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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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Deine Kritik über das Epigram -- die übrigens nicht nötig gehabt
hätte, sich durch ein Kompliment anmelden zu lassen, da sie wie ein
guter Freund gerade zu hätte gehen sollen -- ist falsch und richtig
zugleich; nämlich so: meine Absicht war nicht, vom Könige in dem ihm
angemessenen Tone zu reden und auf der Flöte eines Friedrichs das5
poetische Lob eines Friedrichs herzublasen; der Anfang des Epigrams
ist vielmer lächerlich und solte es sein. Das wäre denn die unrichtige
Seite deines Tadels. "Aber als dan passet wiederum das Feierliche
"zum Lächerlichen nicht!" Freilich; und das ist die richtige Seite
desselben. Das Epigram solte also seinem Gegenstande noch weniger10
angemessen sein, noch mer mit demselben kontrastiren. Du zieltest mit
deinem Tadel auf den Schatten des Ziels; und trafst eben deswegen das
Ziel. Gleichnis: "aber es mus schwer sein, die Scheibe mit einer
"Kugel zu treffen, die erst vom Wasser auf sie zurükpralt?" -- sagte ich
vorgestern zu einem alten versofnen Invaliden der Diana; "bewar!15
"sagte er, man darf nur auf den Schatten halten, den die Scheibe ins
"Wasser wirft, so trift man das Schwarze akkurat!"

Den Doppelmaier beurteilst du schärfer wie ich. Denn erstlich
schrieb er diese Stelle vorher eh' er mir den ersten Brief geschrieben
hatte. Auch behandelt er mich nach dem unermeslichen Wert, den der20
annulus in seinen Augen hat, und nach meinem freien Urteile darüber,
immer noch glimpflich. Indessen schreib' ich ihm nicht eher als bei der
Überschikkung meines 2ten Teils, one ihm die Ursache des Stil-
schweigens zu verhelen. (Vergesse ferner nur nicht, daß der Alchymist
sich für den edelsten der Menschenkinder ansieht, so wie das Gold, das25
er schaffen wil, das edelste der Metalle ist. Mir scheint eigentlich der
Vorzug der Alchymie darinnen zu liegen, daß sie die besten Köpfe zu[111]
verschlechtern weis, so wie der Alchymist Boyle das Gold stat zu
machen, degradirt.) Ich schliesse diese zwei Perioden ein, weil ich
ungewis bin, ob ich sie nicht vielleicht in den 2ten Teil der Skizen mit30
verbesserter Schneide aufnemen werde.

Da ich vom Golde rede, wil ich auch noch vom Silber reden, das du
mir im lezten Brief geschikt. Nur frankirt hätte es nicht sein sollen; denn
das heist einem Kapital und Zinsen auf einmal leihen. Ich danke dir,
daß du das erraten, was ich dir nicht sagen mochte, da meine Schuld35
schon auf 12 rtl. und etliche Groschen gestiegen war, ehe sie noch um
2 Konvenzionstaler vergrössert wurde.

Deine Kritik über das Epigram — die übrigens nicht nötig gehabt
hätte, ſich durch ein Kompliment anmelden zu laſſen, da ſie wie ein
guter Freund gerade zu hätte gehen ſollen — iſt falſch und richtig
zugleich; nämlich ſo: meine Abſicht war nicht, vom Könige in dem ihm
angemeſſenen Tone zu reden und auf der Flöte eines Friedrichs das5
poetiſche Lob eines Friedrichs herzublaſen; der Anfang des Epigrams
iſt vielmer lächerlich und ſolte es ſein. Das wäre denn die unrichtige
Seite deines Tadels. „Aber als dan paſſet wiederum das Feierliche
„zum Lächerlichen nicht!“ Freilich; und das iſt die richtige Seite
deſſelben. Das Epigram ſolte alſo ſeinem Gegenſtande noch weniger10
angemeſſen ſein, noch mer mit demſelben kontraſtiren. Du zielteſt mit
deinem Tadel auf den Schatten des Ziels; und trafſt eben deswegen das
Ziel. Gleichnis: „aber es mus ſchwer ſein, die Scheibe mit einer
„Kugel zu treffen, die erſt vom Waſſer auf ſie zurükpralt?“ — ſagte ich
vorgeſtern zu einem alten verſofnen Invaliden der Diana; „bewar!15
„ſagte er, man darf nur auf den Schatten halten, den die Scheibe ins
„Waſſer wirft, ſo trift man das Schwarze akkurat!“

