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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956.

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Haben Sie das exegetische Werk schon beendigt, dessen Vortreflich-
keit Sie mich blos einmal durch einzelne Bruchstükke kennen lerten?
Wenn es schon das Licht der Welt erblikt hätte, so verzeihen Sie mir,
daß ich von seinem Rume noch nichts weis -- denn ich bin ia kein
Teolog mer, sondern aus dem Paullus ein Saulus geworden. Sie5
werden sich auch unserer ehmaligen Verabredung in Rüksicht des Ver-
legers erinnern. Dem meinigen möcht' ich gar zu gern für seine Güte
dankbar sein. In dieser Tugend könten Sie mich unterstüzen, ob Sie mir
gleich die Vernachlässigung dieser Tugend gegen Sie vorrükken könten.
Sol ich endlich merere schlechte Bücher schreiben, als Sie gute? --10

Eben fält mir aus dem lezten Ihrer schönen Briefe Ihr Versprechen
ein, mich für ein Jar von 365 Briefen mit einem Schaltjar von
Briefen zu belonen. Sie sind mir also, wenn wir das beiderseitige
iärliche Stilschweigen abrechnen, noch 1. Brief schuldig. Auch hätt' ich[65]
meinen Feler gewis nicht so ser vergrössert, wenn Sie ihn einmal durch15
etwas anders als Ihr Stilschweigen bestraft hätten.

Verzeihen Sie übrigens, daß ich in diesem Briefe von niemand als
von mir geschrieben -- ich bin sonst kein Engländer, der sein Ich mit
einem grossen Buchstaben schreibt -- Verzeihen Sie, daß die Güte des
Drukpapiers des beigelegten Exemplars sich so ungleich ist -- ich20
konte nämlich die Beendigung des Druks kaum erwarten, und schikte
gleich das erste, aber vielleicht nicht das schönste Exemplar zum Buch-
binder. Und wie kont' ich noch länger zögern, mich bei Ihnen aus dem
Verdacht der Undankbarkeit zu reissen? -- Verzeihen Sie, daß ich
Ihnen soviel Langweile gemacht, und verzeihen Sie endlich, daß Sie25
soviel auf einmal zu verzeihen nötig haben.

Empfelen Sie mich Ihrer vortreflichen Gattin, und küssen Sie
an meiner stat den Nikolai in nuce, und auch die übrigen Kleinen, die
keine Nikolaiten sind. Zu so vielen Bitten wag' ichs nicht noch die
Bitte hinzuzufügen, mich zu empfelen vorzüglich dem Hern D.30
Doppelmaier und dem Hern Pf[arrer] in Schwarzenbach und dem
Hern Aktuar Vogel und dem H. Gefatter Werner. Auf alle diese
Bitten sei diese das Siegel: schreiben Sie mir bald einen langen langen
Brief. Leben Sie wol und lieben Sie den, der nie auf[ge]hört hat zu sein

Ihr35
[Spaltenumbruch] Leipzig den 20 Febr.
1783.
[Spaltenumbruch] gehorsamster Diener und Freund
J. P. F. Richter

Haben Sie das exegetiſche Werk ſchon beendigt, deſſen Vortreflich-
keit Sie mich blos einmal durch einzelne Bruchſtükke kennen lerten?
Wenn es ſchon das Licht der Welt erblikt hätte, ſo verzeihen Sie mir,
daß ich von ſeinem Rume noch nichts weis — denn ich bin ia kein
Teolog mer, ſondern aus dem Paullus ein Saulus geworden. Sie5
werden ſich auch unſerer ehmaligen Verabredung in Rükſicht des Ver-
legers erinnern. Dem meinigen möcht’ ich gar zu gern für ſeine Güte
dankbar ſein. In dieſer Tugend könten Sie mich unterſtüzen, ob Sie mir
gleich die Vernachläſſigung dieſer Tugend gegen Sie vorrükken könten.
Sol ich endlich merere ſchlechte Bücher ſchreiben, als Sie gute? —10

Eben fält mir aus dem lezten Ihrer ſchönen Briefe Ihr Verſprechen
ein, mich für ein Jar von 365 Briefen mit einem Schaltjar von
Briefen zu belonen. Sie ſind mir alſo, wenn wir das beiderſeitige
iärliche Stilſchweigen abrechnen, noch 1. Brief ſchuldig. Auch hätt’ ich[65]
meinen Feler gewis nicht ſo ſer vergröſſert, wenn Sie ihn einmal durch15
etwas anders als Ihr Stilſchweigen beſtraft hätten.

