Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 2. Berlin, 1958.brochen werden kan, die Zurükkehr selber zu versperren. -- Ach du Gute, Ich hab es wieder überlesen und solt' es kaum schicken. Meine Ge- 43. An Christian Otto. [Hof] d. 5 Nov. 94.d. 16 Nov. 94. Mein lieber Christian, Du siehst aus dem doppelten Datum meine Entschuldigung. Ich15 Ich verschiebe das über Kants Prinzip, wozu mir deine 3te Seite (der Nenner bedeutet den Bogen, der Zähler die Seite) Aus der *) Denn du must ohne Voraussezung eines 2ten Lebens lieber sterben (also keine Tugenden mehr haben) als Laster haben. 3 Jean Paul Briefe. II.
brochen werden kan, die Zurükkehr ſelber zu verſperren. — Ach du Gute, Ich hab es wieder überleſen und ſolt’ es kaum ſchicken. Meine Ge- 43. An Chriſtian Otto. [Hof] d. 5 Nov. 94.d. 16 Nov. 94. Mein lieber Chriſtian, Du ſiehſt aus dem doppelten Datum meine Entſchuldigung. Ich15 Ich verſchiebe das über Kants Prinzip, wozu mir deine 3te Seite (der Nenner bedeutet den Bogen, der Zähler die Seite) Aus der *) Denn du muſt ohne Vorausſezung eines 2ten Lebens lieber ſterben (alſo keine Tugenden mehr haben) als Laſter haben. 3 Jean Paul Briefe. II.
<TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="33"/> brochen werden kan, die Zurükkehr ſelber zu verſperren. — Ach du Gute,<lb/> wenn ich deine müde Seele martere ſo vergieb mirs — ich lieb dich zu<lb/> ſehr, Gute Gute.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Ich hab es wieder überleſen und ſolt’ es kaum ſchicken. Meine Ge-<lb/> heimniſſe ſollen nicht dem Zufal blosſtehen, daher geben Sie mir das<lb n="5"/> Blat nach 8 Tagen wieder zurük: Ihnen bleibts ewig. Wenn auch auf<lb/> dieſes wieder Stilſchweigen Ihre Antwort iſt: ſo iſts keine gerechte.<lb/> Aber da ich das nicht fürchte: ſo wil ich meinen Bruder um 5 Uhr mit<note place="right"><ref target="1922_Bd2_25">[25]</ref></note><lb/> dem Reiszeug ſchicken, damit Sie ihm ein Blätgen als einen Wieder-<lb/> ſchein einer künftigen ruhigern Zeit mitgeben.<lb n="10"/> </p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>43. An <hi rendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">[Hof] d. 5 Nov. 94.<lb/> d. 16 Nov. 94.</hi> </dateline><lb/> <opener> <salute> <hi rendition="#et">Mein lieber Chriſtian,</hi> </salute> </opener><lb/> <p>Du ſiehſt aus dem doppelten Datum meine Entſchuldigung. Ich<lb n="15"/> wolte deine Abhandlung mit einer begleiten — und du ſiehſt das<lb/> magere dünne Ding jezt. Las dir genügen an dem <hi rendition="#aq">animus — dis-<lb/> putandi,</hi> mehr bring ich nicht.</p><lb/> <p>Ich verſchiebe das über Kants Prinzip, wozu mir deine 3<hi rendition="#sup">te</hi> Seite<lb/> Anlas giebt, bis zulezt.<lb n="20"/> </p> <p><formula notation="TeX">\frac {7}{1}</formula> (der Nenner bedeutet den Bogen, der Zähler die Seite) Aus der<lb/> Nothwendigkeit des Lebens zur Sitlichkeit kan man darum den Begrif<lb/> des Eigenthums nicht nehmen, weil Sitlichkeit nur die Bedingung<lb/> des Lebens iſt, die nachher ohne ihren Schaden mit dieſem wegfält<lb/> — und weil du ja dein Leben der Sitlichkeit aufopferſt, d. h. du opferſt<lb n="25"/> die poſitive Fortdauer der Sitlichkeit<note place="foot" n="*)">Denn du muſt ohne Vorausſezung eines 2<hi rendition="#sup">ten</hi> Lebens lieber ſterben (alſo keine<lb/> Tugenden mehr haben) als Laſter haben.