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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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Härte, daß ich hier die ersten 10 Jahre ganz allein und verachtet --
nur meine Otto's ausgenommen, wovon mich besonders Christ[ian]*)
[291]vor 10 J[ahren] behandelt wie jezt -- lebte, daß kein Mädgen mich
ansah, daß ich überal Has, zumal im Herold[ischen] Hause fand, daß
ich in Leipzig abends nie mehr zu essen hatte als für 6 Pfennige, daß5
ich in Hof samt meiner Mutter nichts zu essen, immer zu fürchten hatte,
und daß wir (aber sei du die Gött in der Verschwiegenheit) vom
Verkaufe alter Papiere für die Höker zulezt lebten -- daß ich doch troz
der kalten litterarischen Aufnahme meiner Satiren meinen Plan nicht
änderte -- daß ich unter Geizhälsen, Kleinstädtern stand, aber mein10
Herz nie beugen lies -- und daß ich doch, du gutes tröstendes Ge-
schik, nie holdere elysischere Tage hatte (obwohl nur in meiner Brust
und unter dem blauen Himmel) als damals. Die Augen treten mir
über, welche vergebliche nie gekante Liebe damals in meinem jugend-
lichen Herzen verglühte und erstarb. Lebe wohl, mein Oertel.15

510. An Buchhändler Beygang in Leipzig.
[Kopie]

Ich weis nicht, ob ich dadurch Ihre Gefälligkeit belohne oder blos
vermehre. Der Himmel schenke Ihnen das, was Ihre Bibliothek und
[Ihr] Museum andern giebt, Vergnügen.20

511. An Christian Otto.

Ich danke wie alle Spizbuben Gott daß Festungsstrafe erkant
worden stat des Hängens. Ich hätte viel schärfer gerichtet. Abends
aber wollen wir eines [?] mündlich verhandeln. Spasses halber send ich25
dir hier den im Sommer hingeworfnen Anfang des nur für die
"Erholungen" bestimten Seniors, der Alithea wegen. Ich danke dir
von Herzen. Aber bis ich den verdamten Queerpfeif von Seite zu
Seite hinauspeitsche, das wird Dinte kosten.

*) dessen gefühl- und kraftvollen, festen, demüthigen, rechtschaffenen, feinen,30
grundehrlichen, weichen Karakter niemand kennet als ich, nicht einmal du und
Amöne und zuweilen Jean Paul. Und er verdient eine wärmere Antwort als du ihm
zulezt gabst: bei Gott, damals sündigte nur einer, nämlich ich, er und du gleich
sehr nicht. Ich war dir, du ihm Genugthuung schuldig. Antworte separat!

Härte, daß ich hier die erſten 10 Jahre ganz allein und verachtet —
nur meine Otto’s ausgenommen, wovon mich beſonders Chriſt[ian]*)
[291]vor 10 J[ahren] behandelt wie jezt — lebte, daß kein Mädgen mich
anſah, daß ich überal Has, zumal im Herold[ischen] Hauſe fand, daß
ich in Leipzig abends nie mehr zu eſſen hatte als für 6 Pfennige, daß5
ich in Hof ſamt meiner Mutter nichts zu eſſen, immer zu fürchten hatte,
und daß wir (aber ſei du die Gött in der Verſchwiegenheit) vom
Verkaufe alter Papiere für die Höker zulezt lebten — daß ich doch troz
der kalten litterariſchen Aufnahme meiner Satiren meinen Plan nicht
änderte — daß ich unter Geizhälſen, Kleinſtädtern ſtand, aber mein10
Herz nie beugen lies — und daß ich doch, du gutes tröſtendes Ge-
ſchik, nie holdere elyſiſchere Tage hatte (obwohl nur in meiner Bruſt
und unter dem blauen Himmel) als damals. Die Augen treten mir
über, welche vergebliche nie gekante Liebe damals in meinem jugend-
lichen Herzen verglühte und erſtarb. Lebe wohl, mein Oertel.15

