vor muß der Gedanke einer wahren Zielnähe¬ rung gefestet seyn, ehe ein solch großes Unter¬ nehmen nur künftig möglich wird. Dabei darf nicht abschrecken, daß jede erste Entdeckungsreise einer Jrrfahrt ähnelt: Denn besser ist doch, daß Einer vorirrt, als daß Alle auf Gerathewohl hin- und hersteuern. Wird auch das Ziel nicht gleich gefunden, das Bekanntmachen unrechter Wege verfehlt nicht seinen Nutzen; späterhin können alsdann die Nachversucher, schon durch fremden Schaden belehrt werden, nicht bloß erst durch eigenen.
Was Einzelnheiten sammelt, sie zu Men¬ gen häuft, diese zu Ganzen verknüpft, solche stei¬ gernd zu immer größern verbindet, zu Sonnen¬ reichen und Welten eint, bis alle sämmtlich das große All bilden -- diese Einungskraft kann in der höchsten, und größesten, und umfassendsten Menschengesellschaft, im Volke, nicht anders ge¬ nennt werden als -- Volksthum. Es ist das Gemeinsame des Volks, sein inwohnendes We¬ sen, sein Regen und Leben, seine Wiedererzeu¬ gungskraft, seine Fortpflanzungsfähigkeit. Da¬ durch waltet in allen Volksgliedern ein volks¬
vor muß der Gedanke einer wahren Zielnähe¬ rung gefeſtet ſeyn, ehe ein ſolch großes Unter¬ nehmen nur künftig möglich wird. Dabei darf nicht abſchrecken, daß jede erſte Entdeckungsreiſe einer Jrrfahrt ähnelt: Denn beſſer iſt doch, daß Einer vorirrt, als daß Alle auf Gerathewohl hin- und herſteuern. Wird auch das Ziel nicht gleich gefunden, das Bekanntmachen unrechter Wege verfehlt nicht ſeinen Nutzen; ſpäterhin können alsdann die Nachverſucher, ſchon durch fremden Schaden belehrt werden, nicht bloß erſt durch eigenen.
Was Einzelnheiten ſammelt, ſie zu Men¬ gen häuft, dieſe zu Ganzen verknüpft, ſolche ſtei¬ gernd zu immer größern verbindet, zu Sonnen¬ reichen und Welten eint, bis alle ſämmtlich das große All bilden — dieſe Einungskraft kann in der höchſten, und größeſten, und umfaſſendſten Menſchengeſellſchaft, im Volke, nicht anders ge¬ nennt werden als — Volksthum. Es iſt das Gemeinſame des Volks, ſein inwohnendes We¬ ſen, ſein Regen und Leben, ſeine Wiedererzeu¬ gungskraft, ſeine Fortpflanzungsfähigkeit. Da¬ durch waltet in allen Volksgliedern ein volks¬
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vor muß der Gedanke einer wahren Zielnähe¬
rung gefeſtet ſeyn, ehe ein ſolch großes Unter¬
nehmen nur künftig möglich wird. Dabei darf
nicht abſchrecken, daß jede erſte Entdeckungsreiſe
einer Jrrfahrt ähnelt: Denn beſſer iſt doch, daß
Einer vorirrt, als daß Alle auf Gerathewohl
hin- und herſteuern. Wird auch das Ziel nicht
gleich gefunden, das Bekanntmachen unrechter
Wege verfehlt nicht ſeinen Nutzen; ſpäterhin
können alsdann die Nachverſucher, ſchon durch
fremden Schaden belehrt werden, nicht bloß erſt
durch eigenen.
Was Einzelnheiten ſammelt, ſie zu Men¬
gen häuft, dieſe zu Ganzen verknüpft, ſolche ſtei¬
gernd zu immer größern verbindet, zu Sonnen¬
reichen und Welten eint, bis alle ſämmtlich das
große All bilden — dieſe Einungskraft kann
in der höchſten, und größeſten, und umfaſſendſten
Menſchengeſellſchaft, im Volke, nicht anders ge¬
nennt werden als — Volksthum. Es iſt das
Gemeinſame des Volks, ſein inwohnendes We¬
ſen, ſein Regen und Leben, ſeine Wiedererzeu¬
gungskraft, ſeine Fortpflanzungsfähigkeit. Da¬
durch waltet in allen Volksgliedern ein volks¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/37>, abgerufen am 03.12.2024.
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