</note> der negativen auf. Aus der<lb/> Nothwendigkeit der Glükſeligkeit kanſt du den Begrif ziehen; aber durch<lb/> eine Menge Mittelbegriffe, die darauf hinauskommen: das Eigen-<lb/> thum iſt eine Schenkung eines höhern Weſens, das uns beglücken wil.<lb/> Da aber bei dieſem wieder der Grund des Eigenthums anzuführen iſt,<lb n="30"/> der iſt: „es iſt ſein, weil ers gemacht hat“: ſo folgt, daß wir auſſer dem<lb/><hi rendition="#g">Geſchenkten</hi> auch kein Eigenthum haben als unſere Geſchöpfe: d. h.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">3 Jean Paul Briefe. <hi rendition="#aq">II.</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [33/0042]
brochen werden kan, die Zurükkehr ſelber zu verſperren. — Ach du Gute,
wenn ich deine müde Seele martere ſo vergieb mirs — ich lieb dich zu
ſehr, Gute Gute.
Ich hab es wieder überleſen und ſolt’ es kaum ſchicken. Meine Ge-
heimniſſe ſollen nicht dem Zufal blosſtehen, daher geben Sie mir das 5
Blat nach 8 Tagen wieder zurük: Ihnen bleibts ewig. Wenn auch auf
dieſes wieder Stilſchweigen Ihre Antwort iſt: ſo iſts keine gerechte.
Aber da ich das nicht fürchte: ſo wil ich meinen Bruder um 5 Uhr mit
dem Reiszeug ſchicken, damit Sie ihm ein Blätgen als einen Wieder-
ſchein einer künftigen ruhigern Zeit mitgeben. 10
[25]
43. An Chriſtian Otto.
[Hof] d. 5 Nov. 94.
d. 16 Nov. 94.
Mein lieber Chriſtian,
Du ſiehſt aus dem doppelten Datum meine Entſchuldigung. Ich 15
wolte deine Abhandlung mit einer begleiten — und du ſiehſt das
magere dünne Ding jezt. Las dir genügen an dem animus — dis-
putandi, mehr bring ich nicht.
Ich verſchiebe das über Kants Prinzip, wozu mir deine 3te Seite
Anlas giebt, bis zulezt. 20
[FORMEL] (der Nenner bedeutet den Bogen, der Zähler die Seite) Aus der
Nothwendigkeit des Lebens zur Sitlichkeit kan man darum den Begrif
des Eigenthums nicht nehmen, weil Sitlichkeit nur die Bedingung
des Lebens iſt, die nachher ohne ihren Schaden mit dieſem wegfält
— und weil du ja dein Leben der Sitlichkeit aufopferſt, d. h. du opferſt 25
die poſitive Fortdauer der Sitlichkeit *) der negativen auf. Aus der
Nothwendigkeit der Glükſeligkeit kanſt du den Begrif ziehen; aber durch
eine Menge Mittelbegriffe, die darauf hinauskommen: das Eigen-
thum iſt eine Schenkung eines höhern Weſens, das uns beglücken wil.
Da aber bei dieſem wieder der Grund des Eigenthums anzuführen iſt, 30
der iſt: „es iſt ſein, weil ers gemacht hat“: ſo folgt, daß wir auſſer dem
Geſchenkten auch kein Eigenthum haben als unſere Geſchöpfe: d. h.
*) Denn du muſt ohne Vorausſezung eines 2ten Lebens lieber ſterben (alſo keine
Tugenden mehr haben) als Laſter haben.
3 Jean Paul Briefe. II.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:02:06Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |