so notwendig, daß ich damit die Unhöflichkeit, mich Ihnen durch eine Bitte bekant zu machen, vielleicht entschuldigen könte. Da ich Ihnen für die Erfüllung derselben keine Erwiederung, die für Sie irgend einen Wert hätte, anzubieten weis, so bleibt mir nichts als die Ver- sicherung übrig --5
49. An Sophie Ellrodt in Helmbrechts.
[Konzept][Hof, 27. Juni 1783]
Ich mus das Vergnügen entbehren, Sie zu sehen; was ist natür- licher als daß ich mich dafür durch das Vergnügen schadlos halte, Ihnen zu schreiben. Freilich felet mir der Stof, diesen Brief aus-10 zufüllen. Schrieb' ich an ein Frauenzimmer, das Ihnen nicht gliche, so würd' ich an demselben Schönheit, Artigkeit und wer weis was andre Reize loben und so lange lügen, bis das Blat vol geworden wäre; allein da ich an Sie schreibe, so darf ich dies alles nicht sagen, denn wen interessirt eine schon bekante Warheit und die einzige15 Lüge, womit ich meinen Brief noch anfüllen könte, wäre etwan die Behauptung, daß Sie nicht schön und nicht artig sind. Ich mus ihn daher mit einer Bitte an Sie ausfüllen, die mir meine Mama auf- getragen und die sie neulich bei Ihrem so geschwind verflossenen Hier- sein zu wagen vergas. Man hat ihr nämlich seit kurzem ein Kapital auf20 Jakobi gekündigt, das sie nicht bezalen kan, one ein neues aufzunemen. [87]Da sie weis, daß in Helmbrechts verschiedne reiche Leute sind, so hoffet sie von daher ein Kapital von zwei hundert Gulden zu erhalten, wenn der Herr Rath nur so gütig wären, durch ein wirksames Vorwort irgend einen Reichen zu dieser Gefälligkeit zu überreden. Sie richtet25 ihre Bitte an Sie, da Sie zur Erfüllung derselben den H. Rath am leichtesten vielleicht bewegen können. Mereres hinzuzufügen, hiesse an Ihrer Güte zweifeln.
Ich fürchte nicht, daß Sie das neuliche Donnerwetter noch auf dem Wege angetroffen. Man sagt, daß der donnernde Jupiter mit seinen30 Wettern die Venus, wegen der Verwandschaft verschone. Aber ich bin ein Christ und darf daher nicht an den Jupiter glauben; allein ich glaube demungeachtet an die schöne Venus, die alle glauben: denn ich nenne mich etc.
ſo notwendig, daß ich damit die Unhöflichkeit, mich Ihnen durch eine Bitte bekant zu machen, vielleicht entſchuldigen könte. Da ich Ihnen für die Erfüllung derſelben keine Erwiederung, die für Sie irgend einen Wert hätte, anzubieten weis, ſo bleibt mir nichts als die Ver- ſicherung übrig —5
49. An Sophie Ellrodt in Helmbrechts.
[Konzept][Hof, 27. Juni 1783]
Ich mus das Vergnügen entbehren, Sie zu ſehen; was iſt natür- licher als daß ich mich dafür durch das Vergnügen ſchadlos halte, Ihnen zu ſchreiben. Freilich felet mir der Stof, dieſen Brief aus-10 zufüllen. Schrieb’ ich an ein Frauenzimmer, das Ihnen nicht gliche, ſo würd’ ich an demſelben Schönheit, Artigkeit und wer weis was 〈andre Reize〉 loben und ſo lange lügen, bis das Blat vol geworden wäre; allein da ich an Sie ſchreibe, ſo darf ich dies alles nicht ſagen, denn wen intereſſirt eine ſchon bekante Warheit und die einzige15 Lüge, womit ich meinen Brief noch anfüllen könte, wäre etwan die Behauptung, daß Sie nicht ſchön und nicht artig ſind. Ich mus ihn daher mit einer Bitte an Sie ausfüllen, die mir meine Mama auf- getragen und die ſie neulich bei Ihrem ſo geſchwind verfloſſenen Hier- ſein zu wagen vergas. Man hat ihr nämlich ſeit kurzem ein Kapital auf20 Jakobi gekündigt, das ſie nicht bezalen kan, one ein neues aufzunemen. [87]Da ſie weis, daß in Helmbrechts verſchiedne reiche Leute ſind, ſo hoffet ſie von daher ein Kapital von zwei hundert Gulden zu erhalten, wenn der Herr Rath nur ſo gütig wären, durch ein wirkſames Vorwort irgend einen Reichen zu dieſer Gefälligkeit zu überreden. Sie richtet25 ihre Bitte an Sie, da Sie zur Erfüllung derſelben den H. Rath am leichteſten vielleicht bewegen können. Mereres hinzuzufügen, hieſſe an Ihrer Güte zweifeln.
