viele Unterstüzung meine Brüder noch brauchen. -- Ich wil nicht von Ihnen Geld um meinen Speiswirt zu bezalen, dem ich 24 rtl. schuldig bin, oder meinen Hauswirt, dem ich 10 rtl., oder andre Schulden, die über 6 rtl. ausmachen -- zu allen diesen Posten verlang' ich von Ihnen kein Geld; ich wil sie stehen lassen bis zu Michael, wo ich diese Schulden5 und die noch künftig zu machende, unfehlbar zu bezalen in Stand gesezt sein werde -- Also zu dieser grossen Summe verlange ich von Ihnen keine Beihülfe -- aber zu folgenden müssen Sie mir Ihre Hülfe nicht abschlagen. Ich mus alle Wochen die Wäscherin bezalen, die nicht borgt, ich mus zu früh Milch trinken; ich mus meine Stiefel vom10 Schuster besolen lassen, der ebenfals nicht borgt, mus meinen zerisse- n[en] Biber ausbessern lassen vom Schneider, der gar nichtborgt -- mus der Aufwärterin ihren Lohn geben, die natürlich auch nicht borgt -- und dies mus ich nur iezt alles bezalen, und bis auf Michael noch weit mehr. Nun sehen Sie, zur Bezalung dieser Sachen werden Sie mir15 doch wol hülfliche Hand leisten können -- ich wüste gar nicht was ich anfangen solte, wenn Sie mich stekken liessen. Glauben Sie denn, daß ich Sie mit Bitten plagen würde, wenn ich es nicht höchst nötig hätte. Ich mag ia auch nicht viel; acht Taler sächsisch Geld sollen mich zu- frieden stellen, und gewis werd' ich dan Ihre Hülfe nicht mehr so nötig20 haben. Denn das dürfen Sie nicht glauben, daß mein Mittel, Geld zu erwerben, nichts tauge; weil es etwan noch nicht angeschlagen hat. O Nein! durch eben dieses getraue ich mich zu erhalten, und es komt nur auf den Anfang an. Von diesem Mittel mehr zu schreiben verbietet mir der enge Raum meines Briefs; sonst wolte ich Ihnen deutlich25 zeigen, daß man mit Informazionen hier wenig fortkomt, weil es selten eine giebt, und daß die Versprechungen des H. Rektors in Schwarzenbach davon, nicht viel besser als erdichtet sind. Übrigens verlass' ich mich darauf, daß Sie mich nicht länger in der Not stekken[52] lassen, und mir mit dem nächsten Posttag schreiben. Acht Taler, wie30 gesagt, verlang' ich blos, und diese werden Sie doch auftreiben können. -- Schreiben Sie mir ia bald; ich bin
Ihr geh. Sohn Leipzig den 21 August 1782.J. P. F. Richter
P. S. Kaufen Sie ia keinen Ovid; ich brauche meinen nicht; der35 Örtel hat nur vergessen, ihn mit einzupakken neulich, und auf der Post wolte ich ihn wegen des zu grossen Porto nicht schikken.
4 Jean Pau Briefe. I.
viele Unterſtüzung meine Brüder noch brauchen. — Ich wil nicht von Ihnen Geld um meinen Speiswirt zu bezalen, dem ich 24 rtl. ſchuldig bin, oder meinen Hauswirt, dem ich 10 rtl., oder andre Schulden, die über 6 rtl. ausmachen — zu allen dieſen Poſten verlang’ ich von Ihnen kein Geld; ich wil ſie ſtehen laſſen bis zu Michael, wo ich dieſe Schulden5 und die noch künftig zu machende, unfehlbar zu bezalen in Stand geſezt ſein werde — Alſo zu dieſer groſſen Summe verlange ich von Ihnen keine Beihülfe — aber zu folgenden müſſen Sie mir Ihre Hülfe nicht abſchlagen. Ich mus alle Wochen die Wäſcherin bezalen, die nicht borgt, ich mus zu früh Milch trinken; ich mus meine Stiefel vom10 Schuſter beſolen laſſen, der ebenfals nicht borgt, mus meinen zeriſſe- n[en] Biber ausbeſſern laſſen vom Schneider, der gar nichtborgt — mus der Aufwärterin ihren Lohn geben, die natürlich auch nicht borgt — und dies mus ich nur iezt alles bezalen, und bis auf Michael noch weit mehr. Nun ſehen Sie, zur Bezalung dieſer Sachen werden Sie mir15 doch wol hülfliche Hand leiſten können — ich wüſte gar nicht was ich anfangen ſolte, wenn Sie mich ſtekken lieſſen. Glauben Sie denn, daß ich Sie mit Bitten plagen würde, wenn ich es nicht höchſt nötig hätte. Ich mag ia auch nicht viel; acht Taler ſächſiſch Geld ſollen mich zu- frieden ſtellen, und