Auch folgt beischlüslich und einballierend mein neues Ding für die Fürstin. Ich bitte dich noch einmal, die schöngeschriebne Auflage zuerst zu lesen. Die Fetflecken hinten sind von einer lesenden Hand; nur die5 magern sind von der schreibenden. -- Du must nur bedenken, daß es recht schwer ist, Dichterei, Lob und Wahrheit auf einmal anzubringen. Übrigens wust' ich schon damals, daß der Ton darin für erhabne Leute wie die Fürstin nicht passe, bei denen nichts anders erhaben sein darf.
137. An Matzdorff in Berlin.10
[Kopie][Hof, 10. Juli 1795]
Das Schiksal decke die Pfirsichblüten Ihrer Freude gegen die Fröste des Lebens zu -- Ihre obwol ungesehene Gestalt wird in meinem Herzen unter den geliebten stehen. Wenn Sie neue biogra- phische Seidenraupeneier -- wie Piemont[esische] -- ausbrüten15 wollen -- ich lege (es bedarf nur 2 Vokales) den Blütenstaub meines Geistes in Ihre pflegende Hand.
138. An Hofrat Schäfer in Bayreuth.
Hof d. 11 Jul. 95.
Theuerster Freund20
Mir ist immer, als hätt' ich mir vorzuwerfen, daß ich meinen Gesinnungen gegen Sie durch mein flüchtiges Vorüberschweifen, [93]sogar durch mein Entweichen ohne Abschied, ein falsches schräges Licht gegeben -- Wenn Sie dasselbe denken: so bitt' ich Sie, dieses Licht der Reflexion der fürstlichen Krone zuzuschreiben, der Fürstin,25 deren Zepter immer wie das Schwert bei Vermählungen durch Ge- sandte, sich zwischen unsere Zusammenkünfte legte.
Ich bin froh, daß die Alexanderin -- die ich im Ganzen ich weis kaum warum liebhabe -- Ihnen wieder aus der Sonne getreten ist, die sie Ihnen, wenn Sie sich diogenisch sonnen wolten, bis auf die30 lezten Stralen verbauete.
Vielleicht giebt Ihnen jezt der Himmel eine Minute, und Ihr gutes Herz einen Entschlus, mir zu schreiben und mir meine Furcht zu nehmen
136. An Chriſtian Otto.
[Hof, 9. Juli 1795]
Auch folgt beiſchlüslich und einballierend mein neues Ding für die Fürſtin. Ich bitte dich noch einmal, die ſchöngeſchriebne Auflage zuerſt zu leſen. Die Fetflecken hinten ſind von einer leſenden Hand; nur die5 magern ſind von der ſchreibenden. — Du muſt nur bedenken, daß es recht ſchwer iſt, Dichterei, Lob und Wahrheit auf einmal anzubringen. Übrigens wuſt’ ich ſchon damals, daß der Ton darin für erhabne Leute wie die Fürſtin nicht paſſe, bei denen nichts anders erhaben ſein darf.
137. An Matzdorff in Berlin.10
[Kopie][Hof, 10. Juli 1795]
Das Schikſal decke die Pfirſichblüten Ihrer Freude gegen die Fröſte des Lebens zu — Ihre obwol ungeſehene Geſtalt wird in meinem Herzen unter den geliebten ſtehen. Wenn Sie neue biogra- phiſche Seidenraupeneier — wie Piemont[eſiſche] — ausbrüten15 wollen — ich lege (es bedarf nur 2 Vokales) den Blütenſtaub meines Geiſtes in Ihre pflegende Hand.
138. An Hofrat Schäfer in Bayreuth.
Hof d. 11 Jul. 95.
Theuerſter Freund20
Mir iſt immer, als hätt’ ich mir vorzuwerfen, daß ich meinen Geſinnungen gegen Sie durch mein flüchtiges Vorüberſchweifen, [93]ſogar durch mein Entweichen ohne Abſchied, ein falſches ſchräges Licht gegeben — Wenn Sie daſſelbe denken: ſo bitt’ ich Sie, dieſes Licht der Reflexion der fürſtlichen Krone zuzuſchreiben, der Fürſtin,25 deren Zepter immer wie das Schwert bei Vermählungen durch Ge- ſandte, ſich zwiſchen unſere Zuſammenkünfte legte.
Ich bin froh, daß die Alexanderin — die ich im Ganzen ich weis kaum warum liebhabe — Ihnen wieder aus der Sonne getreten iſt, die ſie Ihnen, wenn Sie ſich diogeniſch ſonnen wolten, bis auf die30 lezten Stralen verbauete.
Vielleicht giebt Ihnen jezt der Himmel eine Minute, und Ihr gutes Herz einen Entſchlus, mir zu ſchreiben und mir meine Furcht zu nehmen
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136. An Chriſtian Otto.
[Hof, 9. Juli 1795]
Auch folgt beiſchlüslich und einballierend mein neues Ding für die
Fürſtin. Ich bitte dich noch einmal, die ſchöngeſchriebne Auflage zuerſt
zu leſen. Die Fetflecken hinten ſind von einer leſenden Hand; nur die 5
magern ſind von der ſchreibenden. — Du muſt nur bedenken, daß es
recht ſchwer iſt, Dichterei, Lob und Wahrheit auf einmal anzubringen.
Übrigens wuſt’ ich ſchon damals, daß der Ton darin für erhabne Leute
wie die Fürſtin nicht paſſe, bei denen nichts anders erhaben ſein darf.
137. An Matzdorff in Berlin. 10
[Hof, 10. Juli 1795]
Das Schikſal decke die Pfirſichblüten Ihrer Freude gegen die
Fröſte des Lebens zu — Ihre obwol ungeſehene Geſtalt wird in
meinem Herzen unter den geliebten ſtehen. Wenn Sie neue biogra-
phiſche Seidenraupeneier — wie Piemont[eſiſche] — ausbrüten 15
wollen — ich lege (es bedarf nur 2 Vokales) den Blütenſtaub meines
Geiſtes in Ihre pflegende Hand.
138. An Hofrat Schäfer in Bayreuth.
Hof d. 11 Jul. 95.
Theuerſter Freund 20
Mir iſt immer, als hätt’ ich mir vorzuwerfen, daß ich meinen
Geſinnungen gegen Sie durch mein flüchtiges Vorüberſchweifen,
ſogar durch mein Entweichen ohne Abſchied, ein falſches ſchräges
Licht gegeben — Wenn Sie daſſelbe denken: ſo bitt’ ich Sie, dieſes
Licht der Reflexion der fürſtlichen Krone zuzuſchreiben, der Fürſtin, 25
deren Zepter immer wie das Schwert bei Vermählungen durch Ge-
ſandte, ſich zwiſchen unſere Zuſammenkünfte legte.
[93]
Ich bin froh, daß die Alexanderin — die ich im Ganzen ich weis
kaum warum liebhabe — Ihnen wieder aus der Sonne getreten iſt,
die ſie Ihnen, wenn Sie ſich diogeniſch ſonnen wolten, bis auf die 30
lezten Stralen verbauete.
Vielleicht giebt Ihnen jezt der Himmel eine Minute, und Ihr gutes
Herz einen Entſchlus, mir zu ſchreiben und mir meine Furcht zu
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/109>, abgerufen am 15.08.2024.
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