Leben Sie wol in Ihrer Klause vol Ruhe -- in meiner Seele sind nichts als Strudel und Wirbel und sie löset sich beinahe auf durch Wünsche, Phantasien und Arbeiten und oft durch Freuden. Leben Sie ruhig und kein schwarzgeflügelter Dämon schüre Freundes Arme, in die Sie sich legten, zu Molochs Armen an, wie Sie mir neulich klagen5 musten. Meine sind warm, aber nur aus Liebe.
Richter
150. An Christian Otto.
[Hof, 1. Aug. 1795]
Hier sind die 2 Briefe, die du mir, zur Zurükgabe, Vormittags10 wiederschicken wirst. Du kanst Amadisen beilegen. Die Grazien hab [99]ich gerade als Gegenfüsler des Amtsverwalters gelesen -- ich habe nämlich blos die Prose nicht gelesen. --
151. An Matzdorff in Berlin.
[Kopie][Hof, 12. Aug. 1795]15
Dieses Bändgen treibt den melancholischen Traum auseinander, den Sie mir nach Hof frankieret haben. -- Da nur ein billiges Gleich- gewicht zwischen dem Vortheil des Verlegers und Autors die doppelte Buchhaltung zwischen beiden führen kan. -- Den Eingang in Leihbiblio- theken und Arbeitsbeutel -- Der Himmel fülle Ihre Nächte mit20 schöneren Träumen und Ihre Tage mit deren Erfüllung aus -- Was hilfts, der Quelle im pontinischen Sumpfe nachzugraben? Sie springt nur stärker. Das beste ist, sie zuzustopfen. Und das können wir so machen. etc.
152. An Joh. Christian Konrad Moritz in Berlin.25
Hof d. 12 Aug. 1795.
Liebenswürdiger -- Fremdling
nenn' ich Sie nicht, da mir Ihr schöner Brief und Ihr Geschlechts- name die Physiognomie der äussern Gestalt durch die der innern er- sezen. Wir kennen uns; und ich danke Ihnen für jeden Schrit, den Sie30 mir entgegenthaten, um mir Ihre warme Hand zu geben und um mich daran in der Westmünsterabtei Ihres unvergeslichen Bruders herum- zuführen. Wir wollen diese zerbrechlichen Ruinen seines entflohenen
Leben Sie wol in Ihrer Klauſe vol Ruhe — in meiner Seele ſind nichts als Strudel und Wirbel und ſie löſet ſich beinahe auf durch Wünſche, Phantaſien und Arbeiten und oft durch Freuden. Leben Sie ruhig und kein ſchwarzgeflügelter Dämon ſchüre Freundes Arme, in die Sie ſich legten, zu Molochs Armen an, wie Sie mir neulich klagen5 muſten. Meine ſind warm, aber nur aus Liebe.
Richter
150. An Chriſtian Otto.
[Hof, 1. Aug. 1795]
Hier ſind die 2 Briefe, die du mir, zur Zurükgabe, Vormittags10 wiederſchicken wirſt. Du kanſt Amadiſen beilegen. Die Grazien hab [99]ich gerade als Gegenfüsler des Amtsverwalters geleſen — ich habe nämlich blos die Proſe nicht geleſen. —
151. An Matzdorff in Berlin.
[Kopie][Hof, 12. Aug. 1795]15
Dieſes Bändgen treibt den melancholiſchen Traum auseinander, den Sie mir nach Hof frankieret haben. — Da nur ein billiges Gleich- gewicht zwiſchen dem Vortheil des Verlegers und Autors die doppelte Buchhaltung zwiſchen beiden führen kan. — Den Eingang in Leihbiblio- theken und Arbeitsbeutel — Der Himmel fülle Ihre Nächte mit20 ſchöneren Träumen und Ihre Tage mit deren Erfüllung aus — Was hilfts, der Quelle im pontiniſchen Sumpfe nachzugraben? Sie ſpringt nur ſtärker. Das beſte iſt, ſie zuzuſtopfen. Und das können wir ſo machen. ꝛc.
152. An Joh. Chriſtian Konrad Moritz in Berlin.25
Hof d. 12 Aug. 1795.
Liebenswürdiger — Fremdling
nenn’ ich Sie nicht, da mir Ihr ſchöner Brief und Ihr Geſchlechts- name die Phyſiognomie der äuſſern Geſtalt durch die der innern er- ſezen. Wir kennen uns; und ich danke Ihnen für jeden Schrit, den Sie30 mir entgegenthaten, um mir Ihre warme Hand zu geben und um mich daran in der Weſtmünſterabtei Ihres unvergeslichen Bruders herum- zuführen. Wir wollen dieſe zerbrechlichen Ruinen ſeines entflohenen
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[104/0115]
Leben Sie wol in Ihrer Klauſe vol Ruhe — in meiner Seele ſind
nichts als Strudel und Wirbel und ſie löſet ſich beinahe auf durch
Wünſche, Phantaſien und Arbeiten und oft durch Freuden. Leben Sie
ruhig und kein ſchwarzgeflügelter Dämon ſchüre Freundes Arme, in die
Sie ſich legten, zu Molochs Armen an, wie Sie mir neulich klagen 5
muſten. Meine ſind warm, aber nur aus Liebe.
Richter
150. An Chriſtian Otto.
[Hof, 1. Aug. 1795]
Hier ſind die 2 Briefe, die du mir, zur Zurükgabe, Vormittags 10
wiederſchicken wirſt. Du kanſt Amadiſen beilegen. Die Grazien hab
ich gerade als Gegenfüsler des Amtsverwalters geleſen — ich habe
nämlich blos die Proſe nicht geleſen. —
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151. An Matzdorff in Berlin.
[Hof, 12. Aug. 1795] 15
Dieſes Bändgen treibt den melancholiſchen Traum auseinander, den
Sie mir nach Hof frankieret haben. — Da nur ein billiges Gleich-
gewicht zwiſchen dem Vortheil des Verlegers und Autors die doppelte
Buchhaltung zwiſchen beiden führen kan. — Den Eingang in Leihbiblio-
theken und Arbeitsbeutel — Der Himmel fülle Ihre Nächte mit 20
ſchöneren Träumen und Ihre Tage mit deren Erfüllung aus — Was
hilfts, der Quelle im pontiniſchen Sumpfe nachzugraben? Sie ſpringt
nur ſtärker. Das beſte iſt, ſie zuzuſtopfen. Und das können wir ſo
machen. ꝛc.
152. An Joh. Chriſtian Konrad Moritz in Berlin. 25
Hof d. 12 Aug. 1795.
Liebenswürdiger — Fremdling
nenn’ ich Sie nicht, da mir Ihr ſchöner Brief und Ihr Geſchlechts-
name die Phyſiognomie der äuſſern Geſtalt durch die der innern er-
ſezen. Wir kennen uns; und ich danke Ihnen für jeden Schrit, den Sie 30
mir entgegenthaten, um mir Ihre warme Hand zu geben und um mich
daran in der Weſtmünſterabtei Ihres unvergeslichen Bruders herum-
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/115>, abgerufen am 16.02.2025.
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