihbücher zuſtehen. Unreife Bücher ſind weit
gefährlicher, als unreife Kartoffeln; ſchlechte Bü¬
cher verderblicher, als ungeſundes Fleiſch. Alle
dieſe Bücher müſſen geſtempelt werden, ein un¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0117" n="87"/><fw type="pageNum" place="top">87<lb/></fw>&#x201E;haben, nie zu denken &#x2014; <hi rendition="#g">Candidaten</hi> des<lb/>
&#x201E;Predigtamts (oft nur de&#x017F;perate) &#x2014; <hi rendition="#g">Schüler</hi><lb/>
&#x201E;die &#x017F;elb&#x017F;t noch nichts gelernt haben. &#x2014; Ver¬<lb/>
&#x201E;dorbene <hi rendition="#g">Studenten</hi>, abgelebte <hi rendition="#g">Bediente</hi> &#x2014;<lb/>
&#x201E;invalide <hi rendition="#g">Soldaten</hi> &#x2014; alte <hi rendition="#g">Weiber</hi> die &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
&#x201E;gar nichts vorzunehmen wi&#x017F;&#x017F;en &#x2014; <hi rendition="#g">Franzö¬<lb/>
&#x017F;innen</hi> u. &#x017F;. w. Mei&#x017F;t lauter Leute, bei denen<lb/>
&#x201E;Unwi&#x017F;&#x017F;enheit, Hunger, Faulheit, Unbrauchbar¬<lb/>
&#x201E;keit zu allen andern Ge&#x017F;chäften, der wahre Be¬<lb/>
&#x201E;ruf zum Lehrerge&#x017F;chäfte war. Selb&#x017F;t die Land¬<lb/>
&#x201E;&#x017F;chulmei&#x017F;ter und die Lehrer der untern Kla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x201E;in den mei&#x017F;ten Deut&#x017F;chen und Lateini&#x017F;chen<lb/>
&#x201E;Schulen: <hi rendition="#g">Man betrachte die&#x017F;e Men¬</hi><lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">&#x017F;chen, und frage denn, wie es komme,</hi><lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">daß &#x017F;o wenige Men&#x017F;chen &#x017F;elb&#x017F;t den¬</hi><lb/>
&#x201E;<hi rendition="#g">ken?</hi>&#x2033;</p><lb/>
          <listBibl>
            <bibl>Über die Hinderni&#x017F;&#x017F;e des Selb&#x017F;tdenkens in Deut&#x017F;ch¬<lb/>
land. Eine gekrönte Preis&#x017F;chrift. Leipzig<lb/>
1788. (Seite 257.)</bibl>
          </listBibl><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Schulräthen</hi> und gelehrten Ge&#x017F;ell&#x017F;chaf¬<lb/>
ten muß die Auf&#x017F;icht über <hi rendition="#g">Bücherleihen</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Leihbücher</hi> zu&#x017F;tehen. Unreife Bücher &#x017F;ind weit<lb/>
gefährlicher, als unreife Kartoffeln; &#x017F;chlechte Bü¬<lb/>
cher verderblicher, als unge&#x017F;undes Flei&#x017F;ch. Alle<lb/>
die&#x017F;e Bücher mü&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;tempelt werden, ein un¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0117] 87 „haben, nie zu denken — Candidaten des „Predigtamts (oft nur deſperate) — Schüler „die ſelbſt noch nichts gelernt haben. — Ver¬ „dorbene Studenten, abgelebte Bediente — „invalide Soldaten — alte Weiber die ſonſt „gar nichts vorzunehmen wiſſen — Franzö¬ ſinnen u. ſ. w. Meiſt lauter Leute, bei denen „Unwiſſenheit, Hunger, Faulheit, Unbrauchbar¬ „keit zu allen andern Geſchäften, der wahre Be¬ „ruf zum Lehrergeſchäfte war. Selbſt die Land¬ „ſchulmeiſter und die Lehrer der untern Klaſſen „in den meiſten Deutſchen und Lateiniſchen „Schulen: Man betrachte dieſe Men¬ „ſchen, und frage denn, wie es komme, „daß ſo wenige Menſchen ſelbſt den¬ „ken?″ Über die Hinderniſſe des Selbſtdenkens in Deutſch¬ land. Eine gekrönte Preisſchrift. Leipzig 1788. (Seite 257.) Schulräthen und gelehrten Geſellſchaf¬ ten muß die Aufſicht über Bücherleihen und Leihbücher zuſtehen. Unreife Bücher ſind weit gefährlicher, als unreife Kartoffeln; ſchlechte Bü¬ cher verderblicher, als ungeſundes Fleiſch. Alle dieſe Bücher müſſen geſtempelt werden, ein un¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/117
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/117>, abgerufen am 13.05.2024.