keit, wegen aufgezogener Mißgeburten zu kom¬ men. "National, Nationalität, Nationaleigen¬ thümlichkeit, Nationgemäß" -- dabei blieben selbst Deutschgesinnte Schriftsteller stehen, die von jenen Erscheinungen sich angeregt fühlten.
Hier wird von Volk gleich Volksthum gebildet, von diesem kommen wir auf dem na¬ türlichsten Wege zu volksthümlich, und dann auf Volksthümlichkeit. Bei dem einge¬ schwärzten Trägheitsbehelf, fehlt das wichtigste Stufenwort, und das folgende ist nicht, wie es sein müßte, aus der Urquelle abgeleitet, sondern erst aus einem jüngern Abfluß. Endlich sind jene Einschwärzungen bei weitem nicht so scharf¬ bestimmt, abgegränzt, kurz, und weiterbildsam, als diese einheimischen Kunstwörter.
Namen und Sache war sonst Eins bei un¬ sern Vorfahren. Deutsch heißt volksthümlich. Anders mit uns Neudeutschen. Jmmer mehr verschwindet durch eigene Sündenschuld unsere Volksthümlichkeit, oder die Deutschheit: So müssen wir wenigstens in einer Benennung die Rückerinnerung an das verlorne Ebenbild bewahren. Wer sich aber das Ziel setzt, ge¬
keit, wegen aufgezogener Mißgeburten zu kom¬ men. „National, Nationalität, Nationaleigen¬ thümlichkeit, Nationgemäß“ — dabei blieben ſelbſt Deutſchgeſinnte Schriftſteller ſtehen, die von jenen Erſcheinungen ſich angeregt fühlten.
Hier wird von Volk gleich Volksthum gebildet, von dieſem kommen wir auf dem na¬ türlichſten Wege zu volksthümlich, und dann auf Volksthümlichkeit. Bei dem einge¬ ſchwärzten Trägheitsbehelf, fehlt das wichtigſte Stufenwort, und das folgende iſt nicht, wie es ſein müßte, aus der Urquelle abgeleitet, ſondern erſt aus einem jüngern Abfluß. Endlich ſind jene Einſchwärzungen bei weitem nicht ſo ſcharf¬ beſtimmt, abgegränzt, kurz, und weiterbildſam, als dieſe einheimiſchen Kunſtwörter.
Namen und Sache war ſonſt Eins bei un¬ ſern Vorfahren. Deutſch heißt volksthümlich. Anders mit uns Neudeutſchen. Jmmer mehr verſchwindet durch eigene Sündenſchuld unſere Volksthümlichkeit, oder die Deutſchheit: So müſſen wir wenigſtens in einer Benennung die Rückerinnerung an das verlorne Ebenbild bewahren. Wer ſich aber das Ziel ſetzt, ge¬
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men. „National, Nationalität, Nationaleigen¬
thümlichkeit, Nationgemäß“ — dabei blieben
ſelbſt Deutſchgeſinnte Schriftſteller ſtehen, die
von jenen Erſcheinungen ſich angeregt fühlten.
Hier wird von Volk gleich Volksthum
gebildet, von dieſem kommen wir auf dem na¬
türlichſten Wege zu volksthümlich, und dann
auf Volksthümlichkeit. Bei dem einge¬
ſchwärzten Trägheitsbehelf, fehlt das wichtigſte
Stufenwort, und das folgende iſt nicht, wie es
ſein müßte, aus der Urquelle abgeleitet, ſondern
erſt aus einem jüngern Abfluß. Endlich ſind
jene Einſchwärzungen bei weitem nicht ſo ſcharf¬
beſtimmt, abgegränzt, kurz, und weiterbildſam,
als dieſe einheimiſchen Kunſtwörter.
Namen und Sache war ſonſt Eins bei un¬
ſern Vorfahren. Deutſch heißt volksthümlich.
Anders mit uns Neudeutſchen. Jmmer mehr
verſchwindet durch eigene Sündenſchuld unſere
Volksthümlichkeit, oder die Deutſchheit:
So müſſen wir wenigſtens in einer Benennung
die Rückerinnerung an das verlorne Ebenbild
bewahren. Wer ſich aber das Ziel ſetzt, ge¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/39>, abgerufen am 21.11.2024.
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