iene Stelle längst hätten besezen sollen, zu Werke gehen möchten: denn ohne meinen Nachtheil kan ich die Hörung eines solchen Professors wol nicht länger anstehen lassen.
Den Latitudinarius und seinen Antagonisten hab' ich von Leipzig verschrieben und hoffentlich sollen sie nicht zu spät anlangen.5
Über eine Vignette Ihres Buches hab' ich nachgedacht; aber bisher hab' ich -- vielleicht weil ich weis, daß ich ia noch länger darüber nach- denken kan -- noch nichts als dies herausbringen können: Ein Adler, (eine heraldische und naturhistorische Anspielung zugleich!) müste mit seinen dem Lichte ofnen Augen gegen die Sonne fliegen. Sie10 stünden dort und gäben dem Verfasser der Berliner Briefe entweder ein Seherohr in die Hand, oder stächen ihm den Staar, um ihn fähig zu machen, mit seinem Blikke dem Fluge des Adlers zu folgen. Oder wollen Sie dafür eine Nachteule sezen, die dem steigenden Adler nach- zusehen versucht? -- Übrigens solt' ich beinahe hoffen dürfen, daß es15 mir so schwer nicht werden würde, Ihnen in der Folge noch verschiedene Erfindungen mitzutheilen, die wenigstens eben so dum als die gegen- wärtige wären.
Jezt komt meine alte Bitte wieder; um folgende Bücher:
Pragmatische Geschichte der Mönchsorden.20
Denienigen Theil des (vortreflich übersezten) Plato, worin seine Republik befindlich ist, den zweiten glaub' ich.
A. Deutsche Bibliothek 59. B. 1. St. oder auch des iezigen An- hanges 1. oder 3. Abtheilung.
Bielefelds Staatswissenschaft.25
Den Pausanias oder Plinius Naturgeschichte.
Schikken Sie mir ausser diesen Büchern noch etwas, was mir lieber[148] ist als manches Buch und was in der That selbst ein geschriebenes Buch ist wiewol nur zwei Blätter stark, nämlich einen langen langen Brief. Ich wünschte, ich hätte Zeit genug, dem meinigen einen schönern30 Körper (wiewol wir beide haben das iüdische Zeremonialgesez schon abgeschüttelt und brauchen unsere Briefe nicht mehr zu beschneiden) und eine schönere Sele zu geben: besonders wünscht' ich, ich hätte ausser der Zeit auch Wiz genug, der Versicherung eine neuere Wendung zu geben, daß ich bin35
[Spaltenumbruch]Hof den 11 Dezemb. 1784. [Spaltenumbruch]
Ew. Hochehrwürden gehors. Diener und Freund J. P. F. Richter
iene Stelle längſt hätten beſezen ſollen, zu Werke gehen möchten: denn ohne meinen Nachtheil kan ich die Hörung eines ſolchen Profeſſors wol nicht länger anſtehen laſſen.
Den Latitudinarius und ſeinen Antagoniſten hab’ ich von Leipzig verſchrieben und hoffentlich ſollen ſie nicht zu ſpät anlangen.5
Über eine Vignette Ihres Buches hab’ ich nachgedacht; aber bisher hab’ ich — vielleicht weil ich weis, daß ich ia noch länger darüber nach- denken kan — noch nichts als dies herausbringen können: Ein Adler, (eine heraldiſche und naturhiſtoriſche Anſpielung zugleich!) müſte mit ſeinen dem Lichte ofnen Augen gegen die Sonne fliegen. Sie10 ſtünden dort und gäben dem Verfaſſer der Berliner Briefe entweder ein Seherohr in die Hand, oder ſtächen ihm den Staar, um ihn fähig zu machen, mit ſeinem Blikke dem Fluge des Adlers zu folgen. Oder wollen Sie dafür eine Nachteule ſezen, die dem ſteigenden Adler nach- zuſehen verſucht? — Übrigens ſolt’ ich beinahe hoffen dürfen, daß es15 mir ſo ſchwer nicht werden würde, Ihnen in der Folge noch verſchiedene Erfindungen mitzutheilen, die wenigſtens eben ſo dum als die gegen- wärtige wären.
