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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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Wer sein Volk liebt, lege sich auf dessen
Geschichte, wer sie schon weiß lerne sie schrei¬
ben, wer schreiben kann lerne Geschichte. Ge¬
schichtschreibung baut Thatenhallen und Pilger¬
brücken über die Vergessenheit. (Vergleiche un¬
ten VIII. 4.)

f) Handarbeiten.

Allgemeine Erlernung von Handarbeiten
beim ganzen Volke in der Jugend, vom Für¬
stensohn bis zum Taglöhnerkinde hinunter. War¬
um soll der Knabe seine faulen Glieder dehnen,
während seine kleinere Schwester nützlich beschäf¬
tigt ist? Wenn der Arbeiter vom Felde und
aus dem Walde heimkehrt, und der Winter die
Tage kürzt; warum muß er dann auf der Ofen¬
bank schnarrchen, wenn die ämsige Hausfrau das
Spinnrad in Bewegung setzt? Jm Wechsel
der Arbeit liegt auch Erhohlung. Arbeit
macht nicht weibisch, aber der Müßiggang. Ar¬
beit schändet nicht, nur das unthätige Dämmern,
die verderbliche Seuche des Zeitalters. Die An¬
gesteckten genesen schwer und selten, sie verdäm¬
mern ihr Leben, kein Tag bricht ihnen an, kei¬
ne Nacht senkt sich ihnen hernieder. Es bleibt

Wer ſein Volk liebt, lege ſich auf deſſen
Geſchichte, wer ſie ſchon weiß lerne ſie ſchrei¬
ben, wer ſchreiben kann lerne Geſchichte. Ge¬
ſchichtſchreibung baut Thatenhallen und Pilger¬
brücken über die Vergeſſenheit. (Vergleiche un¬
ten VIII. 4.)

f) Handarbeiten.

Allgemeine Erlernung von Handarbeiten
beim ganzen Volke in der Jugend, vom Für¬
ſtenſohn bis zum Taglöhnerkinde hinunter. War¬
um ſoll der Knabe ſeine faulen Glieder dehnen,
während ſeine kleinere Schweſter nützlich beſchäf¬
tigt iſt? Wenn der Arbeiter vom Felde und
aus dem Walde heimkehrt, und der Winter die
Tage kürzt; warum muß er dann auf der Ofen¬
bank ſchnarrchen, wenn die ämſige Hausfrau das
Spinnrad in Bewegung ſetzt? Jm Wechſel
der Arbeit liegt auch Erhohlung. Arbeit
macht nicht weibiſch, aber der Müßiggang. Ar¬
beit ſchändet nicht, nur das unthätige Dämmern,
die verderbliche Seuche des Zeitalters. Die An¬
geſteckten geneſen ſchwer und ſelten, ſie verdäm¬
mern ihr Leben, kein Tag bricht ihnen an, kei¬
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[223/0253] 223 Wer ſein Volk liebt, lege ſich auf deſſen Geſchichte, wer ſie ſchon weiß lerne ſie ſchrei¬ ben, wer ſchreiben kann lerne Geſchichte. Ge¬ ſchichtſchreibung baut Thatenhallen und Pilger¬ brücken über die Vergeſſenheit. (Vergleiche un¬ ten VIII. 4.) f) Handarbeiten. Allgemeine Erlernung von Handarbeiten beim ganzen Volke in der Jugend, vom Für¬ ſtenſohn bis zum Taglöhnerkinde hinunter. War¬ um ſoll der Knabe ſeine faulen Glieder dehnen, während ſeine kleinere Schweſter nützlich beſchäf¬ tigt iſt? Wenn der Arbeiter vom Felde und aus dem Walde heimkehrt, und der Winter die Tage kürzt; warum muß er dann auf der Ofen¬ bank ſchnarrchen, wenn die ämſige Hausfrau das Spinnrad in Bewegung ſetzt? Jm Wechſel der Arbeit liegt auch Erhohlung. Arbeit macht nicht weibiſch, aber der Müßiggang. Ar¬ beit ſchändet nicht, nur das unthätige Dämmern, die verderbliche Seuche des Zeitalters. Die An¬ geſteckten geneſen ſchwer und ſelten, ſie verdäm¬ mern ihr Leben, kein Tag bricht ihnen an, kei¬ ne Nacht ſenkt ſich ihnen hernieder. Es bleibt

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/253>, abgerufen am 21.11.2024.