Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.Sternbilder, die besser als alle Dichterbilder leiten. Ohne in deinem Über Amöne gefället mir deine reine Mathesis, nicht deine an-15 Meine Toleranz gegen Reichardt und deine gegen Amöne heben also Meltzer hat mir mit seinem Garrikschen Antagonismus zwischen -- Ich weis nicht, ob du dir nicht den kleinen Genus des Mspt-30 Lebe wohl, mein immer mehr Geliebter, ich wolte dir noch viel 19 Jean Paul Briefe. II.
Sternbilder, die beſſer als alle Dichterbilder leiten. Ohne in deinem Über Amöne gefället mir deine reine Matheſis, nicht deine an-15 Meine Toleranz gegen Reichardt und deine gegen Amöne heben alſo Meltzer hat mir mit ſeinem Garrikſchen Antagoniſmus zwiſchen — Ich weis nicht, ob du dir nicht den kleinen Genus des Mſpt-30 Lebe wohl, mein immer mehr Geliebter, ich wolte dir noch viel 19 Jean Paul Briefe. II.
<TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0304" n="289"/> Sternbilder, die beſſer als alle Dichterbilder leiten. Ohne in deinem<lb/> Falle geweſen zu ſein, errath’ ich, wirſt du mir rathen, darein zu<lb/> kommen, um zu errathen. Wenn ichs machen könte, ſo heirathete ich —<lb/> aber der Teufel ſtelt ſich immer vor das 2<hi rendition="#sup"><hi rendition="#i">t</hi>e</hi> Subjekt dazu — <hi rendition="#aq">anno</hi> 1800,<lb/> damit Ehe und Kind mit der Jahrszahl gienge. Ach ich werde zu<lb n="5"/> glüklich geweſen ſein, um es einſtmals zu — werden. Unter allen<lb/> deinen Gratulanten kan keiner, mein guter Oertel, ſo fröhlich ſein als<lb/> ich, weil keiner ſo gewis weis als <hi rendition="#g">ich,</hi> daß du jezt — <hi rendition="#g">glüklich wirſt.</hi><lb/> Dein Abbild deiner Frau hab’ ich dir einmal gemacht: nur eine ſolche<lb/> wie du gemalt und gewonnen, beglükt. Wie wil ich dir Glük <hi rendition="#g">wünſchen,</hi><note place="right"><ref target="1922_Bd2_290">[290]</ref></note><lb n="10"/> wenn du es <hi rendition="#g">haſt</hi>? Dem Wunſch deines Briefes, über oder an ſie zu<lb/> ſchreiben, nim den Zweifel: ſage mir alles recht genau — worüber, an<lb/> wen u. ſ. w. — was ich thun ſol, mit <hi rendition="#g">doppelter</hi> Freude thu’ ichs,<lb/> denn die Freundin meines Freundes iſt ja ganz auch meine.</p><lb/> <p>Über Amöne gefället mir deine <hi rendition="#g">reine</hi> Matheſis, nicht deine <hi rendition="#g">an-<lb n="15"/> gewandte.</hi> 1) Ich habe von ihr ſo viel wie du, ihr Tagebuch ꝛc.<lb/> geleſen. 2) Ich achte Thaten, nicht <hi rendition="#g">Worte 〈Gefühle〉:</hi> deine Di-<lb/> ſtinkzion zwiſchen <hi rendition="#g">Scheinen</hi> und <hi rendition="#g">Sein</hi> rettete alle poetiſche Egoiſten.<lb/> Freilich <hi rendition="#g">malet</hi> nur der weiſſe Genius, aber der kaffeebraune <hi rendition="#g">handelt</hi><lb/> und durchſtreicht oft. Der <hi rendition="#g">Bauris</hi> der Tugend iſt in jedem Herzen<lb n="20"/> und — Kiele; aber die <hi rendition="#g">Baukoſten</hi> wollen etwas ſagen. 3) Glaube<lb/> mir, in jeder Familie hatte allemal <hi rendition="#g">der</hi> Recht, der ſie am längſten<lb/> geſehen hatte, nicht ich. —</p><lb/> <p>Meine Toleranz gegen Reichardt und deine gegen Amöne heben alſo<lb/> einander auf und wir beide haben an einander nichts zu loben und zu<lb n="25"/> tadeln als was wir wechſelnd ſelber ſind. —</p><lb/> <p>Meltzer hat mir mit ſeinem Garrikſchen Antagoniſmus zwiſchen<lb/> Lachen und Weinen eine auſſerordentliche Freude geſchikt und ſie<lb/> durch ſeinen ſchlichten Brief vermehrt.