Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Welcher Falschmünzer dieß widersinnige
Wort geprägt, ist mir unbekannt, von Zürich
aus ist es seit 1774 in Umlauf gekommen; un¬
schuldige Gelegenheit zur weitern Verbreitung
gab höchstwahrscheinlich Stuve in dem kurzen,
aber noch immer lesenswerthen Aufsatz: Über
die Anlegung öffentlicher Töchterschulen (steht
im 2ten Fragment von Campens ungenützten
Mitteln zur Beförderung der Jndustrie. Wol¬
fenbüttel 1786.). Dem scheinen gefolgt zu sein
Usteri (über die Töchterschule in Zürich), und
Hartung (kurze Nachricht von der Einrichtung
von der Berliner Töchterschule. Berlin 1792.);
endlich Niemeyer, wodurch die Benennung ge¬
mein geworden.

Mägdchenschulen sind eben so nothwendig,
ja eher noch nothwendiger als Knabenschulen:
Denn das Weib muß aus der Schule vollen¬
deter hervorgehn, als der Mann; dem bleibt
noch die lehrreiche Nachschule im Weltgewühl,
das Weib hat dafür nichts. Der Mann ist
Erzieher durch Wahl, das Weib durch ihre
ganze Bestimmung. Wenn der Vater die Er¬
ziehung übernimmt, oder sie Andern anvertraut,

Welcher Falſchmünzer dieß widerſinnige
Wort geprägt, iſt mir unbekannt, von Zürich
aus iſt es ſeit 1774 in Umlauf gekommen; un¬
ſchuldige Gelegenheit zur weitern Verbreitung
gab höchſtwahrſcheinlich Stuve in dem kurzen,
aber noch immer leſenswerthen Aufſatz: Über
die Anlegung öffentlicher Töchterſchulen (ſteht
im 2ten Fragment von Campens ungenützten
Mitteln zur Beförderung der Jnduſtrie. Wol¬
fenbüttel 1786.). Dem ſcheinen gefolgt zu ſein
Usteri (über die Töchterſchule in Zürich), und
Hartung (kurze Nachricht von der Einrichtung
von der Berliner Töchterſchule. Berlin 1792.);
endlich Niemeyer, wodurch die Benennung ge¬
mein geworden.

Mägdchenſchulen ſind eben ſo nothwendig,
ja eher noch nothwendiger als Knabenſchulen:
Denn das Weib muß aus der Schule vollen¬
deter hervorgehn, als der Mann; dem bleibt
noch die lehrreiche Nachſchule im Weltgewühl,
das Weib hat dafür nichts. Der Mann iſt
Erzieher durch Wahl, das Weib durch ihre
ganze Beſtimmung. Wenn der Vater die Er¬
ziehung übernimmt, oder ſie Andern anvertraut,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0283" n="253"/>
          <fw type="pageNum" place="top">253<lb/></fw>
          <p>Welcher Fal&#x017F;chmünzer dieß wider&#x017F;innige<lb/>
Wort geprägt, i&#x017F;t mir unbekannt, von Zürich<lb/>
aus i&#x017F;t es &#x017F;eit 1774 in Umlauf gekommen; un¬<lb/>
&#x017F;chuldige Gelegenheit zur weitern Verbreitung<lb/>
gab höch&#x017F;twahr&#x017F;cheinlich <hi rendition="#g">Stuve</hi> in dem kurzen,<lb/>
aber noch immer le&#x017F;enswerthen Auf&#x017F;atz: Über<lb/>
die Anlegung öffentlicher Töchter&#x017F;chulen (&#x017F;teht<lb/>
im 2ten Fragment von Campens ungenützten<lb/>
Mitteln zur Beförderung der Jndu&#x017F;trie. Wol¬<lb/>
fenbüttel 1786.). Dem &#x017F;cheinen gefolgt zu &#x017F;ein<lb/><hi rendition="#g">Usteri</hi> (über die Töchter&#x017F;chule in Zürich), und<lb/><hi rendition="#g">Hartung</hi> (kurze Nachricht von der Einrichtung<lb/>
von der Berliner Töchter&#x017F;chule. Berlin 1792.);<lb/>
endlich <hi rendition="#g">Niemeyer,</hi> wodurch die Benennung ge¬<lb/>
mein geworden.</p><lb/>
          <p>Mägdchen&#x017F;chulen &#x017F;ind eben &#x017F;o nothwendig,<lb/>
ja eher noch nothwendiger als Knaben&#x017F;chulen:<lb/>
Denn das Weib muß aus der Schule vollen¬<lb/>
deter hervorgehn, als der Mann; dem bleibt<lb/>
noch die lehrreiche Nach&#x017F;chule im Weltgewühl,<lb/>
das Weib hat dafür nichts. Der Mann i&#x017F;t<lb/>
Erzieher durch Wahl, das Weib durch ihre<lb/>
ganze Be&#x017F;timmung. Wenn der Vater die Er¬<lb/>
ziehung übernimmt, oder &#x017F;ie Andern anvertraut,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0283] 253 Welcher Falſchmünzer dieß widerſinnige Wort geprägt, iſt mir unbekannt, von Zürich aus iſt es ſeit 1774 in Umlauf gekommen; un¬ ſchuldige Gelegenheit zur weitern Verbreitung gab höchſtwahrſcheinlich Stuve in dem kurzen, aber noch immer leſenswerthen Aufſatz: Über die Anlegung öffentlicher Töchterſchulen (ſteht im 2ten Fragment von Campens ungenützten Mitteln zur Beförderung der Jnduſtrie. Wol¬ fenbüttel 1786.). Dem ſcheinen gefolgt zu ſein Usteri (über die Töchterſchule in Zürich), und Hartung (kurze Nachricht von der Einrichtung von der Berliner Töchterſchule. Berlin 1792.); endlich Niemeyer, wodurch die Benennung ge¬ mein geworden. Mägdchenſchulen ſind eben ſo nothwendig, ja eher noch nothwendiger als Knabenſchulen: Denn das Weib muß aus der Schule vollen¬ deter hervorgehn, als der Mann; dem bleibt noch die lehrreiche Nachſchule im Weltgewühl, das Weib hat dafür nichts. Der Mann iſt Erzieher durch Wahl, das Weib durch ihre ganze Beſtimmung. Wenn der Vater die Er¬ ziehung übernimmt, oder ſie Andern anvertraut,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/283
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/283>, abgerufen am 22.11.2024.