Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

scheintodte Volk wäre gar nicht mehr vorhan¬
den. Der Nachruf einer durch Großthaten er¬
worbenen Volksehre war an die Stelle eines
öffentlich vorgestellten Volks getreten. Ein Jahr¬
hundert von Ruhe, steigende Bildung, wachsen¬
der Wohlstand, und lauter Könige, wie der nur
das Gute wollende Friedrich Wilhelm er Dritte
-- hätten im Stillen daraus allmählig jene
wohlthätige Umwandlung eingeleitet und vollen¬
det. Ein zweiter Augenblick scheint nahe zu sein,
nach standhaft durchdauertem Unfall. An Au¬
genblicken hängt jede Ewigkeit, versäumte Stun¬
den spuken als Gespenster.

Mögten doch Staats- und Welt-weise,
und Vaterlandsfreunde die schwierigen Fragen
untersuchen: Wie viel Stände? Welche? All¬
gemeines Standesstimmrecht? Wahl und Wähl¬
barkeit der Stellvertreter, Abgeordneten und
Sprecher? Vereint die Stände? oder getrennt?
oder ganz abgesondert? untergeordnet? oder ne¬
bengeordnet? Zeit und Ort der Berufungen?
Gegenstände der Berathung?


ſcheintodte Volk wäre gar nicht mehr vorhan¬
den. Der Nachruf einer durch Großthaten er¬
worbenen Volksehre war an die Stelle eines
öffentlich vorgeſtellten Volks getreten. Ein Jahr¬
hundert von Ruhe, ſteigende Bildung, wachſen¬
der Wohlſtand, und lauter Könige, wie der nur
das Gute wollende Friedrich Wilhelm er Dritte
— hätten im Stillen daraus allmählig jene
wohlthätige Umwandlung eingeleitet und vollen¬
det. Ein zweiter Augenblick ſcheint nahe zu ſein,
nach ſtandhaft durchdauertem Unfall. An Au¬
genblicken hängt jede Ewigkeit, verſäumte Stun¬
den ſpuken als Geſpenſter.

Mögten doch Staats- und Welt-weiſe,
und Vaterlandsfreunde die ſchwierigen Fragen
unterſuchen: Wie viel Stände? Welche? All¬
gemeines Standesſtimmrecht? Wahl und Wähl¬
barkeit der Stellvertreter, Abgeordneten und
Sprecher? Vereint die Stände? oder getrennt?
oder ganz abgeſondert? untergeordnet? oder ne¬
bengeordnet? Zeit und Ort der Berufungen?
Gegenſtände der Berathung?


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0308" n="278"/><fw type="pageNum" place="top">278<lb/></fw>&#x017F;cheintodte Volk wäre gar nicht mehr vorhan¬<lb/>
den. Der Nachruf einer durch Großthaten er¬<lb/>
worbenen Volksehre war an die Stelle eines<lb/>
öffentlich vorge&#x017F;tellten Volks getreten. Ein Jahr¬<lb/>
hundert von Ruhe, &#x017F;teigende Bildung, wach&#x017F;en¬<lb/>
der Wohl&#x017F;tand, und lauter Könige, wie der nur<lb/>
das Gute wollende Friedrich Wilhelm er Dritte<lb/>
&#x2014; hätten im Stillen daraus allmählig jene<lb/>
wohlthätige Umwandlung eingeleitet und vollen¬<lb/>
det. Ein zweiter Augenblick &#x017F;cheint nahe zu &#x017F;ein,<lb/>
nach &#x017F;tandhaft durchdauertem Unfall. An Au¬<lb/>
genblicken hängt jede Ewigkeit, ver&#x017F;äumte Stun¬<lb/>
den &#x017F;puken als Ge&#x017F;pen&#x017F;ter.</p><lb/>
          <p>Mögten doch Staats- und Welt-wei&#x017F;e,<lb/>
und Vaterlandsfreunde die &#x017F;chwierigen Fragen<lb/>
unter&#x017F;uchen: Wie viel Stände? Welche? All¬<lb/>
gemeines Standes&#x017F;timmrecht? Wahl und Wähl¬<lb/>
barkeit der Stellvertreter, Abgeordneten und<lb/>
Sprecher? Vereint die Stände? oder getrennt?<lb/>
oder ganz abge&#x017F;ondert? untergeordnet? oder ne¬<lb/>
bengeordnet? Zeit und Ort der Berufungen?<lb/>
Gegen&#x017F;tände der Berathung?</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0308] 278 ſcheintodte Volk wäre gar nicht mehr vorhan¬ den. Der Nachruf einer durch Großthaten er¬ worbenen Volksehre war an die Stelle eines öffentlich vorgeſtellten Volks getreten. Ein Jahr¬ hundert von Ruhe, ſteigende Bildung, wachſen¬ der Wohlſtand, und lauter Könige, wie der nur das Gute wollende Friedrich Wilhelm er Dritte — hätten im Stillen daraus allmählig jene wohlthätige Umwandlung eingeleitet und vollen¬ det. Ein zweiter Augenblick ſcheint nahe zu ſein, nach ſtandhaft durchdauertem Unfall. An Au¬ genblicken hängt jede Ewigkeit, verſäumte Stun¬ den ſpuken als Geſpenſter. Mögten doch Staats- und Welt-weiſe, und Vaterlandsfreunde die ſchwierigen Fragen unterſuchen: Wie viel Stände? Welche? All¬ gemeines Standesſtimmrecht? Wahl und Wähl¬ barkeit der Stellvertreter, Abgeordneten und Sprecher? Vereint die Stände? oder getrennt? oder ganz abgeſondert? untergeordnet? oder ne¬ bengeordnet? Zeit und Ort der Berufungen? Gegenſtände der Berathung?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/308
Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/308>, abgerufen am 24.11.2024.