dieselbe nächstens zu ehlichen. Den Hochzeittag werd' ich Ihnen gewis mit nächstem Brief melden. Sie geht hier ganz in Stillem vor sich und meine Braut wird wol den 11. Julius schon von Helmbrechts ab- reisen. -- Sie sehen, ungeachtet es mir tol gehet, so bin ich doch lustig und ich fahre wol dabei; Sie soltens auch sein. -- Hat Ihnen denn der5 [132]Pfarrer in Rehau selbst es versprochen, mir einen Brief zu schikken? Denn sonst glaub' ichs nicht: der schreibt beinahe -- es ist kaum glaub- lich -- noch seltner an mich als Sie. -- Über meinen H. Gefatter freue ich mich. Was macht denn Samuel? und Heinrich? Der Gotlieb wird sie wol beide verführen. Ich bin ganz gesund. -- Sie wissen es10 doch in Zeiz sind 40 Häuser abgebrant. -- Ich habe zu diesem Brief nur einen elenden Wisch genommen, wie Sie sehen, und ich ersuche Sie, mir das abzugewöhnen. Meines Erachtens solte ein iunger Mensch wie ich bin sich ordentlicher halten. -- Wegen der Lotterie schreib' ich Ihnen, wenn Sie mir geantwortet haben; vielleicht antworten Sie15 mir darum desto eher. In der Hofnung, daß Sie mir wenigstens in einem Vierteliahre wieder schreiben, verharre ich
[Spaltenumbruch]Leipzig den 21 Jun. 1784.[Spaltenumbruch]Ihr gehors. Sohn Richter20
76. An G. Chr. Lichtenberg in Göttingen.
[Kopie][Leipzig, 22. Juli 1784]
Wenn ein Jüngling von 22 Jahren sich die Freiheit nimt, Ew. eine Satire für das Magazin zu senden, worin schon Ihre Satiren stehen: so kan er nicht das Geringste zu seiner Vertheidigung anführen und ich25 zweifle sehr, ob sogar die Satire selber, hätte sie auch die grösten Gaben, im Stande ist, seine Sache mit einigem Glükke zu führen und ihn von dem Vorwurfe der Unbescheidenheit zu retten. Die einzige Rechtfertigung mithin, worauf ich mich verlassen mus, ist, daß wol niemand noch von seinen Arbeiten die grosse Meinung geheget, die30 ich von der gegen[wärtigen] zu haben versichern darf; zumal da diese Überzeugung von der Schönheit meines Produktes nicht sowol von einem gewöhnlichen Autorstolze als von der Gewisheit herrührt, daß es mit den geistigen Geburten nicht anders als [mit] den leiblichen sein könne, welche wie man sagt, desto wolgebildeter ausgefallen, in ie35
dieſelbe nächſtens zu ehlichen. Den Hochzeittag werd’ ich Ihnen gewis mit nächſtem Brief melden. Sie geht hier ganz in Stillem vor ſich und meine Braut wird wol den 11. Julius ſchon von Helmbrechts ab- reiſen. — Sie ſehen, ungeachtet es mir tol gehet, ſo bin ich doch luſtig und ich fahre wol dabei; Sie ſoltens auch ſein. — Hat Ihnen denn der5 [132]Pfarrer in Rehau ſelbſt es verſprochen, mir einen Brief zu ſchikken? Denn ſonſt glaub’ ichs nicht: der ſchreibt beinahe — es iſt kaum glaub- lich — noch ſeltner an mich als Sie. — Über meinen H. Gefatter freue ich mich. Was macht denn Samuel? und Heinrich? Der Gotlieb wird ſie wol beide verführen. Ich bin ganz geſund. — Sie wiſſen es10 doch in Zeiz ſind 40 Häuſer abgebrant. — Ich habe zu dieſem Brief nur einen elenden Wiſch genommen, wie Sie ſehen, und ich erſuche Sie, mir das abzugewöhnen. Meines Erachtens ſolte ein iunger Menſch wie ich bin ſich ordentlicher halten. — Wegen der Lotterie ſchreib’ ich Ihnen, wenn Sie mir geantwortet haben; vielleicht antworten Sie15 mir darum deſto eher. In der Hofnung, daß Sie mir wenigſtens in einem Vierteliahre wieder ſchreiben, verharre ich
[Spaltenumbruch]Leipzig den 21 Jun. 1784.[Spaltenumbruch]Ihr gehorſ. Sohn Richter20
