Was sagen Sie zu meiner Geduld, die ich damit habe, daß Sie nichts zu mir sagen, ob Sie es gleich versprochen haben?
Was sagen Sie dazu, daß ich den Sonabend (den 19ten Jul.) -- komme, und zwar -- wodurch ichs wieder gut mache -- als Begleiter meines Freundes Otto, der Sie lachen und predigen hören wil? -- Sie5 werden mir meine Ankunft gern für das vergeben, was ich Ihnen mitbringe und mein[en] lieben Otto froher empfangen als die Wiener einen h. Leib, da das, was er unter der Brust und unter der Hirnschaale trägt, nicht blos in den Höfer Steppen zu den seltenen Gewächsen gehöret.10
Ich wünschte, daß Sie mich diese ganze Woche hindurch vor Ihrer Frau Gemahlin lobten, damit ich für die Beschwerden, die ich mache, leichter Vergebung erhalte. Ich habe nach einem langen Interval wieder das Vergnügen, Sie zu versichern, daß ich mit der volkommen- sten Hochachtung bin15
Ew. Hochehrwürden gehors. Diener Fr. Richter.
Meine gehorsame Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin und Dlle Tochter.20
Nachschrift den 23 Jul. Morgen wollen wir kommen: Sie sehen wie lange das Schiksal unsere Wünsche täuschte.
12. An Buchhändler Matzdorff in Berlin.
[Kopie][Hof, 16. Juli 1794]
Mir ist als begegneten wir beide einander auf dem Meer mit25 2 Schiffen, so lange komts mir vor, daß wir auseinander gewesen. Entweder mein Brief über den unsterblichen Verstorbnen ist verloren gegangen oder Ihre Antwort darauf. -- Endlich steh' ich vom Steinischen Geburtsstuhl auf, auf dem ich einige Jahre gesessen, um das närrische Ding, wovon ich Ihnen disjecta membra poetae zu-30 [6]schicke, in die Welt zu sezen -- so daß mein Körper soviel Leben verlor als jener (der Roman) bekam. -- Ich wolte das Paquet und meine Furcht, auf der Post geh' es zum Henker, wären nicht so gros: so braucht' ich Ihnen nicht herausgebrochne Stellen zu geben, die ihren volständigen Werth erst durch die Folie und Fassung des Zusammen-35
Was ſagen Sie zu meiner Geduld, die ich damit habe, daß Sie nichts zu mir ſagen, ob Sie es gleich verſprochen haben?
Was ſagen Sie dazu, daß ich den Sonabend (den 19ten Jul.) — komme, und zwar — wodurch ichs wieder gut mache — als Begleiter meines Freundes Otto, der Sie lachen und predigen hören wil? — Sie5 werden mir meine Ankunft gern für das vergeben, was ich Ihnen mitbringe und mein[en] lieben Otto froher empfangen als die Wiener einen h. Leib, da das, was er unter der Bruſt und unter der Hirnſchaale trägt, nicht blos in den Höfer Steppen zu den ſeltenen Gewächſen gehöret.10
Ich wünſchte, daß Sie mich dieſe ganze Woche hindurch vor Ihrer Frau Gemahlin lobten, damit ich für die Beſchwerden, die ich mache, leichter Vergebung erhalte. Ich habe nach einem langen Interval wieder das Vergnügen, Sie zu verſichern, daß ich mit der volkommen- ſten Hochachtung bin15
Ew. Hochehrwürden gehorſ. Diener Fr. Richter.
Meine gehorſame Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin und Dlle Tochter.20
Nachſchrift den 23 Jul. Morgen wollen wir kommen: Sie ſehen wie lange das Schikſal unſere Wünſche täuſchte.
12. An Buchhändler Matzdorff in Berlin.
[Kopie][Hof, 16. Juli 1794]
Mir iſt als begegneten wir beide einander auf dem Meer mit25 2 Schiffen, ſo lange komts mir vor, daß wir auseinander geweſen. Entweder mein Brief über den unſterblichen Verſtorbnen iſt verloren gegangen oder Ihre Antwort darauf. — Endlich ſteh’ ich vom Steiniſchen Geburtsſtuhl auf, auf dem ich einige Jahre geſeſſen, um das närriſche Ding, wovon ich Ihnen disjecta membra poetae zu-30 [6]ſchicke, in die Welt zu ſezen — ſo daß mein Körper ſoviel Leben verlor als jener (der Roman) bekam. — Ich wolte das Paquet und meine Furcht, auf der Poſt geh’ es zum Henker, wären nicht ſo gros: ſo braucht’ ich Ihnen nicht herausgebrochne Stellen zu geben, die ihren volſtändigen Werth erſt durch die Folie und Faſſung des Zuſammen-35
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><pbfacs="#f0023"n="14"/><p>Was ſagen Sie zu meiner Geduld, die ich damit habe, daß Sie<lb/>
nichts zu mir ſagen, ob Sie es gleich verſprochen haben?</p><lb/><p>Was ſagen Sie dazu, daß ich den Sonabend (den 19<hirendition="#sup">ten</hi> Jul.) —<lb/>
komme, und zwar — wodurch ichs wieder gut mache — als Begleiter<lb/>
meines Freundes Otto, der Sie lachen und predigen hören wil? — Sie<lbn="5"/>
