[55]30. An Buchhändler Chr. Friedr. Voß in Berlin.
[Konzept][Leipzig, Mitte Dez. 1782]
Mein Buch mit Ihrem Namen geziert zu sehen, hab' ich mer ge- wünscht als gehoft. Um desto grösser ist mein Vergnügen über Ihre Gütigkeit, um desto grösser mein Dank dafür. Es beruht oft eben soviel5 auf den [!], der den Körper eines Buchs schaft, als auf den, der die Sele desselben schaft. Auch hier heists: Kleider machen Leute. Ist mein Buch Ihres Verlags würdig, so ist es auch gewis des Druks würdig, und ich kan hoffen, daß es Kennern [nicht] misfallen werde, wenn es Ihnen nicht misfält. -- Aus diesem Anfang meines Briefs werden Sie10 leicht die Antwort auf den Anfang des Ihrigen erraten -- die Bitte ausgenommen, daß Sie die ungerade Zal 15 in die nächste gerade ver- wandeln. Schandy war ein Freund der ungeraden Zalen, ich bin einer der geraden. -- Es ist gewis, daß der Parnas keine peruanische Gold- grube ist; wenigstens ist es gewis, daß dieienigen, die darinnen graben,15 gleich andern Bergleuten, die Schäze ser bedürfen, die sie suchen. Sie werden daher nicht Mangel an Höflichkeit, sondern nur Mangel an Geld in der Bitte finden, daß Sie mir noch vor den Feiertagen das Honorarium [schikken] möchten -- wenn ich wortspielen wolte, würd' ich sagen: die Eltern bescheren zu dieser Zeit den Kindern, und mein20 Kind mir. Aber man darf eben sowenig mit den Worten als mit den Puppen spielen, wenn man kein Kind mer ist. -- Es ist mir angenem, daß ich durch die Nahheit des Drukorts in Stand gesezt werde, die Korrektur selbst zu übernemen. -- Schönes weisses Papier empfielt ein Buch eben so ser als eine weisse Haut ein Frauenzimmer; und man isset25 lieber von Silber als von Thon. Doch dafür zu sorgen, wird Sie mer Ihr.. als meine Bitte bewegen. Wenn der Druk dem Drukke des Buchs über die Ehe änlich wäre, so würde mich das freuen: denn wen solt' es nicht freuen, wenigstens eine Änlichkeit mit dieser vor- treflichen Schrift zu haben. -- Hier folgt der ... halbe Bogen. Die30 [56]Ursache, warum ich ihn zurükbehalten, werden Sie sehen, wenn Sie ihn lesen. Ich wolte nämlich nicht durch das Geständnis meiner Jugend in demselben, zu einer Meinung veranlassen, die vielleicht richtig ist, die aber immer die Feler eines Buchs zu Brobdignakschen Ungeheuern auf- schwelt und die Schönheiten desselben in Chodowieckischer [?] Miniatur35 darstelt. Wenn meine 19 Jare verursachen, daß [ich] iezt schlecht schreibe, so werden sie es auch gewis [?] verursachen, daß ich künftig nicht so
[55]30. An Buchhändler Chr. Friedr. Voß in Berlin.
[Konzept][Leipzig, Mitte Dez. 1782]
Mein Buch mit Ihrem Namen geziert zu ſehen, hab’ ich mer ge- wünſcht als gehoft. Um deſto gröſſer iſt mein Vergnügen über Ihre Gütigkeit, um deſto gröſſer mein Dank dafür. Es beruht oft eben ſoviel5 auf den [!], der den Körper eines Buchs ſchaft, als auf den, der die Sele deſſelben ſchaft. Auch hier heiſts: Kleider machen Leute. Iſt mein Buch Ihres Verlags würdig, ſo iſt es auch gewis des Druks würdig, und ich kan hoffen, daß es Kennern [nicht] misfallen werde, wenn es Ihnen nicht misfält. — Aus dieſem Anfang meines Briefs werden Sie10 leicht die Antwort auf den Anfang des Ihrigen erraten — die Bitte ausgenommen, daß Sie die ungerade Zal 15 in die nächſte gerade ver- wandeln. Schandy war ein Freund der ungeraden Zalen, ich bin einer der geraden. — Es iſt gewis, daß der Parnas keine peruaniſche Gold- grube iſt; wenigſtens iſt es gewis, daß dieienigen, die darinnen graben,15 gleich andern Bergleuten, die Schäze ſer bedürfen, die ſie ſuchen. Sie werden daher nicht Mangel an Höflichkeit, ſondern nur Mangel an Geld in der Bitte finden, daß Sie mir noch vor den Feiertagen das Honorarium [ſchikken] möchten — wenn ich wortſpielen wolte, würd’ ich ſagen: die Eltern beſcheren zu dieſer Zeit den Kindern, und mein20 Kind mir. Aber