Den Doppelmaier beurteilſt du ſchärfer wie ich. Denn erſtlich
ſchrieb er dieſe Stelle vorher eh’ er mir den erſten Brief geſchrieben
hatte. Auch behandelt er mich nach dem unermeslichen Wert, den der20
annulus in ſeinen Augen hat, und nach meinem freien Urteile darüber,
immer noch glimpflich. Indeſſen ſchreib’ ich ihm nicht eher als bei der
Überſchikkung meines 2ten Teils, one ihm die Urſache des Stil-
ſchweigens zu verhelen. (Vergeſſe ferner nur nicht, daß der Alchymiſt
ſich für den edelſten der Menſchenkinder anſieht, ſo wie das Gold, das25
er ſchaffen wil, das edelſte der Metalle iſt. Mir ſcheint eigentlich der
Vorzug der Alchymie darinnen zu liegen, daß ſie die beſten Köpfe zu[111]
verſchlechtern weis, ſo wie der Alchymiſt Boyle das Gold ſtat zu
machen, degradirt.) Ich ſchlieſſe dieſe zwei Perioden ein, weil ich
ungewis bin, ob ich ſie nicht vielleicht in den 2ten Teil der Skizen mit30
verbeſſerter Schneide aufnemen werde.

Da ich vom Golde rede, wil ich auch noch vom Silber reden, das du
mir im lezten Brief geſchikt. Nur frankirt hätte es nicht ſein ſollen; denn
das heiſt einem Kapital und Zinſen auf einmal leihen. Ich danke dir,
daß du das erraten, was ich dir nicht ſagen mochte, da meine Schuld35
ſchon auf 12 rtl. und etliche Groſchen geſtiegen war, ehe ſie noch um
2 Konvenzionstaler vergröſſert wurde.

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[103/0126] Deine Kritik über das Epigram — die übrigens nicht nötig gehabt hätte, ſich durch ein Kompliment anmelden zu laſſen, da ſie wie ein guter Freund gerade zu hätte gehen ſollen — iſt falſch und richtig zugleich; nämlich ſo: meine Abſicht war nicht, vom Könige in dem ihm angemeſſenen Tone zu reden und auf der Flöte eines Friedrichs das 5 poetiſche Lob eines Friedrichs herzublaſen; der Anfang des Epigrams iſt vielmer lächerlich und ſolte es ſein. Das wäre denn die unrichtige Seite deines Tadels. „Aber als dan paſſet wiederum das Feierliche „zum Lächerlichen nicht!“ Freilich; und das iſt die richtige Seite deſſelben. Das Epigram ſolte alſo ſeinem Gegenſtande noch weniger 10 angemeſſen ſein, noch mer mit demſelben kontraſtiren. Du zielteſt mit deinem Tadel auf den Schatten des Ziels; und trafſt eben deswegen das Ziel. Gleichnis: „aber es mus ſchwer ſein, die Scheibe mit einer „Kugel zu treffen, die erſt vom Waſſer auf ſie zurükpralt?“ — ſagte ich vorgeſtern zu einem alten verſofnen Invaliden der Diana; „bewar! 15 „ſagte er, man darf nur auf den Schatten halten, den die Scheibe ins „Waſſer wirft, ſo trift man das Schwarze akkurat!“ Den Doppelmaier beurteilſt du ſchärfer wie ich. Denn erſtlich ſchrieb er dieſe Stelle vorher eh’ er mir den erſten Brief geſchrieben hatte. Auch behandelt er mich nach dem unermeslichen Wert, den der 20 annulus in ſeinen Augen hat, und nach meinem freien Urteile darüber, immer noch glimpflich. Indeſſen ſchreib’ ich ihm nicht eher als bei der Überſchikkung meines 2ten Teils, one ihm die Urſache des Stil- ſchweigens zu verhelen. (Vergeſſe ferner nur nicht, daß der Alchymiſt ſich für den edelſten der Menſchenkinder anſieht, ſo wie das Gold, das 25 er ſchaffen wil, das edelſte der Metalle iſt. Mir ſcheint eigentlich der Vorzug der Alchymie darinnen zu liegen, daß ſie die beſten Köpfe zu verſchlechtern weis, ſo wie der Alchymiſt Boyle das Gold ſtat zu machen, degradirt.) Ich ſchlieſſe dieſe zwei Perioden ein, weil ich ungewis bin, ob ich ſie nicht vielleicht in den 2ten Teil der Skizen mit 30 verbeſſerter Schneide aufnemen werde. [111] Da ich vom Golde rede, wil ich auch noch vom Silber reden, das du mir im lezten Brief geſchikt. Nur frankirt hätte es nicht ſein ſollen; denn das heiſt einem Kapital und Zinſen auf einmal leihen. Ich danke dir, daß du das erraten, was ich dir nicht ſagen mochte, da meine Schuld 35 ſchon auf 12 rtl. und etliche Groſchen geſtiegen war, ehe ſie noch um 2 Konvenzionstaler vergröſſert wurde.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/126>, abgerufen am 21.11.2024.