Jezt komt meine alte Bitte wieder; um folgende Bücher:
Pragmatiſche Geſchichte der Mönchsorden.20
Denienigen Theil des (vortreflich überſezten) Plato, worin ſeine Republik befindlich iſt, den zweiten glaub’ ich.
A. Deutſche Bibliothek 59. B. 1. St. oder auch des iezigen An- hanges 1. oder 3. Abtheilung.
Bielefelds Staatswiſſenſchaft.25
Den Pauſanias oder Plinius Naturgeſchichte.
Schikken Sie mir auſſer dieſen Büchern noch etwas, was mir lieber[148] iſt als manches Buch und was in der That ſelbſt ein geſchriebenes Buch iſt wiewol nur zwei Blätter ſtark, nämlich einen langen langen Brief. Ich wünſchte, ich hätte Zeit genug, dem meinigen einen ſchönern30 Körper (wiewol wir beide haben das iüdiſche Zeremonialgeſez ſchon abgeſchüttelt und brauchen unſere Briefe nicht mehr zu beſchneiden) und eine ſchönere Sele zu geben: beſonders wünſcht’ ich, ich hätte auſſer der Zeit auch Wiz genug, der Verſicherung eine neuere Wendung zu geben, daß ich bin35
[Spaltenumbruch]Hof den 11 Dezemb. 1784. [Spaltenumbruch]
Ew. Hochehrwürden gehorſ. Diener und Freund J. P. F. Richter
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ohne meinen Nachtheil kan ich die Hörung eines ſolchen Profeſſors wol
nicht länger anſtehen laſſen.
Den Latitudinarius und ſeinen Antagoniſten hab’ ich von Leipzig
verſchrieben und hoffentlich ſollen ſie nicht zu ſpät anlangen. 5
Über eine Vignette Ihres Buches hab’ ich nachgedacht; aber bisher
hab’ ich — vielleicht weil ich weis, daß ich ia noch länger darüber nach-
denken kan — noch nichts als dies herausbringen können: Ein Adler,
(eine heraldiſche und naturhiſtoriſche Anſpielung zugleich!)
müſte mit ſeinen dem Lichte ofnen Augen gegen die Sonne fliegen. Sie 10
ſtünden dort und gäben dem Verfaſſer der Berliner Briefe entweder
ein Seherohr in die Hand, oder ſtächen ihm den Staar, um ihn fähig
zu machen, mit ſeinem Blikke dem Fluge des Adlers zu folgen. Oder
wollen Sie dafür eine Nachteule ſezen, die dem ſteigenden Adler nach-
zuſehen verſucht? — Übrigens ſolt’ ich beinahe hoffen dürfen, daß es 15
mir ſo ſchwer nicht werden würde, Ihnen in der Folge noch verſchiedene
Erfindungen mitzutheilen, die wenigſtens eben ſo dum als die gegen-
wärtige wären.
Jezt komt meine alte Bitte wieder; um folgende Bücher:
Pragmatiſche Geſchichte der Mönchsorden. 20
Denienigen Theil des (vortreflich überſezten) Plato, worin ſeine
Republik befindlich iſt, den zweiten glaub’ ich.
A. Deutſche Bibliothek 59. B. 1. St. oder auch des iezigen An-
hanges 1. oder 3. Abtheilung.
Bielefelds Staatswiſſenſchaft. 25
Den Pauſanias oder Plinius Naturgeſchichte.
Schikken Sie mir auſſer dieſen Büchern noch etwas, was mir lieber
iſt als manches Buch und was in der That ſelbſt ein geſchriebenes Buch
iſt wiewol nur zwei Blätter ſtark, nämlich einen langen langen Brief.
Ich wünſchte, ich hätte Zeit genug, dem meinigen einen ſchönern 30
Körper (wiewol wir beide haben das iüdiſche Zeremonialgeſez ſchon
abgeſchüttelt und brauchen unſere Briefe nicht mehr zu beſchneiden)
und eine ſchönere Sele zu geben: beſonders wünſcht’ ich, ich hätte auſſer
der Zeit auch Wiz genug, der Verſicherung eine neuere Wendung zu
geben, daß ich bin 35
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Hof den 11 Dezemb.
1784.
Ew. Hochehrwürden
gehorſ. Diener und Freund
J. P. F. Richter
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/163>, abgerufen am 16.02.2025.
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