-- Geschichtdichtereien sind die tagtägliche Haus¬ mannskost für der Lesegierigen Heißhunger, und nur wenige Ausnahmen dieser losen Waare können Speise werden. Diese sogenannten Un¬ terhaltungsbücher werden zusammengeschmiert von elenden Hungerleidern, die mit dem Bettelver¬ dienst ihr Jammerdasein aufhalten. Roh ist die Sprache, plump die Darstellung, grob das Ge¬ fühl, durchfallend der Witz, flügellahm die Ein¬ bildungskraft, niedrig die Handlung. Schon die Titel sind Marktschreierzettel und Taschen¬ spieleraushängsel. Ungethüme wirthschaften, theils Zerrbilder aus dem Hefen des Menschenpöbels gepreßt, theils Fratzen der unmögenden Schöp¬ ferkraft dieser schreibenden Selbstbeflecker. Und die aufgestellten Musterwesen verkehren wie Aus¬ geburten der Hölle und des Tollhauses, grob¬ sinnlich und entsinnlicht, grobirdisch und vergei¬ stert, Büberei ist ihre größte Liebenswürdigkeit. Wundergeschichten! Das größte Wunder, wie ein Mensch ohne Verstand Dinge erfinden will, die unter und über und wider allen Ver¬ stand sind. Geistergeschichten! Wo Geister spuken weht kein Geist. Rittergeschichten!
— Geſchichtdichtereien ſind die tagtägliche Haus¬ mannskoſt für der Leſegierigen Heißhunger, und nur wenige Ausnahmen dieſer loſen Waare können Speiſe werden. Dieſe ſogenannten Un¬ terhaltungsbücher werden zuſammengeſchmiert von elenden Hungerleidern, die mit dem Bettelver¬ dienſt ihr Jammerdaſein aufhalten. Roh iſt die Sprache, plump die Darſtellung, grob das Ge¬ fühl, durchfallend der Witz, flügellahm die Ein¬ bildungskraft, niedrig die Handlung. Schon die Titel ſind Marktſchreierzettel und Taſchen¬ ſpieleraushängſel. Ungethüme wirthſchaften, theils Zerrbilder aus dem Hefen des Menſchenpöbels gepreßt, theils Fratzen der unmögenden Schöp¬ ferkraft dieſer ſchreibenden Selbſtbeflecker. Und die aufgeſtellten Muſterweſen verkehren wie Aus¬ geburten der Hölle und des Tollhauſes, grob¬ ſinnlich und entſinnlicht, grobirdiſch und vergei¬ ſtert, Büberei iſt ihre größte Liebenswürdigkeit. Wundergeſchichten! Das größte Wunder, wie ein Menſch ohne Verſtand Dinge erfinden will, die unter und über und wider allen Ver¬ ſtand ſind. Geiſtergeſchichten! Wo Geiſter ſpuken weht kein Geiſt. Rittergeſchichten!
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mannskoſt für der Leſegierigen Heißhunger, und
nur wenige Ausnahmen dieſer loſen Waare
können Speiſe werden. Dieſe ſogenannten Un¬
terhaltungsbücher werden zuſammengeſchmiert von
elenden Hungerleidern, die mit dem Bettelver¬
dienſt ihr Jammerdaſein aufhalten. Roh iſt die
Sprache, plump die Darſtellung, grob das Ge¬
fühl, durchfallend der Witz, flügellahm die Ein¬
bildungskraft, niedrig die Handlung. Schon
die Titel ſind Marktſchreierzettel und Taſchen¬
ſpieleraushängſel. Ungethüme wirthſchaften, theils
Zerrbilder aus dem Hefen des Menſchenpöbels
gepreßt, theils Fratzen der unmögenden Schöp¬
ferkraft dieſer ſchreibenden Selbſtbeflecker. Und
die aufgeſtellten Muſterweſen verkehren wie Aus¬
geburten der Hölle und des Tollhauſes, grob¬
ſinnlich und entſinnlicht, grobirdiſch und vergei¬
ſtert, Büberei iſt ihre größte Liebenswürdigkeit.
Wundergeſchichten! Das größte Wunder,
wie ein Menſch ohne Verſtand Dinge erfinden
will, die unter und über und wider allen Ver¬
ſtand ſind. Geiſtergeſchichten! Wo Geiſter
ſpuken weht kein Geiſt. Rittergeſchichten!
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/232>, abgerufen am 23.11.2024.
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