Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.137. An Christian Otto. Leipzig d. 12 Oct. 98.Lieber Christian, Nach der Lesung der 3 Briefe sei so gut und bitte Herold, auf seine R. (*)138. An Friedrich Heinrich Jacobi in Eutin. Leipzig d. 13 Oct. 1798.Verehrtester Lehrer meines Innersten! -- So oft dieses in der Philo- Sie können aus meinen Werken nur wenig errathen, wie viel mein Jezt in diesem Wolfsmonat der Litteratur, wo eine ästhetische 137. An Chriſtian Otto. Leipzig d. 12 Oct. 98.Lieber Chriſtian, Nach der Leſung der 3 Briefe ſei ſo gut und bitte Herold, auf ſeine R. (*)138. An Friedrich Heinrich Jacobi in Eutin. Leipzig d. 13 Oct. 1798.Verehrteſter Lehrer meines Innerſten! — So oft dieſes in der Philo- Sie können aus meinen Werken nur wenig errathen, wie viel mein Jezt in dieſem Wolfsmonat der Litteratur, wo eine äſthetiſche <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0115" n="106"/> <div type="letter" n="1"> <head>137. An <hi rendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Leipzig d. 12 Oct.</hi> 98.</hi> </dateline><lb/> <salute> <hi rendition="#et">Lieber Chriſtian,</hi> </salute><lb/> <p>Nach der Leſung der 3 Briefe ſei ſo gut und bitte Herold, auf ſeine<lb/> Rechnung in Frankfurt <hi rendition="#g">an meinen Bruder,</hi> nicht an Böhm, fünf<lb n="5"/> <hi rendition="#aq">Carolin</hi> auszahlen zu laſſen und dieſes Blätgen an ihn mitzuſenden.<lb/> Nie dauerte mich ein Geld mehr; lieber wolt’ ich 1000 fl. mit der<lb/> Touloner Kaſſe ins Waſſer fallen ſehen. Schreibe mir bald und noch<lb/> hieher — ich bleibe vielleicht einige Tage länger. — Die Geldſache<lb/> braucht wegen der Univerſität <hi rendition="#g">Eiligkeit.</hi> Lebe wohl und vergieb!<lb n="10"/> </p> <closer> <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>(*)138. An <hi rendition="#g">Friedrich Heinrich Jacobi in Eutin.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Leipzig d. 13 Oct.</hi> 1798.</hi> </dateline><lb/> <p>Verehrteſter Lehrer meines Innerſten! — So oft dieſes in der Philo-<lb/> ſophie einen Feind antrift, ſo denk’ ich an Sie als an den königlichen<lb n="15"/> Beſchüzer ſeines Glaubens und wil mein Schreiben nicht länger<lb/> verſchieben. Und jezt thu’ ichs genöthigt, da ich in der neueſten Äuſſe-<lb/> rung des Fichteſchen Spinoziſmus drei Harmonien ohne einen ſupra-<lb/> mundanen Harmoniſten finde, die der Sinnenwelt, die der moraliſchen<lb/> und eine dritte präſtabilierte zwiſchen beiden, nach Art der 3 Ton-<lb n="20"/> leitern, der diatoniſchen, enharmoniſchen und chromatiſchen. —</p><lb/> <p>Sie können aus meinen Werken nur wenig errathen, wie viel mein<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd3_116">[116]</ref></note>Herz und mein innerer Tag den Ihrigen ſchuldig iſt. Und wie mich die<lb/> jezige <hi rendition="#aq">fuga pleni,</hi> der transſzendente Fohiſmus, der gern jeden Welten-<lb/> und Kometenkern in einen Nebel zertreiben wil, traurig und beklom-<lb n="25"/> men macht: ſo erhebt mich wieder jedes aufgeſpürte Gerücht irgend<lb/> eines Werks, das Sie der Aſthenie des Jahrhunderts entgegen-<lb/> ſezen.</p><lb/> <p>Jezt in dieſem Wolfsmonat der Litteratur, wo eine äſthetiſche<lb/> <Schlegelſche> Erhebung über die Erhebung alles Poſitive unter<lb n="30"/> Termen-Schnee vergräbt, und wo man an der moraliſchen Welt wie<lb/> am Monde nur die verglaſete Seite ſieht, indes die abgekehrte — nach<lb/> Kant aber nur beim Monde — Luft und Auen hat, da iſt Ihre Dicht-<lb/> kunſt und Ihre Philoſophie, — gleichſam <hi rendition="#aq">Circenses et panis,</hi> — uns<lb/> unentbehrlich, nämlich Ihre Fortſezung derſelben.<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [106/0115]
137. An Chriſtian Otto.
Leipzig d. 12 Oct. 98.
Lieber Chriſtian,
Nach der Leſung der 3 Briefe ſei ſo gut und bitte Herold, auf ſeine
Rechnung in Frankfurt an meinen Bruder, nicht an Böhm, fünf 5
Carolin auszahlen zu laſſen und dieſes Blätgen an ihn mitzuſenden.
Nie dauerte mich ein Geld mehr; lieber wolt’ ich 1000 fl. mit der
Touloner Kaſſe ins Waſſer fallen ſehen. Schreibe mir bald und noch
hieher — ich bleibe vielleicht einige Tage länger. — Die Geldſache
braucht wegen der Univerſität Eiligkeit. Lebe wohl und vergieb! 10
R.
(*)138. An Friedrich Heinrich Jacobi in Eutin.
Leipzig d. 13 Oct. 1798.
Verehrteſter Lehrer meines Innerſten! — So oft dieſes in der Philo-
ſophie einen Feind antrift, ſo denk’ ich an Sie als an den königlichen 15
Beſchüzer ſeines Glaubens und wil mein Schreiben nicht länger
verſchieben. Und jezt thu’ ichs genöthigt, da ich in der neueſten Äuſſe-
rung des Fichteſchen Spinoziſmus drei Harmonien ohne einen ſupra-
mundanen Harmoniſten finde, die der Sinnenwelt, die der moraliſchen
und eine dritte präſtabilierte zwiſchen beiden, nach Art der 3 Ton- 20
leitern, der diatoniſchen, enharmoniſchen und chromatiſchen. —
Sie können aus meinen Werken nur wenig errathen, wie viel mein
Herz und mein innerer Tag den Ihrigen ſchuldig iſt. Und wie mich die
jezige fuga pleni, der transſzendente Fohiſmus, der gern jeden Welten-
und Kometenkern in einen Nebel zertreiben wil, traurig und beklom- 25
men macht: ſo erhebt mich wieder jedes aufgeſpürte Gerücht irgend
eines Werks, das Sie der Aſthenie des Jahrhunderts entgegen-
ſezen.
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Jezt in dieſem Wolfsmonat der Litteratur, wo eine äſthetiſche
<Schlegelſche> Erhebung über die Erhebung alles Poſitive unter 30
Termen-Schnee vergräbt, und wo man an der moraliſchen Welt wie
am Monde nur die verglaſete Seite ſieht, indes die abgekehrte — nach
Kant aber nur beim Monde — Luft und Auen hat, da iſt Ihre Dicht-
kunſt und Ihre Philoſophie, — gleichſam Circenses et panis, — uns
unentbehrlich, nämlich Ihre Fortſezung derſelben. 35
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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