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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.

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satten Wünsche hat und in der noch immer mehr Wärme ist als die
Freundschaft braucht, thut ihm jezt recht wol. Warlich ich wuste oft
nicht recht, was ich mit meinen tollen Foderungen (das Papier taugt
nichts) haben wolte, die ich oft an 10 auf einmal that. Ich fühlte es
erst wieder in Bayreuth, daß ich, -- indem ich Wünsche aufgebe,5
deren Erfüllung mich noch mehr ärgern würde als ihre Stöhrung, --
erst dadurch des stillern edlern Genusses der schönen weiblichen Seelen
würdig, wenigstens fähig werde -- daß man dan neben dem schönsten
weiblichen Kopfe noch weis, wo einem der eigne steht -- daß man
dan noch sich erinnert, wie es nicht 1 Frau auf der Erde gebe sondern10
500,000,000 -- und daß man dan mehr Launen erträgt und weniger
besizt.

Ich lege Ihnen in diesen Confessions meine ganze Seele enthüllet in
Ihr Herz, aber Sie müssen sie wieder vor andern zuhüllen. Ueberhaupt
stelte sich nur einmal eine Poststrasse zwischen uns beide: so würd' uns15
eben die Entfernung einander durch Briefe nähern. -- Die Beob-
achtungen, die ich seit einiger Zeit mit so vieler Freude über die
Sonnenseite Ihres Innern machte, geben mir so viel Muth, hier
Ihnen vorzuplaudern, daß ich fast nichts fürchte als blos Ihre --
Langweile.20

In Rüksicht der C. erstaunt' ich eben so über das Lob, das Sie mir
geben, als über das, das Sie ihr nehmen. Die Laune der C. ertrag' ich
[16]gern, weil ich glaube, sie hat Recht dazu -- weil sie fast gezwungen ist,
einen Menschen der immer so verschiedne Seiten wies, von der neuen
nicht zu sehen -- weil ich der Himmel weis wie, gegen sie weniger25
Muth und Freimüthigkeit bewies als gegen irgend jemand. Ich ärgere
mich höchstens über die Rechtmässigkeit der Laune. Wenn diese aber
aus keinem Misverständnis, sondern aus feindseeliger Koketterie
herkäme -- welches mir unmöglich scheint --: so wär' es Ihre Pflicht,
aus Ihren Winken Worte zu machen und mich überhaupt wenn ich in30
einem grossen Irthum bin, daraus zu ziehen. Jezt da ich Sie dazu
auffodere: ist Ihre Freimüthigkeit die gröste Güte. Wenn man wie Sie
Vermuthungen giebt, die nachher bei mir immer über die Gränzen
laufen: so müssen Sie jenen diese sezen durch Deutlichkeit. Ich darf
Sie bitten, mir zu sagen, in wiefern Ihnen gestern Anlas gegeben35
wurde, meine Sache mit so vieler gütigen Theilnahme zur Ihrigen zu
machen. -- Sobald ich vom Tische hier aufstehe, tret' ich vor Sie.

ſatten Wünſche hat und in der noch immer mehr Wärme iſt als die
Freundſchaft braucht, thut ihm jezt recht wol. Warlich ich wuſte oft
nicht recht, was ich mit meinen tollen Foderungen (das Papier taugt
nichts) haben wolte, die ich oft an 10 auf einmal that. Ich fühlte es
erſt wieder in Bayreuth, daß ich, — indem ich Wünſche aufgebe,5
deren Erfüllung mich noch mehr ärgern würde als ihre Stöhrung, —
erſt dadurch des ſtillern edlern Genuſſes der ſchönen weiblichen Seelen
würdig, wenigſtens fähig werde — daß man dan neben dem ſchönſten
weiblichen Kopfe noch weis, wo einem der eigne ſteht — daß man
dan noch ſich erinnert, wie es nicht 1 Frau auf der Erde gebe ſondern10
500,000,000 — und daß man dan mehr Launen erträgt und weniger
beſizt.

Ich lege Ihnen in dieſen Confessions meine ganze Seele enthüllet in
Ihr Herz, aber Sie müſſen ſie wieder vor andern zuhüllen. Ueberhaupt
ſtelte ſich nur einmal eine Poſtſtraſſe zwiſchen uns beide: ſo würd’ uns15
eben die Entfernung einander durch Briefe nähern. — Die Beob-
achtungen, die ich ſeit einiger Zeit mit ſo vieler Freude über die
Sonnenſeite Ihres Innern machte, geben mir ſo viel Muth, hier
Ihnen vorzuplaudern, daß ich faſt nichts fürchte als blos Ihre —
Langweile.20

