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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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aus dem Auge rücken; keinen rothen Hahn in
der Fibel dulden, weil ihn jeder Dorfknabe tag¬
täglich im Leben anders und schöner sieht; keine
Abbildung von der Dreieinigkeit in den soge¬
nannten Evangelienbüchern, wo durch erzgroben
Holzschnitt der eingeborne Sohn in des Vaters
Schooß sitzend vorgestellt wird; kein Zerrbild
von Luther, den die Kinder -- ich weiß nicht
warum -- den Speckfresser nennen. Nie dür¬
fen die Schulen Mistbeeten des Ungeschmacks
bleiben, denn Schulzeit ist das Vorderleben.

Krause Rede über den Einfluß, den das Locale
einer Schule auf die wissenschaftliche und mo¬
ralische Bildung der Zöglinge hat. Weißen¬
fels 1807.

Halbe Maßregeln schaden überall, den Kün¬
sten geben sie den Todesstreich. Vereinigung von
Nutzen und Schönheit, das ist die Seele (Ho¬
raz Epist. II. 3. v. 343.) -- damit muß ange¬
fangen werden. Rom hatte eher die Mauer,
die es einhegte, dann Wasserleitungen und Ab¬
zuchten, was wir jetzt in Trümmern bewundern sind
spätere Baue. Ein großer Vertrauter der Ge¬
heimnisse der Völkerwelt in Sprache, Volksthum

aus dem Auge rücken; keinen rothen Hahn in
der Fibel dulden, weil ihn jeder Dorfknabe tag¬
täglich im Leben anders und ſchöner ſieht; keine
Abbildung von der Dreieinigkeit in den ſoge¬
nannten Evangelienbüchern, wo durch erzgroben
Holzſchnitt der eingeborne Sohn in des Vaters
Schooß ſitzend vorgeſtellt wird; kein Zerrbild
von Luther, den die Kinder — ich weiß nicht
warum — den Speckfreſſer nennen. Nie dür¬
fen die Schulen Miſtbeeten des Ungeſchmacks
bleiben, denn Schulzeit iſt das Vorderleben.

Krauſe Rede über den Einfluß, den das Locale
einer Schule auf die wiſſenſchaftliche und mo¬
raliſche Bildung der Zöglinge hat. Weißen¬
fels 1807.

Halbe Maßregeln ſchaden überall, den Kün¬
ſten geben ſie den Todesſtreich. Vereinigung von
Nutzen und Schönheit, das iſt die Seele (Ho¬
raz Epist. II. 3. v. 343.) — damit muß ange¬
fangen werden. Rom hatte eher die Mauer,
die es einhegte, dann Waſſerleitungen und Ab¬
zuchten, was wir jetzt in Trümmern bewundern ſind
ſpätere Baue. Ein großer Vertrauter der Ge¬
heimniſſe der Völkerwelt in Sprache, Volksthum

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[233/0263] 233 aus dem Auge rücken; keinen rothen Hahn in der Fibel dulden, weil ihn jeder Dorfknabe tag¬ täglich im Leben anders und ſchöner ſieht; keine Abbildung von der Dreieinigkeit in den ſoge¬ nannten Evangelienbüchern, wo durch erzgroben Holzſchnitt der eingeborne Sohn in des Vaters Schooß ſitzend vorgeſtellt wird; kein Zerrbild von Luther, den die Kinder — ich weiß nicht warum — den Speckfreſſer nennen. Nie dür¬ fen die Schulen Miſtbeeten des Ungeſchmacks bleiben, denn Schulzeit iſt das Vorderleben. Krauſe Rede über den Einfluß, den das Locale einer Schule auf die wiſſenſchaftliche und mo¬ raliſche Bildung der Zöglinge hat. Weißen¬ fels 1807. Halbe Maßregeln ſchaden überall, den Kün¬ ſten geben ſie den Todesſtreich. Vereinigung von Nutzen und Schönheit, das iſt die Seele (Ho¬ raz Epist. II. 3. v. 343.) — damit muß ange¬ fangen werden. Rom hatte eher die Mauer, die es einhegte, dann Waſſerleitungen und Ab¬ zuchten, was wir jetzt in Trümmern bewundern ſind ſpätere Baue. Ein großer Vertrauter der Ge¬ heimniſſe der Völkerwelt in Sprache, Volksthum

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/263>, abgerufen am 21.11.2024.