menschlich fühlenden, und selbsthandelnden We¬ sen. Nur die einträchtige Ausbildung des ge¬ sammten Menschen bewahrt vor aller und jeder leiblichen und geistigen Verkrüppelung und Ver¬ zerrung. Wehe der Erziehung, die sich zu Ab¬ richtungshandgriffen erniedrigt, und mit Pfu¬ schergewalt in die Natur greift, statt vermittelnd herbeizutreten. Es ist keine Menschenbildung, wenn das Einzelwesen auf Kosten geistiger Be¬ dürfnisse staatsbürgerliche Fortschritte macht; der Geist zum Schaden und Nachtheil der Kraft und Gesundheit hoch fliegt, und endlich der Kör¬ per nur auf Unkosten des Geschmacks und der Menschlichkeit auf gut thierisch besteht.
B. A. Marks Schulreden. Halberstadt u. Hei¬ ligenstadt bei Dölle 1806.
b)Ersterlernen der Muttersprache.
Erziehen ist nicht ohne Lehren, Erzogenwer¬ den nicht ohne Lernen; erziehungsbedürftig ist der Mensch, erziehungsfähig wird er erst durch die Sprache. Nur durch die Sprache denkt er. Ohne Sprache giebt es kein Festhalten der Be¬ griffe, kein Bestimmen derselben zum Urtheil, kein Aneinanderreihen von diesen zu Schlüssen.
menſchlich fühlenden, und ſelbſthandelnden We¬ ſen. Nur die einträchtige Ausbildung des ge¬ ſammten Menſchen bewahrt vor aller und jeder leiblichen und geiſtigen Verkrüppelung und Ver¬ zerrung. Wehe der Erziehung, die ſich zu Ab¬ richtungshandgriffen erniedrigt, und mit Pfu¬ ſchergewalt in die Natur greift, ſtatt vermittelnd herbeizutreten. Es iſt keine Menſchenbildung, wenn das Einzelweſen auf Koſten geiſtiger Be¬ dürfniſſe ſtaatsbürgerliche Fortſchritte macht; der Geiſt zum Schaden und Nachtheil der Kraft und Geſundheit hoch fliegt, und endlich der Kör¬ per nur auf Unkoſten des Geſchmacks und der Menſchlichkeit auf gut thieriſch beſteht.
B. A. Marks Schulreden. Halberſtadt u. Hei¬ ligenſtadt bei Dölle 1806.
b)Erſterlernen der Mutterſprache.
Erziehen iſt nicht ohne Lehren, Erzogenwer¬ den nicht ohne Lernen; erziehungsbedürftig iſt der Menſch, erziehungsfähig wird er erſt durch die Sprache. Nur durch die Sprache denkt er. Ohne Sprache giebt es kein Feſthalten der Be¬ griffe, kein Beſtimmen derſelben zum Urtheil, kein Aneinanderreihen von dieſen zu Schlüſſen.
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menſchlich fühlenden, und ſelbſthandelnden We¬
ſen. Nur die einträchtige Ausbildung des ge¬
ſammten Menſchen bewahrt vor aller und jeder
leiblichen und geiſtigen Verkrüppelung und Ver¬
zerrung. Wehe der Erziehung, die ſich zu Ab¬
richtungshandgriffen erniedrigt, und mit Pfu¬
ſchergewalt in die Natur greift, ſtatt vermittelnd
herbeizutreten. Es iſt keine Menſchenbildung,
wenn das Einzelweſen auf Koſten geiſtiger Be¬
dürfniſſe ſtaatsbürgerliche Fortſchritte macht; der
Geiſt zum Schaden und Nachtheil der Kraft
und Geſundheit hoch fliegt, und endlich der Kör¬
per nur auf Unkoſten des Geſchmacks und der
Menſchlichkeit auf gut thieriſch beſteht.
B. A. Marks Schulreden. Halberſtadt u. Hei¬
ligenſtadt bei Dölle 1806.
b) Erſterlernen der Mutterſprache.
Erziehen iſt nicht ohne Lehren, Erzogenwer¬
den nicht ohne Lernen; erziehungsbedürftig iſt
der Menſch, erziehungsfähig wird er erſt durch
die Sprache. Nur durch die Sprache denkt er.
Ohne Sprache giebt es kein Feſthalten der Be¬
griffe, kein Beſtimmen derſelben zum Urtheil,
kein Aneinanderreihen von dieſen zu Schlüſſen.
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/214>, abgerufen am 14.05.2024.
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