76. An G. Chr. Lichtenberg in Göttingen.
[Kopie][Leipzig, 22. Juli 1784]
Wenn ein Jüngling von 22 Jahren ſich die Freiheit nimt, Ew. eine Satire für das Magazin zu ſenden, worin ſchon Ihre Satiren ſtehen: ſo kan er nicht das Geringſte zu ſeiner Vertheidigung anführen und ich25 zweifle ſehr, ob ſogar die Satire ſelber, hätte ſie auch die gröſten Gaben, im Stande iſt, ſeine Sache mit einigem Glükke zu führen und ihn von dem Vorwurfe der Unbeſcheidenheit zu retten. Die einzige Rechtfertigung mithin, worauf ich mich verlaſſen mus, iſt, daß wol niemand noch von ſeinen Arbeiten die groſſe Meinung geheget, die30 ich von der gegen[wärtigen] zu haben verſichern darf; zumal da dieſe Überzeugung von der Schönheit meines Produktes nicht ſowol von einem gewöhnlichen Autorſtolze als von der Gewisheit herrührt, daß es mit den geiſtigen Geburten nicht anders als [mit] den leiblichen ſein könne, welche wie man ſagt, deſto wolgebildeter ausgefallen, in ie35
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meine Braut wird wol den 11. Julius ſchon von Helmbrechts ab-
reiſen. — Sie ſehen, ungeachtet es mir tol gehet, ſo bin ich doch luſtig
und ich fahre wol dabei; Sie ſoltens auch ſein. — Hat Ihnen denn der 5
Pfarrer in Rehau ſelbſt es verſprochen, mir einen Brief zu ſchikken?
Denn ſonſt glaub’ ichs nicht: der ſchreibt beinahe — es iſt kaum glaub-
lich — noch ſeltner an mich als Sie. — Über meinen H. Gefatter
freue ich mich. Was macht denn Samuel? und Heinrich? Der Gotlieb
wird ſie wol beide verführen. Ich bin ganz geſund. — Sie wiſſen es 10
doch in Zeiz ſind 40 Häuſer abgebrant. — Ich habe zu dieſem Brief nur
einen elenden Wiſch genommen, wie Sie ſehen, und ich erſuche Sie,
mir das abzugewöhnen. Meines Erachtens ſolte ein iunger Menſch wie
ich bin ſich ordentlicher halten. — Wegen der Lotterie ſchreib’ ich
Ihnen, wenn Sie mir geantwortet haben; vielleicht antworten Sie 15
mir darum deſto eher. In der Hofnung, daß Sie mir wenigſtens in
einem Vierteliahre wieder ſchreiben, verharre ich
[132]
Leipzig den 21 Jun.
1784.
Ihr
gehorſ. Sohn
Richter 20
76. An G. Chr. Lichtenberg in Göttingen.
[Leipzig, 22. Juli 1784]
Wenn ein Jüngling von 22 Jahren ſich die Freiheit nimt, Ew. eine
Satire für das Magazin zu ſenden, worin ſchon Ihre Satiren ſtehen:
ſo kan er nicht das Geringſte zu ſeiner Vertheidigung anführen und ich 25
zweifle ſehr, ob ſogar die Satire ſelber, hätte ſie auch die gröſten
Gaben, im Stande iſt, ſeine Sache mit einigem Glükke zu führen und
ihn von dem Vorwurfe der Unbeſcheidenheit zu retten. Die einzige
Rechtfertigung mithin, worauf ich mich verlaſſen mus, iſt, daß wol
niemand noch von ſeinen Arbeiten die groſſe Meinung geheget, die 30
ich von der gegen[wärtigen] zu haben verſichern darf; zumal da dieſe
Überzeugung von der Schönheit meines Produktes nicht ſowol von
einem gewöhnlichen Autorſtolze als von der Gewisheit herrührt, daß es
mit den geiſtigen Geburten nicht anders als [mit] den leiblichen ſein
könne, welche wie man ſagt, deſto wolgebildeter ausgefallen, in ie 35
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/148>, abgerufen am 21.11.2024.
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