Verzeihen Sie übrigens, daß ich in dieſem Briefe von niemand als
von mir geſchrieben — ich bin ſonſt kein Engländer, der ſein Ich mit
einem groſſen Buchſtaben ſchreibt — Verzeihen Sie, daß die Güte des
Drukpapiers des beigelegten Exemplars ſich ſo ungleich iſt — ich20
konte nämlich die Beendigung des Druks kaum erwarten, und ſchikte
gleich das erſte, aber vielleicht nicht das ſchönſte Exemplar zum Buch-
binder. Und wie kont’ ich noch länger zögern, mich bei Ihnen aus dem
Verdacht der Undankbarkeit zu reiſſen? — Verzeihen Sie, daß ich
Ihnen ſoviel Langweile gemacht, und verzeihen Sie endlich, daß Sie25
ſoviel auf einmal zu verzeihen nötig haben.

Empfelen Sie mich Ihrer vortreflichen Gattin, und küſſen Sie
an meiner ſtat den Nikolai in nuce, und auch die übrigen Kleinen, die
keine Nikolaiten ſind. Zu ſo vielen Bitten wag’ ichs nicht noch die
Bitte hinzuzufügen, mich zu empfelen vorzüglich dem Hern D.30
Doppelmaier und dem Hern Pf[arrer] in Schwarzenbach und dem
Hern Aktuar Vogel und dem H. Gefatter Werner. Auf alle dieſe
Bitten ſei dieſe das Siegel: ſchreiben Sie mir bald einen langen langen
Brief. Leben Sie wol und lieben Sie den, der nie auf[ge]hört hat zu ſein

Ihr35
[Spaltenumbruch] Leipzig den 20 Febr.
1783.
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[59/0082] Haben Sie das exegetiſche Werk ſchon beendigt, deſſen Vortreflich- keit Sie mich blos einmal durch einzelne Bruchſtükke kennen lerten? Wenn es ſchon das Licht der Welt erblikt hätte, ſo verzeihen Sie mir, daß ich von ſeinem Rume noch nichts weis — denn ich bin ia kein Teolog mer, ſondern aus dem Paullus ein Saulus geworden. Sie 5 werden ſich auch unſerer ehmaligen Verabredung in Rükſicht des Ver- legers erinnern. Dem meinigen möcht’ ich gar zu gern für ſeine Güte dankbar ſein. In dieſer Tugend könten Sie mich unterſtüzen, ob Sie mir gleich die Vernachläſſigung dieſer Tugend gegen Sie vorrükken könten. Sol ich endlich merere ſchlechte Bücher ſchreiben, als Sie gute? — 10 Eben fält mir aus dem lezten Ihrer ſchönen Briefe Ihr Verſprechen ein, mich für ein Jar von 365 Briefen mit einem Schaltjar von Briefen zu belonen. Sie ſind mir alſo, wenn wir das beiderſeitige iärliche Stilſchweigen abrechnen, noch 1. Brief ſchuldig. Auch hätt’ ich meinen Feler gewis nicht ſo ſer vergröſſert, wenn Sie ihn einmal durch 15 etwas anders als Ihr Stilſchweigen beſtraft hätten. [65] Verzeihen Sie übrigens, daß ich in dieſem Briefe von niemand als von mir geſchrieben — ich bin ſonſt kein Engländer, der ſein Ich mit einem groſſen Buchſtaben ſchreibt — Verzeihen Sie, daß die Güte des Drukpapiers des beigelegten Exemplars ſich ſo ungleich iſt — ich 20 konte nämlich die Beendigung des Druks kaum erwarten, und ſchikte gleich das erſte, aber vielleicht nicht das ſchönſte Exemplar zum Buch- binder. Und wie kont’ ich noch länger zögern, mich bei Ihnen aus dem Verdacht der Undankbarkeit zu reiſſen? — Verzeihen Sie, daß ich Ihnen ſoviel Langweile gemacht, und verzeihen Sie endlich, daß Sie 25 ſoviel auf einmal zu verzeihen nötig haben. Empfelen Sie mich Ihrer vortreflichen Gattin, und küſſen Sie an meiner ſtat den Nikolai in nuce, und auch die übrigen Kleinen, die keine Nikolaiten ſind. Zu ſo vielen Bitten wag’ ichs nicht noch die Bitte hinzuzufügen, mich zu empfelen vorzüglich dem Hern D. 30 Doppelmaier und dem Hern Pf[arrer] in Schwarzenbach und dem Hern Aktuar Vogel und dem H. Gefatter Werner. Auf alle dieſe Bitten ſei dieſe das Siegel: ſchreiben Sie mir bald einen langen langen Brief. Leben Sie wol und lieben Sie den, der nie auf[ge]hört hat zu ſein Ihr 35 Leipzig den 20 Febr. 1783. gehorſamſter Diener und Freund J. P. F. Richter

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T14:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T14:52:17Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 1. Berlin, 1956, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe01_1956/82>, abgerufen am 27.11.2024.