und Geschichte, hat längst gesagt: "wie Men¬ schen denken und leben, so bauen und wohnen sie." (Jdeen z. Ph. d. Gesch. d. Menschh. 4. 409.) Nun so laßt sie doch ein Mahl bauen und wohnen, wie sie billig denken und leben sollten. Darf nur das Schöne erst geschehen nach Schaden? Kann die Hauptstadt nicht eher gepflastert werden (wie Paris 1184), als 53 Jahr nach dem Halsbrechen des Thronerben und Mit¬ königs? (Krause Geschichte d. heut. Europa.) Soll die Schwalbe das ewige einzige Baumu¬ ster sein, die auf den alten Kothtrümmern ihr neues Nest baut? Die Erde ist groß genug, um alle Häuser ein Paar Schritte weiter aus¬ einander zu rücken. Die Erde gehört dem Men¬ schen zum Menschlichleben, nicht zur Freistäte aller möglichen Laster. Warum noch jetzt keine Schutzanstalt gegen den Flugsand, der noch immer Ackergefilde verwehn darf? War¬ um bleibt das Land noch immer ein Jrrgarten, wo der Wanderer vom rechten Wege abkommt, ohne genaue Erfahrung und blindes Glück? Die Alten verschönerten, wir verhäßlichen Wege; ihre Gräber und Tempel lagen in lustigen
und Geſchichte, hat längſt geſagt: „wie Men¬ ſchen denken und leben, ſo bauen und wohnen ſie.″ (Jdeen z. Ph. d. Geſch. d. Menſchh. 4. 409.) Nun ſo laßt ſie doch ein Mahl bauen und wohnen, wie ſie billig denken und leben ſollten. Darf nur das Schöne erſt geſchehen nach Schaden? Kann die Hauptſtadt nicht eher gepflaſtert werden (wie Paris 1184), als 53 Jahr nach dem Halsbrechen des Thronerben und Mit¬ königs? (Krauſe Geſchichte d. heut. Europa.) Soll die Schwalbe das ewige einzige Baumu¬ ſter ſein, die auf den alten Kothtrümmern ihr neues Neſt baut? Die Erde iſt groß genug, um alle Häuſer ein Paar Schritte weiter aus¬ einander zu rücken. Die Erde gehört dem Men¬ ſchen zum Menſchlichleben, nicht zur Freiſtäte aller möglichen Laſter. Warum noch jetzt keine Schutzanſtalt gegen den Flugſand, der noch immer Ackergefilde verwehn darf? War¬ um bleibt das Land noch immer ein Jrrgarten, wo der Wanderer vom rechten Wege abkommt, ohne genaue Erfahrung und blindes Glück? Die Alten verſchönerten, wir verhäßlichen Wege; ihre Gräber und Tempel lagen in luſtigen
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und Geſchichte, hat längſt geſagt: „wie Men¬
ſchen denken und leben, ſo bauen und wohnen
ſie.″ (Jdeen z. Ph. d. Geſch. d. Menſchh. 4.
409.) Nun ſo laßt ſie doch ein Mahl bauen
und wohnen, wie ſie billig denken und leben
ſollten. Darf nur das Schöne erſt geſchehen
nach Schaden? Kann die Hauptſtadt nicht eher
gepflaſtert werden (wie Paris 1184), als 53 Jahr
nach dem Halsbrechen des Thronerben und Mit¬
königs? (Krauſe Geſchichte d. heut. Europa.)
Soll die Schwalbe das ewige einzige Baumu¬
ſter ſein, die auf den alten Kothtrümmern ihr
neues Neſt baut? Die Erde iſt groß genug,
um alle Häuſer ein Paar Schritte weiter aus¬
einander zu rücken. Die Erde gehört dem Men¬
ſchen zum Menſchlichleben, nicht zur Freiſtäte
aller möglichen Laſter. Warum noch jetzt
keine Schutzanſtalt gegen den Flugſand, der
noch immer Ackergefilde verwehn darf? War¬
um bleibt das Land noch immer ein Jrrgarten,
wo der Wanderer vom rechten Wege abkommt,
ohne genaue Erfahrung und blindes Glück?
Die Alten verſchönerten, wir verhäßlichen Wege;
ihre Gräber und Tempel lagen in luſtigen
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/264>, abgerufen am 22.11.2024.
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