</p><lb/> <p>— Ich weis nicht, ob du dir nicht den kleinen Genus des Mſpt-<lb n="30"/> Jubileums durch das Leſen vor dem Druk verdirbſt. Ich habe meinem<lb/> lieben herzigen uneigennüzigen <hi rendition="#aq">Beigang,</hi> zumal da das Buch leider<lb/> 20 Drukbögen ſtark wurde, 5 daran geſchenkt d. h. 130 rtl. hieſ. Geld.<lb/> Aber dafür fodere ich auch, daß er mir in der künftigen Woche ſogleich<lb/> die 30 <hi rendition="#aq">Ldor</hi> ſchikt.<lb n="35"/> </p> <p>Lebe wohl, mein immer mehr Geliebter, ich wolte dir noch viel<lb/> ſagen, z. B. daß ich Hof und meiner Lage nichts zu verdanken hätte als<lb/> <fw place="bottom" type="sig">19 Jean Paul Briefe. <hi rendition="#aq">II.</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [289/0304]
Sternbilder, die beſſer als alle Dichterbilder leiten. Ohne in deinem
Falle geweſen zu ſein, errath’ ich, wirſt du mir rathen, darein zu
kommen, um zu errathen. Wenn ichs machen könte, ſo heirathete ich —
aber der Teufel ſtelt ſich immer vor das 2te Subjekt dazu — anno 1800,
damit Ehe und Kind mit der Jahrszahl gienge. Ach ich werde zu 5
glüklich geweſen ſein, um es einſtmals zu — werden. Unter allen
deinen Gratulanten kan keiner, mein guter Oertel, ſo fröhlich ſein als
ich, weil keiner ſo gewis weis als ich, daß du jezt — glüklich wirſt.
Dein Abbild deiner Frau hab’ ich dir einmal gemacht: nur eine ſolche
wie du gemalt und gewonnen, beglükt. Wie wil ich dir Glük wünſchen, 10
wenn du es haſt? Dem Wunſch deines Briefes, über oder an ſie zu
ſchreiben, nim den Zweifel: ſage mir alles recht genau — worüber, an
wen u. ſ. w. — was ich thun ſol, mit doppelter Freude thu’ ichs,
denn die Freundin meines Freundes iſt ja ganz auch meine.
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Über Amöne gefället mir deine reine Matheſis, nicht deine an- 15
gewandte. 1) Ich habe von ihr ſo viel wie du, ihr Tagebuch ꝛc.
geleſen. 2) Ich achte Thaten, nicht Worte 〈Gefühle〉: deine Di-
ſtinkzion zwiſchen Scheinen und Sein rettete alle poetiſche Egoiſten.
Freilich malet nur der weiſſe Genius, aber der kaffeebraune handelt
und durchſtreicht oft. Der Bauris der Tugend iſt in jedem Herzen 20
und — Kiele; aber die Baukoſten wollen etwas ſagen. 3) Glaube
mir, in jeder Familie hatte allemal der Recht, der ſie am längſten
geſehen hatte, nicht ich. —
Meine Toleranz gegen Reichardt und deine gegen Amöne heben alſo
einander auf und wir beide haben an einander nichts zu loben und zu 25
tadeln als was wir wechſelnd ſelber ſind. —
Meltzer hat mir mit ſeinem Garrikſchen Antagoniſmus zwiſchen
Lachen und Weinen eine auſſerordentliche Freude geſchikt und ſie
durch ſeinen ſchlichten Brief vermehrt.
— Ich weis nicht, ob du dir nicht den kleinen Genus des Mſpt- 30
Jubileums durch das Leſen vor dem Druk verdirbſt. Ich habe meinem
lieben herzigen uneigennüzigen Beigang, zumal da das Buch leider
20 Drukbögen ſtark wurde, 5 daran geſchenkt d. h. 130 rtl. hieſ. Geld.
Aber dafür fodere ich auch, daß er mir in der künftigen Woche ſogleich
die 30 Ldor ſchikt. 35
Lebe wohl, mein immer mehr Geliebter, ich wolte dir noch viel
ſagen, z. B. daß ich Hof und meiner Lage nichts zu verdanken hätte als
19 Jean Paul Briefe. II.
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(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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