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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810.

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ihn eine heiligere Lebenswärme; mit süßen Em¬
pfindungen des Allwohls erwacht er aus dem
Schlummerdasein; umfängt die Bruderwesen;
stürzt den Götzendienst der Gelbsucht, und die
hehre Einheit der Menschheit begeistert fromme
Sehnung zu göttlichem Glauben.

So ist nun ewig umschlungen das Men¬
schengeschlecht, vom ewigen Bande der Mensch¬
heit, bald es mit engerem Herzen selbsüchtig
knüpfend, und wieder mit höherer Ahnung die
Einheit ergreifend. Ein ewiges Ebben und Flu¬
then im Meer der Vereinigung, vereint ist nun
Alles und Jedes.

Die leichtern Menschen, die das Leben nur
spielen, hält eines müßigen Spieles loser Ver¬
band; der Gespielschaft Beisammensein altert
zur Gewohnheit; des Herkommens Herrschaft
beginnt; das Gewesene verjüngt sich: So ge¬
winnt selbst das Alltägliche für den wetterwen¬
dischen Sinn einen Zauberreiz. Wiederhohlung
zeugt Übereinkommnisse, deren Regeln endlich
sogar Gebote werden und über lange Zeitalter
hinausleben. Mit Wechselanziehung äußert sich
die Geselligkeit, neue Reize des Lebens entblü¬

ihn eine heiligere Lebenswärme; mit ſüßen Em¬
pfindungen des Allwohls erwacht er aus dem
Schlummerdaſein; umfängt die Bruderweſen;
ſtürzt den Götzendienſt der Gelbſucht, und die
hehre Einheit der Menſchheit begeiſtert fromme
Sehnung zu göttlichem Glauben.

So iſt nun ewig umſchlungen das Men¬
ſchengeſchlecht, vom ewigen Bande der Menſch¬
heit, bald es mit engerem Herzen ſelbſüchtig
knüpfend, und wieder mit höherer Ahnung die
Einheit ergreifend. Ein ewiges Ebben und Flu¬
then im Meer der Vereinigung, vereint iſt nun
Alles und Jedes.

Die leichtern Menſchen, die das Leben nur
ſpielen, hält eines müßigen Spieles loſer Ver¬
band; der Geſpielſchaft Beiſammenſein altert
zur Gewohnheit; des Herkommens Herrſchaft
beginnt; das Geweſene verjüngt ſich: So ge¬
winnt ſelbſt das Alltägliche für den wetterwen¬
diſchen Sinn einen Zauberreiz. Wiederhohlung
zeugt Übereinkommniſſe, deren Regeln endlich
ſogar Gebote werden und über lange Zeitalter
hinausleben. Mit Wechſelanziehung äußert ſich
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[454/0484] 454 ihn eine heiligere Lebenswärme; mit ſüßen Em¬ pfindungen des Allwohls erwacht er aus dem Schlummerdaſein; umfängt die Bruderweſen; ſtürzt den Götzendienſt der Gelbſucht, und die hehre Einheit der Menſchheit begeiſtert fromme Sehnung zu göttlichem Glauben. So iſt nun ewig umſchlungen das Men¬ ſchengeſchlecht, vom ewigen Bande der Menſch¬ heit, bald es mit engerem Herzen ſelbſüchtig knüpfend, und wieder mit höherer Ahnung die Einheit ergreifend. Ein ewiges Ebben und Flu¬ then im Meer der Vereinigung, vereint iſt nun Alles und Jedes. Die leichtern Menſchen, die das Leben nur ſpielen, hält eines müßigen Spieles loſer Ver¬ band; der Geſpielſchaft Beiſammenſein altert zur Gewohnheit; des Herkommens Herrſchaft beginnt; das Geweſene verjüngt ſich: So ge¬ winnt ſelbſt das Alltägliche für den wetterwen¬ diſchen Sinn einen Zauberreiz. Wiederhohlung zeugt Übereinkommniſſe, deren Regeln endlich ſogar Gebote werden und über lange Zeitalter hinausleben. Mit Wechſelanziehung äußert ſich die Geſelligkeit, neue Reize des Lebens entblü¬

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Zitationshilfe: Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/484>, abgerufen am 15.05.2024.