liegt das gebundne Feuer des Genies. -- Bitte, Ihr Talent dem Talent zu widmen -- und meine Hofnungen in Freuden zu ver- wandeln.
393. An Herzogin Anna Amalie in Weimar.
[Kopie][Hof, 29. Aug. 1796]5
Für die Blumen der Freude hat der Mensch keine Blumenmonate sondern nur Blumentage -- deswegen solte er besser die Kunst studieren[238] die transßend[enten] so gut aufzutroknen mit allem Farbenschmelz wie die botanischen. Dan wird der Tag ein verkleinertes Leben wie das Blat ein verkleinerter Baum ist. Die Tieff[urther] Freudenflora um10 Ihr[o] Durchlaucht hat der Blumist, der neben Ihnen herbarisierte, noch vortreflich konserviert mit so frischen Farben im Kopf als wären alle erst heute gebrochen. Ich weis noch recht gut, daß dieses Tempe wie das griechische sich in [der] Welle spiegelt [?] die es verdoppelt -- daß dieses Ermenonville wie das andre sich mit dem Denkmal einer15 hohen aber emporgeflognen Seele schmücket, die einer schönern Unsterblichkeit würdig ist als der des Namens -- und ich weis noch, daß Sie die über uns glauben ohne sich an der kleinen auf der Erde zu begnügen -- Und die dankbare Nachzählung dieser glüklichen Minuten vermehret sie alle mit d[er] glükl[ichsten]. Sie sind des Lesens längerer20 Dankadressen zu sehr gewohnt um nicht eine kurze von 4 Seiten zu vergeben.
394. An Dr. Ellrodt in Bayreuth.
[Kopie][Hof, 31. Aug. 1796]
Ihr Brief war mir eine Hand, die aus dem langen dicken Gewitter25 der jezigen Zeit vol Blut und Schwefelregen hervorgeht wie die Hand eines Engels und uns das stille Licht unbewölkter Tage zeigt. Mitten aus der Modererde der frechsten fürstlichen [?] Unmoralität wächst ein neuer Baum des Erkentnisses. Die Geschichte wird allein unser Volksprediger und unser N. T. im kriechenden Jahrhundert30 sein. -- In Ihren Lebenshorizont werden sich nur Sonne und Mond, Genus und Ruhe theilen. Ihre Fried[erike] kan dem Man das geben, wovon sie den Namen hat -- Seelenfriede. Bilden Sie Ihren Friedensengel jezt: in der Ehe thut es ein Man darum nie, warum der Vater leichter und lieber alle Kinder erzieht als seine.35
liegt das gebundne Feuer des Genies. — Bitte, Ihr Talent dem Talent zu widmen — und meine Hofnungen in Freuden zu ver- wandeln.
393. An Herzogin Anna Amalie in Weimar.
[Kopie][Hof, 29. Aug. 1796]5
Für die Blumen der Freude hat der Menſch keine Blumenmonate ſondern nur Blumentage — deswegen ſolte er beſſer die Kunſt ſtudieren[238] die transſzend[enten] ſo gut aufzutroknen mit allem Farbenſchmelz wie die botaniſchen. Dan wird der Tag ein verkleinertes Leben wie das Blat ein verkleinerter Baum iſt. Die Tieff[urther] Freudenflora um10 Ihr[o] Durchlaucht hat der Blumiſt, der neben Ihnen herbariſierte, noch vortreflich konſerviert mit ſo friſchen Farben im Kopf als wären alle erſt heute gebrochen. Ich weis noch recht gut, daß dieſes Tempe wie das griechiſche ſich in [der] Welle ſpiegelt [?] die es verdoppelt — daß dieſes Ermenonville wie das andre ſich mit dem Denkmal einer15 hohen aber emporgeflognen Seele ſchmücket, die einer ſchönern Unſterblichkeit würdig iſt als der des Namens — und ich weis noch, daß Sie die über uns glauben ohne ſich an der kleinen auf der Erde zu begnügen — Und die dankbare Nachzählung dieſer glüklichen Minuten vermehret ſie alle mit d[er] glükl[ichſten]. Sie ſind des Leſens längerer20 Dankadreſſen zu ſehr gewohnt um nicht eine kurze von 4 Seiten zu vergeben.