werden mir meine Ankunft gern für das vergeben, was ich Ihnen<lb/>
mitbringe und mein[en] lieben Otto froher empfangen als die Wiener<lb/>
einen h. Leib, da das, was er unter der Bruſt und unter der Hirnſchaale<lb/>
trägt, nicht blos in den Höfer Steppen zu den ſeltenen Gewächſen<lb/>
gehöret.<lbn="10"/></p><p>Ich wünſchte, daß Sie mich dieſe ganze Woche hindurch vor Ihrer<lb/>
Frau Gemahlin lobten, damit ich für die Beſchwerden, die ich mache,<lb/>
leichter Vergebung erhalte. Ich habe nach einem langen Interval<lb/>
wieder das Vergnügen, Sie zu verſichern, daß ich mit der volkommen-<lb/>ſten Hochachtung bin<lbn="15"/></p><closer><salute><hirendition="#right">Ew. Hochehrwürden<lb/>
gehorſ. Diener<lb/>
Fr. Richter.</hi></salute></closer><lb/><postscript><p>Meine gehorſame Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin und <hirendition="#aq">Dlle</hi><lb/>
Tochter.<lbn="20"/></p><p><hirendition="#g">Nachſchrift den 23 Jul.</hi> Morgen wollen wir kommen: Sie ſehen<lb/>
wie lange das Schikſal unſere Wünſche täuſchte.</p></postscript></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>12. An <hirendition="#g">Buchhändler Matzdorff in Berlin.</hi></head><lb/><notetype="editorial">[Kopie]</note><dateline><hirendition="#right">[Hof, 16. Juli 1794]</hi></dateline><lb/><p>Mir iſt als begegneten wir beide einander auf dem Meer mit<lbn="25"/>
2 Schiffen, ſo lange komts mir vor, daß wir auseinander geweſen.<lb/>
Entweder mein Brief über den unſterblichen Verſtorbnen iſt verloren<lb/>
gegangen oder Ihre Antwort darauf. — Endlich ſteh’ ich vom<lb/>
Steiniſchen Geburtsſtuhl auf, auf dem ich einige Jahre geſeſſen, um<lb/>
das närriſche Ding, wovon ich Ihnen <hirendition="#aq">disjecta membra poetae</hi> zu-<lbn="30"/><noteplace="left"><reftarget="1922_Bd2_6">[6]</ref></note>ſchicke, in die Welt zu ſezen —ſo daß mein Körper ſoviel Leben verlor<lb/>
als jener (der Roman) bekam. — Ich wolte das Paquet und meine<lb/>
Furcht, auf der Poſt geh’ es zum Henker, wären nicht ſo gros: ſo<lb/>
braucht’ ich Ihnen nicht herausgebrochne Stellen zu geben, die ihren<lb/>
volſtändigen Werth erſt durch die Folie und Faſſung des Zuſammen-<lbn="35"/></p></div></body></text></TEI>
[14/0023]
Was ſagen Sie zu meiner Geduld, die ich damit habe, daß Sie
nichts zu mir ſagen, ob Sie es gleich verſprochen haben?
Was ſagen Sie dazu, daß ich den Sonabend (den 19ten Jul.) —
komme, und zwar — wodurch ichs wieder gut mache — als Begleiter
meines Freundes Otto, der Sie lachen und predigen hören wil? — Sie 5
werden mir meine Ankunft gern für das vergeben, was ich Ihnen
mitbringe und mein[en] lieben Otto froher empfangen als die Wiener
einen h. Leib, da das, was er unter der Bruſt und unter der Hirnſchaale
trägt, nicht blos in den Höfer Steppen zu den ſeltenen Gewächſen
gehöret. 10
Ich wünſchte, daß Sie mich dieſe ganze Woche hindurch vor Ihrer
Frau Gemahlin lobten, damit ich für die Beſchwerden, die ich mache,
leichter Vergebung erhalte. Ich habe nach einem langen Interval
wieder das Vergnügen, Sie zu verſichern, daß ich mit der volkommen-
ſten Hochachtung bin 15
Ew. Hochehrwürden
gehorſ. Diener
Fr. Richter.
Meine gehorſame Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin und Dlle
Tochter. 20
Nachſchrift den 23 Jul. Morgen wollen wir kommen: Sie ſehen
wie lange das Schikſal unſere Wünſche täuſchte.
12. An Buchhändler Matzdorff in Berlin.
[Hof, 16. Juli 1794]
Mir iſt als begegneten wir beide einander auf dem Meer mit 25
2 Schiffen, ſo lange komts mir vor, daß wir auseinander geweſen.
Entweder mein Brief über den unſterblichen Verſtorbnen iſt verloren
gegangen oder Ihre Antwort darauf. — Endlich ſteh’ ich vom
Steiniſchen Geburtsſtuhl auf, auf dem ich einige Jahre geſeſſen, um
das närriſche Ding, wovon ich Ihnen disjecta membra poetae zu- 30
ſchicke, in die Welt zu ſezen — ſo daß mein Körper ſoviel Leben verlor
als jener (der Roman) bekam. — Ich wolte das Paquet und meine
Furcht, auf der Poſt geh’ es zum Henker, wären nicht ſo gros: ſo
braucht’ ich Ihnen nicht herausgebrochne Stellen zu geben, die ihren
volſtändigen Werth erſt durch die Folie und Faſſung des Zuſammen- 35
[6]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/23>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.