gewis werd’ ich dan Ihre Hülfe nicht mehr ſo nötig20 haben. Denn das dürfen Sie nicht glauben, daß mein Mittel, Geld zu erwerben, nichts tauge; weil es etwan noch nicht angeſchlagen hat. O Nein! durch eben dieſes getraue ich mich zu erhalten, und es komt nur auf den Anfang an. Von dieſem Mittel mehr zu ſchreiben verbietet mir der enge Raum meines Briefs; ſonſt wolte ich Ihnen deutlich25 zeigen, daß man mit Informazionen hier wenig fortkomt, weil es ſelten eine giebt, und daß die Verſprechungen des H. Rektors in Schwarzenbach davon, nicht viel beſſer als erdichtet ſind. Übrigens verlaſſ’ ich mich darauf, daß Sie mich nicht länger in der Not ſtekken[52] laſſen, und mir mit dem nächſten Poſttag ſchreiben. Acht Taler, wie30 geſagt, verlang’ ich blos, und dieſe werden Sie doch auftreiben können. — Schreiben Sie mir ia bald; ich bin
Ihr geh. Sohn Leipzig den 21 Auguſt 1782.J. P. F. Richter
P. S. Kaufen Sie ia keinen Ovid; ich brauche meinen nicht; der35 Örtel hat nur vergeſſen, ihn mit einzupakken neulich, und auf der Poſt wolte ich ihn wegen des zu groſſen Porto nicht ſchikken.
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viele Unterſtüzung meine Brüder noch brauchen. — Ich wil nicht von
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bin, oder meinen Hauswirt, dem ich 10 rtl., oder andre Schulden, die
über 6 rtl. ausmachen — zu allen dieſen Poſten verlang’ ich von Ihnen
kein Geld; ich wil ſie ſtehen laſſen bis zu Michael, wo ich dieſe Schulden 5
und die noch künftig zu machende, unfehlbar zu bezalen in Stand geſezt
ſein werde — Alſo zu dieſer groſſen Summe verlange ich von Ihnen
keine Beihülfe — aber zu folgenden müſſen Sie mir Ihre Hülfe
nicht abſchlagen. Ich mus alle Wochen die Wäſcherin bezalen, die
nicht borgt, ich mus zu früh Milch trinken; ich mus meine Stiefel vom 10
Schuſter beſolen laſſen, der ebenfals nicht borgt, mus meinen zeriſſe-
n[en] Biber ausbeſſern laſſen vom Schneider, der gar nichtborgt — mus
der Aufwärterin ihren Lohn geben, die natürlich auch nicht borgt —
und dies mus ich nur iezt alles bezalen, und bis auf Michael noch weit
mehr. Nun ſehen Sie, zur Bezalung dieſer Sachen werden Sie mir 15
doch wol hülfliche Hand leiſten können — ich wüſte gar nicht was ich
anfangen ſolte, wenn Sie mich ſtekken lieſſen. Glauben Sie denn, daß
ich Sie mit Bitten plagen würde, wenn ich es nicht höchſt nötig hätte.
Ich mag ia auch nicht viel; acht Taler ſächſiſch Geld ſollen mich zu-
frieden ſtellen, und gewis werd’ ich dan Ihre Hülfe nicht mehr ſo nötig 20
haben. Denn das dürfen Sie nicht glauben, daß mein Mittel, Geld
zu erwerben, nichts tauge; weil es etwan noch nicht angeſchlagen hat.
O Nein! durch eben dieſes getraue ich mich zu erhalten, und es komt
nur auf den Anfang an. Von dieſem Mittel mehr zu ſchreiben verbietet
mir der enge Raum meines Briefs; ſonſt wolte ich Ihnen deutlich 25
zeigen, daß man mit Informazionen hier wenig fortkomt, weil es
ſelten eine giebt, und daß die Verſprechungen des H. Rektors in
Schwarzenbach davon, nicht viel beſſer als erdichtet ſind. Übrigens
verlaſſ’ ich mich darauf, daß Sie mich nicht länger in der Not ſtekken
laſſen, und mir mit dem nächſten Poſttag ſchreiben. Acht Taler, wie 30
geſagt, verlang’ ich blos, und dieſe werden Sie doch auftreiben
können. — Schreiben Sie mir ia bald; ich bin
[52]
Ihr geh. Sohn
Leipzig den 21 Auguſt 1782. J. P. F. Richter
P. S. Kaufen Sie ia keinen Ovid; ich brauche meinen nicht; der 35
Örtel hat nur vergeſſen, ihn mit einzupakken neulich, und auf der Poſt
wolte ich ihn wegen des zu groſſen Porto nicht ſchikken.
4 Jean Pau Briefe. I.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T14:52:17Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/72>, abgerufen am 27.11.2024.
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