394. An Dr. Ellrodt in Bayreuth.
[Kopie][Hof, 31. Aug. 1796]
Ihr Brief war mir eine Hand, die aus dem langen dicken Gewitter25 der jezigen Zeit vol Blut und Schwefelregen hervorgeht wie die Hand eines Engels und uns das ſtille Licht unbewölkter Tage zeigt. Mitten aus der Modererde der frechſten fürſtlichen [?] Unmoralität wächſt ein neuer Baum des Erkentniſſes. Die Geſchichte wird allein unſer Volksprediger und unſer N. T. im kriechenden Jahrhundert30 ſein. — In Ihren Lebenshorizont werden ſich nur Sonne und Mond, Genus und Ruhe theilen. Ihre Fried[erike] kan dem Man das geben, wovon ſie den Namen hat — Seelenfriede. Bilden Sie Ihren Friedensengel jezt: in der Ehe thut es ein Man darum nie, warum der Vater leichter und lieber alle Kinder erzieht als ſeine.35
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liegt das gebundne Feuer des Genies. — Bitte, Ihr Talent dem
Talent zu widmen — und meine Hofnungen in Freuden zu ver-
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393. An Herzogin Anna Amalie in Weimar.
[Hof, 29. Aug. 1796] 5
Für die Blumen der Freude hat der Menſch keine Blumenmonate
ſondern nur Blumentage — deswegen ſolte er beſſer die Kunſt ſtudieren
die transſzend[enten] ſo gut aufzutroknen mit allem Farbenſchmelz wie
die botaniſchen. Dan wird der Tag ein verkleinertes Leben wie das
Blat ein verkleinerter Baum iſt. Die Tieff[urther] Freudenflora um 10
Ihr[o] Durchlaucht hat der Blumiſt, der neben Ihnen herbariſierte,
noch vortreflich konſerviert mit ſo friſchen Farben im Kopf als wären
alle erſt heute gebrochen. Ich weis noch recht gut, daß dieſes Tempe
wie das griechiſche ſich in [der] Welle ſpiegelt [?] die es verdoppelt —
daß dieſes Ermenonville wie das andre ſich mit dem Denkmal einer 15
hohen aber emporgeflognen Seele ſchmücket, die einer ſchönern
Unſterblichkeit würdig iſt als der des Namens — und ich weis noch,
daß Sie die über uns glauben ohne ſich an der kleinen auf der Erde zu
begnügen — Und die dankbare Nachzählung dieſer glüklichen Minuten
vermehret ſie alle mit d[er] glükl[ichſten]. Sie ſind des Leſens längerer 20
Dankadreſſen zu ſehr gewohnt um nicht eine kurze von 4 Seiten zu
vergeben.
[238]
394. An Dr. Ellrodt in Bayreuth.
[Hof, 31. Aug. 1796]
Ihr Brief war mir eine Hand, die aus dem langen dicken Gewitter 25
der jezigen Zeit vol Blut und Schwefelregen hervorgeht wie die
Hand eines Engels und uns das ſtille Licht unbewölkter Tage zeigt.
Mitten aus der Modererde der frechſten fürſtlichen [?] Unmoralität
wächſt ein neuer Baum des Erkentniſſes. Die Geſchichte wird allein
unſer Volksprediger und unſer N. T. im kriechenden Jahrhundert 30
ſein. — In Ihren Lebenshorizont werden ſich nur Sonne und Mond,
Genus und Ruhe theilen. Ihre Fried[erike] kan dem Man das geben,
wovon ſie den Namen hat — Seelenfriede. Bilden Sie Ihren
Friedensengel jezt: in der Ehe thut es ein Man darum nie, warum der
Vater leichter und lieber alle Kinder erzieht als ſeine. 35
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/253>, abgerufen am 24.11.2024.
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