ster wie je, weil am Meisten mit ihm gespielt wird. Das Hausleben ist auch eine Welt, und was auf der großen Bühne verkehrt, spielt auf der kleinen auch. Hier treten Helden und Hel¬ dinnen auf, größer als die belorbeerten, im Un¬ rechtleiden, im Verkanntwerden, Vergeblichmühn, Unglückdulden und Gemeinschaftlichtragen. Hier erhält nur den Lebensmuth und die Lebenskraft, das ämsige, unermüdliche, standhafte Mitleben. Entsagen, Entbehren, niedergekämpfte Wünsche, überstandene Fehlplane, ausgeträumte Lügenhoff¬ nungen heißen die Siege des häuslichen Kampfs; und nur Treue und Wechselliebe durchwirken die Leidensgeschichte mit Blumen. Dazu gehört aber ein Sicheinanderimmermehrwerden, ein Nichtgestatten von Berauschungen der Flitter¬ zeit, gemeinschaftliches Streben, sich liebend voll¬ kommner zu leben.
Es ist eine unverzeihliche Eitelkeit verdrehter Thörinnen, wenn sie glauben, den ersten den be¬ sten Bewerber und Ansprecher nach ihrem Ge¬ dankenbilde zum Gatten zu gestalten. Es ist eine tollkühne Anmaßung übergeschnappter Manns¬ personen -- wenn sie im Blindekuhspiel ihrer
ſter wie je, weil am Meiſten mit ihm geſpielt wird. Das Hausleben iſt auch eine Welt, und was auf der großen Bühne verkehrt, ſpielt auf der kleinen auch. Hier treten Helden und Hel¬ dinnen auf, größer als die belorbeerten, im Un¬ rechtleiden, im Verkanntwerden, Vergeblichmühn, Unglückdulden und Gemeinſchaftlichtragen. Hier erhält nur den Lebensmuth und die Lebenskraft, das ämſige, unermüdliche, ſtandhafte Mitleben. Entſagen, Entbehren, niedergekämpfte Wünſche, überſtandene Fehlplane, ausgeträumte Lügenhoff¬ nungen heißen die Siege des häuſlichen Kampfs; und nur Treue und Wechſelliebe durchwirken die Leidensgeſchichte mit Blumen. Dazu gehört aber ein Sicheinanderimmermehrwerden, ein Nichtgeſtatten von Berauſchungen der Flitter¬ zeit, gemeinſchaftliches Streben, ſich liebend voll¬ kommner zu leben.
Es iſt eine unverzeihliche Eitelkeit verdrehter Thörinnen, wenn ſie glauben, den erſten den be¬ ſten Bewerber und Anſprecher nach ihrem Ge¬ dankenbilde zum Gatten zu geſtalten. Es iſt eine tollkühne Anmaßung übergeſchnappter Manns¬ perſonen — wenn ſie im Blindekuhſpiel ihrer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0436"n="406"/><fwtype="pageNum"place="top">406<lb/></fw>ſter wie je, weil am Meiſten mit ihm geſpielt<lb/>
wird. Das Hausleben iſt auch eine Welt, und<lb/>
was auf der großen Bühne verkehrt, ſpielt auf<lb/>
der kleinen auch. Hier treten Helden und Hel¬<lb/>
dinnen auf, größer als die belorbeerten, im Un¬<lb/>
rechtleiden, im Verkanntwerden, Vergeblichmühn,<lb/>
Unglückdulden und Gemeinſchaftlichtragen. Hier<lb/>
erhält nur den Lebensmuth und die Lebenskraft,<lb/>
das ämſige, unermüdliche, ſtandhafte Mitleben.<lb/>
Entſagen, Entbehren, niedergekämpfte Wünſche,<lb/>
überſtandene Fehlplane, ausgeträumte Lügenhoff¬<lb/>
nungen heißen die Siege des häuſlichen Kampfs;<lb/>
und nur Treue und Wechſelliebe durchwirken<lb/>
die Leidensgeſchichte mit Blumen. Dazu gehört<lb/>
aber ein Sicheinanderimmermehrwerden, ein<lb/>
Nichtgeſtatten von Berauſchungen der Flitter¬<lb/>
zeit, gemeinſchaftliches Streben, ſich liebend voll¬<lb/>
kommner zu leben.</p><lb/><p>Es iſt eine unverzeihliche Eitelkeit verdrehter<lb/>
Thörinnen, wenn ſie glauben, den erſten den be¬<lb/>ſten Bewerber und Anſprecher nach ihrem Ge¬<lb/>
dankenbilde zum Gatten zu geſtalten. Es iſt eine<lb/>
tollkühne Anmaßung übergeſchnappter Manns¬<lb/>
perſonen — wenn ſie im Blindekuhſpiel ihrer<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[406/0436]
406
ſter wie je, weil am Meiſten mit ihm geſpielt
wird. Das Hausleben iſt auch eine Welt, und
was auf der großen Bühne verkehrt, ſpielt auf
der kleinen auch. Hier treten Helden und Hel¬
dinnen auf, größer als die belorbeerten, im Un¬
rechtleiden, im Verkanntwerden, Vergeblichmühn,
Unglückdulden und Gemeinſchaftlichtragen. Hier
erhält nur den Lebensmuth und die Lebenskraft,
das ämſige, unermüdliche, ſtandhafte Mitleben.
Entſagen, Entbehren, niedergekämpfte Wünſche,
überſtandene Fehlplane, ausgeträumte Lügenhoff¬
nungen heißen die Siege des häuſlichen Kampfs;
und nur Treue und Wechſelliebe durchwirken
die Leidensgeſchichte mit Blumen. Dazu gehört
aber ein Sicheinanderimmermehrwerden, ein
Nichtgeſtatten von Berauſchungen der Flitter¬
zeit, gemeinſchaftliches Streben, ſich liebend voll¬
kommner zu leben.
Es iſt eine unverzeihliche Eitelkeit verdrehter
Thörinnen, wenn ſie glauben, den erſten den be¬
ſten Bewerber und Anſprecher nach ihrem Ge¬
dankenbilde zum Gatten zu geſtalten. Es iſt eine
tollkühne Anmaßung übergeſchnappter Manns¬
perſonen — wenn ſie im Blindekuhſpiel ihrer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/436>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.