kung wilder Ausbrüche, Hemmen zerstörender Selbstsucht, und Sicherung jeder wahren Frei¬ heit. Halbwisserei, der daraus wachsende Mi߬ dünkel, die von beiden erzeugte Hochvermessen¬ heit, sind gefährliche Seuchen. Sie sprudeln in den Schwelgestunden als ungezähmte Kraft, Ohnmachtsfieber schüttelt sie in den Augenblicken der Prüfung, und die Geschichte geißelt sie in der Nachwelt. Knechtische Lobpreiser kranken an der Fallsucht, nievergnügsame Jmmermäkler tragen sich mit einem schleichenden Gift. Beide Gattungen sind gefährlicher als andringende Heere. Jene Abergläubigen ahnen im Alles¬ besserwissen, in selbstgenügsamer Behaglichkeit keine Gefahr. Das mögten sie immerhin! Aber sie verspotten die Warnerstimmen, verschreien das Annehmen eines möglichen Unglücks schon als Hochverrath, den sie dadurch begehn. Diese leichtzweifelnden Selbstpeiniger glauben an Al¬ les, an eigene Hirngespinste, an des Feindes kriegslistige Lügen, nur nicht an Rettung, und verhindern sie noch wohl gar aus Rechthaberei. Kommt dann eine ungewöhnliche Erscheinung, so gebehrden sich alle solche Leute wie die Wil¬
kung wilder Ausbrüche, Hemmen zerſtörender Selbſtſucht, und Sicherung jeder wahren Frei¬ heit. Halbwiſſerei, der daraus wachſende Mi߬ dünkel, die von beiden erzeugte Hochvermeſſen¬ heit, ſind gefährliche Seuchen. Sie ſprudeln in den Schwelgeſtunden als ungezähmte Kraft, Ohnmachtsfieber ſchüttelt ſie in den Augenblicken der Prüfung, und die Geſchichte geißelt ſie in der Nachwelt. Knechtiſche Lobpreiſer kranken an der Fallſucht, nievergnügſame Jmmermäkler tragen ſich mit einem ſchleichenden Gift. Beide Gattungen ſind gefährlicher als andringende Heere. Jene Abergläubigen ahnen im Alles¬ beſſerwiſſen, in ſelbſtgenügſamer Behaglichkeit keine Gefahr. Das mögten ſie immerhin! Aber ſie verſpotten die Warnerſtimmen, verſchreien das Annehmen eines möglichen Unglücks ſchon als Hochverrath, den ſie dadurch begehn. Dieſe leichtzweifelnden Selbſtpeiniger glauben an Al¬ les, an eigene Hirngeſpinſte, an des Feindes kriegsliſtige Lügen, nur nicht an Rettung, und verhindern ſie noch wohl gar aus Rechthaberei. Kommt dann eine ungewöhnliche Erſcheinung, ſo gebehrden ſich alle ſolche Leute wie die Wil¬
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kung wilder Ausbrüche, Hemmen zerſtörender
Selbſtſucht, und Sicherung jeder wahren Frei¬
heit. Halbwiſſerei, der daraus wachſende Mi߬
dünkel, die von beiden erzeugte Hochvermeſſen¬
heit, ſind gefährliche Seuchen. Sie ſprudeln in
den Schwelgeſtunden als ungezähmte Kraft,
Ohnmachtsfieber ſchüttelt ſie in den Augenblicken
der Prüfung, und die Geſchichte geißelt ſie in
der Nachwelt. Knechtiſche Lobpreiſer kranken
an der Fallſucht, nievergnügſame Jmmermäkler
tragen ſich mit einem ſchleichenden Gift. Beide
Gattungen ſind gefährlicher als andringende
Heere. Jene Abergläubigen ahnen im Alles¬
beſſerwiſſen, in ſelbſtgenügſamer Behaglichkeit
keine Gefahr. Das mögten ſie immerhin! Aber
ſie verſpotten die Warnerſtimmen, verſchreien
das Annehmen eines möglichen Unglücks ſchon
als Hochverrath, den ſie dadurch begehn. Dieſe
leichtzweifelnden Selbſtpeiniger glauben an Al¬
les, an eigene Hirngeſpinſte, an des Feindes
kriegsliſtige Lügen, nur nicht an Rettung, und
verhindern ſie noch wohl gar aus Rechthaberei.
Kommt dann eine ungewöhnliche Erſcheinung,
ſo gebehrden ſich alle ſolche Leute wie die Wil¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/245>, abgerufen am 23.11.2024.
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