a)Über Festlichkeiten, Feierlichkeiten und Gebräuche.
Festlichkeiten, Feierlichkeiten und Gebräuche sind als unzertrennliche Gefährten des gesell¬ schaftlichen Seins auf der Erde verbreitet, so weit Menschen verkehren. Sie schließen sich den wichtigsten Handlungen an, gesellen sich zur Freude und Trauer, ja durchschlingen das gan¬ ze menschliche Leben. Sie sind ein Bedürfniß des Menschen, der das Geistige in einem vermit¬ telnden Sinnbilde reiner erkennt, das Übersinn¬ liche in einer sinnlichen Vergegenwärtigung sich tiefer ins Herz prägt. Das reine Licht ist dem irdischen Auge Finsterniß, Sonnenstrahlen blen¬ den, der reine wolkenlose Himmel ist nicht un¬ sichtbar, giebt aber nichts zum Sehen. Die Sinne reden auch, Künste bilden diese Sprache, die dort noch verstanden wird, wo kein Wort mehr anklingt. Menschenworte bleiben oft nur verhal¬ lende Laute, und todte Buchstaben: Aber was bloß dem wahren Menschenth um in seinem Ringen
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3. Volksfeſte.
a)Uͤber Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten und Gebraͤuche.
Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten und Gebräuche ſind als unzertrennliche Gefährten des geſell¬ ſchaftlichen Seins auf der Erde verbreitet, ſo weit Menſchen verkehren. Sie ſchließen ſich den wichtigſten Handlungen an, geſellen ſich zur Freude und Trauer, ja durchſchlingen das gan¬ ze menſchliche Leben. Sie ſind ein Bedürfniß des Menſchen, der das Geiſtige in einem vermit¬ telnden Sinnbilde reiner erkennt, das Überſinn¬ liche in einer ſinnlichen Vergegenwärtigung ſich tiefer ins Herz prägt. Das reine Licht iſt dem irdiſchen Auge Finſterniß, Sonnenſtrahlen blen¬ den, der reine wolkenloſe Himmel iſt nicht un¬ ſichtbar, giebt aber nichts zum Sehen. Die Sinne reden auch, Künſte bilden dieſe Sprache, die dort noch verſtanden wird, wo kein Wort mehr anklingt. Menſchenworte bleiben oft nur verhal¬ lende Laute, und todte Buchſtaben: Aber was bloß dem wahren Menſchenth um in ſeinem Ringen
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3. Volksfeſte.
3. Volksfeſte.
a) Uͤber Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten
und Gebraͤuche.
Feſtlichkeiten, Feierlichkeiten und Gebräuche
ſind als unzertrennliche Gefährten des geſell¬
ſchaftlichen Seins auf der Erde verbreitet, ſo
weit Menſchen verkehren. Sie ſchließen ſich den
wichtigſten Handlungen an, geſellen ſich zur
Freude und Trauer, ja durchſchlingen das gan¬
ze menſchliche Leben. Sie ſind ein Bedürfniß
des Menſchen, der das Geiſtige in einem vermit¬
telnden Sinnbilde reiner erkennt, das Überſinn¬
liche in einer ſinnlichen Vergegenwärtigung ſich
tiefer ins Herz prägt. Das reine Licht iſt dem
irdiſchen Auge Finſterniß, Sonnenſtrahlen blen¬
den, der reine wolkenloſe Himmel iſt nicht un¬
ſichtbar, giebt aber nichts zum Sehen. Die
Sinne reden auch, Künſte bilden dieſe Sprache,
die dort noch verſtanden wird, wo kein Wort mehr
anklingt. Menſchenworte bleiben oft nur verhal¬
lende Laute, und todte Buchſtaben: Aber was
bloß dem wahren Menſchenth um in ſeinem Ringen
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/367>, abgerufen am 22.11.2024.
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