510. An Buchhändler Beygang in Leipzig.
[Kopie]

Ich weis nicht, ob ich dadurch Ihre Gefälligkeit belohne oder blos
vermehre. Der Himmel ſchenke Ihnen das, was Ihre Bibliothek und
[Ihr] Muſeum andern giebt, Vergnügen.20

511. An Chriſtian Otto.

Ich danke wie alle Spizbuben Gott daß Feſtungsſtrafe erkant
worden ſtat des Hängens. Ich hätte viel ſchärfer gerichtet. Abends
aber wollen wir eines [?] mündlich verhandeln. Spaſſes halber ſend ich25
dir hier den im Sommer hingeworfnen Anfang des nur für die
„Erholungen“ beſtimten Seniors, der Alithea wegen. Ich danke dir
von Herzen. Aber bis ich den verdamten Queerpfeif von Seite zu
Seite hinauspeitſche, das wird Dinte koſten.

*) deſſen gefühl- und kraftvollen, feſten, demüthigen, rechtſchaffenen, feinen,30
grundehrlichen, weichen Karakter niemand kennet als ich, nicht einmal du und
Amöne und zuweilen Jean Paul. Und er verdient eine wärmere Antwort als du ihm
zulezt gabſt: bei Gott, damals ſündigte nur einer, nämlich ich, er und du gleich
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[290/0305] Härte, daß ich hier die erſten 10 Jahre ganz allein und verachtet — nur meine Otto’s ausgenommen, wovon mich beſonders Chriſt[ian] *) vor 10 J[ahren] behandelt wie jezt — lebte, daß kein Mädgen mich anſah, daß ich überal Has, zumal im Herold[ischen] Hauſe fand, daß ich in Leipzig abends nie mehr zu eſſen hatte als für 6 Pfennige, daß 5 ich in Hof ſamt meiner Mutter nichts zu eſſen, immer zu fürchten hatte, und daß wir (aber ſei du die Gött in der Verſchwiegenheit) vom Verkaufe alter Papiere für die Höker zulezt lebten — daß ich doch troz der kalten litterariſchen Aufnahme meiner Satiren meinen Plan nicht änderte — daß ich unter Geizhälſen, Kleinſtädtern ſtand, aber mein 10 Herz nie beugen lies — und daß ich doch, du gutes tröſtendes Ge- ſchik, nie holdere elyſiſchere Tage hatte (obwohl nur in meiner Bruſt und unter dem blauen Himmel) als damals. Die Augen treten mir über, welche vergebliche nie gekante Liebe damals in meinem jugend- lichen Herzen verglühte und erſtarb. Lebe wohl, mein Oertel. 15 [291] 510. An Buchhändler Beygang in Leipzig. [Hof, 18. Jan. 1797] Ich weis nicht, ob ich dadurch Ihre Gefälligkeit belohne oder blos vermehre. Der Himmel ſchenke Ihnen das, was Ihre Bibliothek und [Ihr] Muſeum andern giebt, Vergnügen. 20 511. An Chriſtian Otto. [Hof, 18. Jan. 1797] Ich danke wie alle Spizbuben Gott daß Feſtungsſtrafe erkant worden ſtat des Hängens. Ich hätte viel ſchärfer gerichtet. Abends aber wollen wir eines [?] mündlich verhandeln. Spaſſes halber ſend ich 25 dir hier den im Sommer hingeworfnen Anfang des nur für die „Erholungen“ beſtimten Seniors, der Alithea wegen. Ich danke dir von Herzen. Aber bis ich den verdamten Queerpfeif von Seite zu Seite hinauspeitſche, das wird Dinte koſten. *) deſſen gefühl- und kraftvollen, feſten, demüthigen, rechtſchaffenen, feinen, 30 grundehrlichen, weichen Karakter niemand kennet als ich, nicht einmal du und Amöne und zuweilen Jean Paul. Und er verdient eine wärmere Antwort als du ihm zulezt gabſt: bei Gott, damals ſündigte nur einer, nämlich ich, er und du gleich ſehr nicht. Ich war dir, du ihm Genugthuung ſchuldig. Antworte ſeparat!

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/305>, abgerufen am 22.11.2024.