reicht nicht hin, den Schaden Einer übelbewach¬ ten übermüthigen Laune wieder zu vergüten.
So sind auch in allen Zeiträumen Völker vertilgt worden, aber noch Niemand hat es ver¬ mocht, neue mit einem Machtspruch in die Welt zu rufen. Keine tausendjährige Eiche erwuchs im Treibhaus, nur in Gottes freier Welt. --
Mischlinge von Thieren haben keine echte Fortpflanzungskraft, und eben so wenig Blend¬ lingsvölker ein eigenes volksthümliches Fortleben. Es läßt sich ein Edelauge in den Wildling se¬ tzen, ein Edelreis auf den Wildstamm, die Ge¬ schichte mag mit Beispielen dies Bild anpassen: Aber das Jmmerwieder-Überpfropfen taugt nicht in der Baumschule, und in der Völkerzucht noch weit weniger. Wer will gegen die ewige Ur¬ kraft aller Dinge rechten? Jm Mohrenlande nur ist ein König, der bei jedem Frühroth mit der Herrscherlanze der Sonne die Bahn zeigt, die sie am Himmel als ihre tagtägliche Aufga¬ be durchmessen soll! Jm Vergißmeinnicht entzü¬ cken die Himmels- und Feuerfarbe in holder Eintracht; mische sie, oder andere schöne wider¬ streitende nur ein Mahler zusammen, er be¬ kommt ein schmutziges Nichts. Wer die Edel¬
reicht nicht hin, den Schaden Einer übelbewach¬ ten übermüthigen Laune wieder zu vergüten.
So ſind auch in allen Zeiträumen Völker vertilgt worden, aber noch Niemand hat es ver¬ mocht, neue mit einem Machtſpruch in die Welt zu rufen. Keine tauſendjährige Eiche erwuchs im Treibhaus, nur in Gottes freier Welt. —
Miſchlinge von Thieren haben keine echte Fortpflanzungskraft, und eben ſo wenig Blend¬ lingsvölker ein eigenes volksthümliches Fortleben. Es läßt ſich ein Edelauge in den Wildling ſe¬ tzen, ein Edelreis auf den Wildſtamm, die Ge¬ ſchichte mag mit Beiſpielen dies Bild anpaſſen: Aber das Jmmerwieder-Überpfropfen taugt nicht in der Baumſchule, und in der Völkerzucht noch weit weniger. Wer will gegen die ewige Ur¬ kraft aller Dinge rechten? Jm Mohrenlande nur iſt ein König, der bei jedem Frühroth mit der Herrſcherlanze der Sonne die Bahn zeigt, die ſie am Himmel als ihre tagtägliche Aufga¬ be durchmeſſen ſoll! Jm Vergißmeinnicht entzü¬ cken die Himmels- und Feuerfarbe in holder Eintracht; miſche ſie, oder andere ſchöne wider¬ ſtreitende nur ein Mahler zuſammen, er be¬ kommt ein ſchmutziges Nichts. Wer die Edel¬
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reicht nicht hin, den Schaden Einer übelbewach¬
ten übermüthigen Laune wieder zu vergüten.
So ſind auch in allen Zeiträumen Völker
vertilgt worden, aber noch Niemand hat es ver¬
mocht, neue mit einem Machtſpruch in die Welt
zu rufen. Keine tauſendjährige Eiche erwuchs
im Treibhaus, nur in Gottes freier Welt. —
Miſchlinge von Thieren haben keine echte
Fortpflanzungskraft, und eben ſo wenig Blend¬
lingsvölker ein eigenes volksthümliches Fortleben.
Es läßt ſich ein Edelauge in den Wildling ſe¬
tzen, ein Edelreis auf den Wildſtamm, die Ge¬
ſchichte mag mit Beiſpielen dies Bild anpaſſen:
Aber das Jmmerwieder-Überpfropfen taugt nicht
in der Baumſchule, und in der Völkerzucht noch
weit weniger. Wer will gegen die ewige Ur¬
kraft aller Dinge rechten? Jm Mohrenlande
nur iſt ein König, der bei jedem Frühroth mit
der Herrſcherlanze der Sonne die Bahn zeigt,
die ſie am Himmel als ihre tagtägliche Aufga¬
be durchmeſſen ſoll! Jm Vergißmeinnicht entzü¬
cken die Himmels- und Feuerfarbe in holder
Eintracht; miſche ſie, oder andere ſchöne wider¬
ſtreitende nur ein Mahler zuſammen, er be¬
kommt ein ſchmutziges Nichts. Wer die Edel¬
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Jahn, Friedrich Ludwig: Deutsches Volksthum. Lübeck, 1810, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jahn_volksthum_1810/55>, abgerufen am 27.11.2024.
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