schichtliche Wahrnehmungen zur Klarheit, Dun¬ kelgedanken ins helle Licht, das Gewirr einer Unzahl von Einzelnheiten in eine Einheit, und Alles zur deutlichen Anschauung zu bringen -- muß immer dabei auf Leser rechnen, die für die Hochgedanken "Volk, Deutschheit und Va¬ terland" noch nicht gänzlich abgestorben sind. Der Name Deutsch war bis zu den neue¬ sten Unglücksfällen, ein Beehrungswort. "Ein Deutscher Mann", "das war Deutsch gespro¬ chen", "ein Deutsches Wort", "ein Deutscher Händedruck", "Deutsche Treue", "Deutscher Fleiß", -- alle diese Ausdrücke zielen auf un¬ ser festgegründetes, wenn freilich nicht mit prun¬ kendem Außenschein hervorstechendes Volks¬ thum. Vollkraft, Biederkeit, Gradheit, Abscheu der Winkelzüge, Rechtlichkeit, und das ernste Gutmeinen, waren seit einem Paar Jahrtau¬ senden die Kleinode unsers Volksthums, und wir werden sie auch gewiß durch alle Weltstürme bis auf die späteste Nachwelt vererben.
Aber dennoch wird es, nach zweitausend Jrrjahren, endlich ein Mahl hohe Zeit, daß wir, das menschenreichste Volk Europas, uns mit ein¬
ſchichtliche Wahrnehmungen zur Klarheit, Dun¬ kelgedanken ins helle Licht, das Gewirr einer Unzahl von Einzelnheiten in eine Einheit, und Alles zur deutlichen Anſchauung zu bringen — muß immer dabei auf Leſer rechnen, die für die Hochgedanken „Volk, Deutſchheit und Va¬ terland“ noch nicht gänzlich abgeſtorben ſind. Der Name Deutſch war bis zu den neue¬ ſten Unglücksfällen, ein Beehrungswort. „Ein Deutſcher Mann“, „das war Deutſch geſpro¬ chen“, „ein Deutſches Wort“, „ein Deutſcher Händedruck“, „Deutſche Treue“, „Deutſcher Fleiß“, — alle dieſe Ausdrücke zielen auf un¬ ſer feſtgegründetes, wenn freilich nicht mit prun¬ kendem Außenſchein hervorſtechendes Volks¬ thum. Vollkraft, Biederkeit, Gradheit, Abſcheu der Winkelzüge, Rechtlichkeit, und das ernſte Gutmeinen, waren ſeit einem Paar Jahrtau¬ ſenden die Kleinode unſers Volksthums, und wir werden ſie auch gewiß durch alle Weltſtürme bis auf die ſpäteſte Nachwelt vererben.
Aber dennoch wird es, nach zweitauſend Jrrjahren, endlich ein Mahl hohe Zeit, daß wir, das menſchenreichſte Volk Europas, uns mit ein¬
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ſchichtliche Wahrnehmungen zur Klarheit, Dun¬
kelgedanken ins helle Licht, das Gewirr einer
Unzahl von Einzelnheiten in eine Einheit, und
Alles zur deutlichen Anſchauung zu bringen —
muß immer dabei auf Leſer rechnen, die für die
Hochgedanken „Volk, Deutſchheit und Va¬
terland“ noch nicht gänzlich abgeſtorben ſind.
Der Name Deutſch war bis zu den neue¬
ſten Unglücksfällen, ein Beehrungswort. „Ein
Deutſcher Mann“, „das war Deutſch geſpro¬
chen“, „ein Deutſches Wort“, „ein Deutſcher
Händedruck“, „Deutſche Treue“, „Deutſcher
Fleiß“, — alle dieſe Ausdrücke zielen auf un¬
ſer feſtgegründetes, wenn freilich nicht mit prun¬
kendem Außenſchein hervorſtechendes Volks¬
thum. Vollkraft, Biederkeit, Gradheit, Abſcheu
der Winkelzüge, Rechtlichkeit, und das ernſte
Gutmeinen, waren ſeit einem Paar Jahrtau¬
ſenden die Kleinode unſers Volksthums, und wir
werden ſie auch gewiß durch alle Weltſtürme bis
auf die ſpäteſte Nachwelt vererben.
Aber dennoch wird es, nach zweitauſend
Jrrjahren, endlich ein Mahl hohe Zeit, daß wir,
das menſchenreichſte Volk Europas, uns mit ein¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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