In Rükſicht der C. erſtaunt’ ich eben ſo über das Lob, das Sie mir
geben, als über das, das Sie ihr nehmen. Die Laune der C. ertrag’ ich
[16]gern, weil ich glaube, ſie hat Recht dazu — weil ſie faſt gezwungen iſt,
einen Menſchen der immer ſo verſchiedne Seiten wies, von der neuen
nicht zu ſehen — weil ich der Himmel weis wie, gegen ſie weniger25
Muth und Freimüthigkeit bewies als gegen irgend jemand. Ich ärgere
mich höchſtens über die Rechtmäſſigkeit der Laune. Wenn dieſe aber
aus keinem Misverſtändnis, ſondern aus feindſeeliger Koketterie
herkäme — welches mir unmöglich ſcheint —: ſo wär’ es Ihre Pflicht,
aus Ihren Winken Worte zu machen und mich überhaupt wenn ich in30
einem groſſen Irthum bin, daraus zu ziehen. Jezt da ich Sie dazu
auffodere: iſt Ihre Freimüthigkeit die gröſte Güte. Wenn man wie Sie
Vermuthungen giebt, die nachher bei mir immer über die Gränzen
laufen: ſo müſſen Sie jenen dieſe ſezen durch Deutlichkeit. Ich darf
Sie bitten, mir zu ſagen, in wiefern Ihnen geſtern Anlas gegeben35
wurde, meine Sache mit ſo vieler gütigen Theilnahme zur Ihrigen zu
machen. — Sobald ich vom Tiſche hier aufſtehe, tret’ ich vor Sie.

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[24/0033] ſatten Wünſche hat und in der noch immer mehr Wärme iſt als die Freundſchaft braucht, thut ihm jezt recht wol. Warlich ich wuſte oft nicht recht, was ich mit meinen tollen Foderungen (das Papier taugt nichts) haben wolte, die ich oft an 10 auf einmal that. Ich fühlte es erſt wieder in Bayreuth, daß ich, — indem ich Wünſche aufgebe, 5 deren Erfüllung mich noch mehr ärgern würde als ihre Stöhrung, — erſt dadurch des ſtillern edlern Genuſſes der ſchönen weiblichen Seelen würdig, wenigſtens fähig werde — daß man dan neben dem ſchönſten weiblichen Kopfe noch weis, wo einem der eigne ſteht — daß man dan noch ſich erinnert, wie es nicht 1 Frau auf der Erde gebe ſondern 10 500,000,000 — und daß man dan mehr Launen erträgt und weniger beſizt. Ich lege Ihnen in dieſen Confessions meine ganze Seele enthüllet in Ihr Herz, aber Sie müſſen ſie wieder vor andern zuhüllen. Ueberhaupt ſtelte ſich nur einmal eine Poſtſtraſſe zwiſchen uns beide: ſo würd’ uns 15 eben die Entfernung einander durch Briefe nähern. — Die Beob- achtungen, die ich ſeit einiger Zeit mit ſo vieler Freude über die Sonnenſeite Ihres Innern machte, geben mir ſo viel Muth, hier Ihnen vorzuplaudern, daß ich faſt nichts fürchte als blos Ihre — Langweile. 20 In Rükſicht der C. erſtaunt’ ich eben ſo über das Lob, das Sie mir geben, als über das, das Sie ihr nehmen. Die Laune der C. ertrag’ ich gern, weil ich glaube, ſie hat Recht dazu — weil ſie faſt gezwungen iſt, einen Menſchen der immer ſo verſchiedne Seiten wies, von der neuen nicht zu ſehen — weil ich der Himmel weis wie, gegen ſie weniger 25 Muth und Freimüthigkeit bewies als gegen irgend jemand. Ich ärgere mich höchſtens über die Rechtmäſſigkeit der Laune. Wenn dieſe aber aus keinem Misverſtändnis, ſondern aus feindſeeliger Koketterie herkäme — welches mir unmöglich ſcheint —: ſo wär’ es Ihre Pflicht, aus Ihren Winken Worte zu machen und mich überhaupt wenn ich in 30 einem groſſen Irthum bin, daraus zu ziehen. Jezt da ich Sie dazu auffodere: iſt Ihre Freimüthigkeit die gröſte Güte. Wenn man wie Sie Vermuthungen giebt, die nachher bei mir immer über die Gränzen laufen: ſo müſſen Sie jenen dieſe ſezen durch Deutlichkeit. Ich darf Sie bitten, mir zu ſagen, in wiefern Ihnen geſtern Anlas gegeben 35 wurde, meine Sache mit ſo vieler gütigen Theilnahme zur Ihrigen zu machen. — Sobald ich vom Tiſche hier aufſtehe, tret’ ich vor Sie. [16]

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:02:06Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:02:06Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe02_1958/33>, abgerufen am 21.11.2024.