man darf eben ſowenig mit den Worten als mit den Puppen ſpielen, wenn man kein Kind mer iſt. — Es iſt mir angenem, daß ich durch die Nahheit des Drukorts in Stand geſezt werde, die Korrektur ſelbſt zu übernemen. — Schönes weiſſes Papier empfielt ein Buch eben ſo ſer als eine weiſſe Haut ein Frauenzimmer; und man iſſet25 lieber von Silber als von Thon. Doch dafür zu ſorgen, wird Sie mer Ihr.. als meine Bitte bewegen. Wenn der Druk dem Drukke des Buchs über die Ehe änlich wäre, ſo würde mich das freuen: denn wen ſolt’ es nicht freuen, wenigſtens eine Änlichkeit mit dieſer vor- treflichen Schrift zu haben. — Hier folgt der … halbe Bogen. Die30 [56]Urſache, warum ich ihn zurükbehalten, werden Sie ſehen, wenn Sie ihn leſen. Ich wolte nämlich nicht durch das Geſtändnis meiner Jugend in demſelben, zu einer Meinung veranlaſſen, die vielleicht richtig iſt, die aber immer die Feler eines Buchs zu Brobdignakſchen Ungeheuern auf- ſchwelt und die Schönheiten deſſelben in Chodowieckiſcher [?] Miniatur35 darſtelt. Wenn meine 19 Jare verurſachen, daß [ich] iezt ſchlecht ſchreibe, ſo werden ſie es auch gewis [?] verurſachen, daß ich künftig nicht ſo
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30. An Buchhändler Chr. Friedr. Voß in Berlin.
[Leipzig, Mitte Dez. 1782]
Mein Buch mit Ihrem Namen geziert zu ſehen, hab’ ich mer ge-
wünſcht als gehoft. Um deſto gröſſer iſt mein Vergnügen über Ihre
Gütigkeit, um deſto gröſſer mein Dank dafür. Es beruht oft eben ſoviel 5
auf den [!], der den Körper eines Buchs ſchaft, als auf den, der die
Sele deſſelben ſchaft. Auch hier heiſts: Kleider machen Leute. Iſt mein
Buch Ihres Verlags würdig, ſo iſt es auch gewis des Druks würdig,
und ich kan hoffen, daß es Kennern [nicht] misfallen werde, wenn es
Ihnen nicht misfält. — Aus dieſem Anfang meines Briefs werden Sie 10
leicht die Antwort auf den Anfang des Ihrigen erraten — die Bitte
ausgenommen, daß Sie die ungerade Zal 15 in die nächſte gerade ver-
wandeln. Schandy war ein Freund der ungeraden Zalen, ich bin einer
der geraden. — Es iſt gewis, daß der Parnas keine peruaniſche Gold-
grube iſt; wenigſtens iſt es gewis, daß dieienigen, die darinnen graben, 15
gleich andern Bergleuten, die Schäze ſer bedürfen, die ſie ſuchen. Sie
werden daher nicht Mangel an Höflichkeit, ſondern nur Mangel an
Geld in der Bitte finden, daß Sie mir noch vor den Feiertagen das
Honorarium [ſchikken] möchten — wenn ich wortſpielen wolte, würd’
ich ſagen: die Eltern beſcheren zu dieſer Zeit den Kindern, und mein 20
Kind mir. Aber man darf eben ſowenig mit den Worten als mit den
Puppen ſpielen, wenn man kein Kind mer iſt. — Es iſt mir angenem,
daß ich durch die Nahheit des Drukorts in Stand geſezt werde, die
Korrektur ſelbſt zu übernemen. — Schönes weiſſes Papier empfielt ein
Buch eben ſo ſer als eine weiſſe Haut ein Frauenzimmer; und man iſſet 25
lieber von Silber als von Thon. Doch dafür zu ſorgen, wird Sie mer
Ihr.. als meine Bitte bewegen. Wenn der Druk dem Drukke des
Buchs über die Ehe änlich wäre, ſo würde mich das freuen: denn
wen ſolt’ es nicht freuen, wenigſtens eine Änlichkeit mit dieſer vor-
treflichen Schrift zu haben. — Hier folgt der … halbe Bogen. Die 30
Urſache, warum ich ihn zurükbehalten, werden Sie ſehen, wenn Sie ihn
leſen. Ich wolte nämlich nicht durch das Geſtändnis meiner Jugend in
demſelben, zu einer Meinung veranlaſſen, die vielleicht richtig iſt, die
aber immer die Feler eines Buchs zu Brobdignakſchen Ungeheuern auf-
ſchwelt und die Schönheiten deſſelben in Chodowieckiſcher [?] Miniatur 35
darſtelt. Wenn meine 19 Jare verurſachen, daß [ich] iezt ſchlecht ſchreibe,
ſo werden ſie es auch gewis [?] verurſachen, daß ich künftig nicht ſo
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/73>, abgerufen am 27.11.2024.
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