Ich fürchte nicht, daß Sie das neuliche Donnerwetter noch auf dem Wege angetroffen. Man ſagt, daß der donnernde Jupiter mit ſeinen30 Wettern die Venus, wegen der Verwandſchaft verſchone. Aber ich bin ein Chriſt und darf daher nicht an den Jupiter glauben; allein ich glaube demungeachtet an die ſchöne Venus, die alle glauben: denn ich nenne mich ꝛc.
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[80/0103]
ſo notwendig, daß ich damit die Unhöflichkeit, mich Ihnen durch eine
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für die Erfüllung derſelben keine Erwiederung, die für Sie irgend
einen Wert hätte, anzubieten weis, ſo bleibt mir nichts als die Ver-
ſicherung übrig — 5
49. An Sophie Ellrodt in Helmbrechts.
[Hof, 27. Juni 1783]
Ich mus das Vergnügen entbehren, Sie zu ſehen; was iſt natür-
licher als daß ich mich dafür durch das Vergnügen ſchadlos halte,
Ihnen zu ſchreiben. Freilich felet mir der Stof, dieſen Brief aus- 10
zufüllen. Schrieb’ ich an ein Frauenzimmer, das Ihnen nicht gliche,
ſo würd’ ich an demſelben Schönheit, Artigkeit und wer weis was
〈andre Reize〉 loben und ſo lange lügen, bis das Blat vol geworden
wäre; allein da ich an Sie ſchreibe, ſo darf ich dies alles nicht ſagen,
denn wen intereſſirt eine ſchon bekante Warheit und die einzige 15
Lüge, womit ich meinen Brief noch anfüllen könte, wäre etwan die
Behauptung, daß Sie nicht ſchön und nicht artig ſind. Ich mus ihn
daher mit einer Bitte an Sie ausfüllen, die mir meine Mama auf-
getragen und die ſie neulich bei Ihrem ſo geſchwind verfloſſenen Hier-
ſein zu wagen vergas. Man hat ihr nämlich ſeit kurzem ein Kapital auf 20
Jakobi gekündigt, das ſie nicht bezalen kan, one ein neues aufzunemen.
Da ſie weis, daß in Helmbrechts verſchiedne reiche Leute ſind, ſo
hoffet ſie von daher ein Kapital von zwei hundert Gulden zu erhalten,
wenn der Herr Rath nur ſo gütig wären, durch ein wirkſames Vorwort
irgend einen Reichen zu dieſer Gefälligkeit zu überreden. Sie richtet 25
ihre Bitte an Sie, da Sie zur Erfüllung derſelben den H. Rath am
leichteſten vielleicht bewegen können. Mereres hinzuzufügen, hieſſe an
Ihrer Güte zweifeln.
[87]
Ich fürchte nicht, daß Sie das neuliche Donnerwetter noch auf dem
Wege angetroffen. Man ſagt, daß der donnernde Jupiter mit ſeinen 30
Wettern die Venus, wegen der Verwandſchaft verſchone. Aber ich
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glaube demungeachtet an die ſchöne Venus, die alle glauben: denn
ich nenne mich ꝛc.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/103>, abgerufen am 21.11.2024.
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