Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.Da ich jezt nach Weimar ziehe: so dacht' ich oft an den Plan und O Verehrtester! schon dieses Schreiben erfrischt mich; wie würde Verzeihen Sie mir den Ton, der von der Vertraulichkeit meines10 Vergönnen Sie meinen innigsten Wünschen eine Antwort: so bitt' Wenn je meine Seele am Schlusse eines Briefes die herzlichsten J. P. F. Richter 139. An Gräfin Münster in Königsbrück.[117] Leipzig d. 14. Okt. 98.Ich weis nicht, gnädige Frau, sol ich die Erscheinung oder die Ver- Aber meine Erinnerungen an die zauberischen Frucht- und Blumen- Ich habe Ihr gütiges Anerbieten zur Spedizion an Jacobi endlich35 Da ich jezt nach Weimar ziehe: ſo dacht’ ich oft an den Plan und O Verehrteſter! ſchon dieſes Schreiben erfriſcht mich; wie würde Verzeihen Sie mir den Ton, der von der Vertraulichkeit meines10 Vergönnen Sie meinen innigſten Wünſchen eine Antwort: ſo bitt’ Wenn je meine Seele am Schluſſe eines Briefes die herzlichſten J. P. F. Richter 139. An Gräfin Münſter in Königsbrück.[117] Leipzig d. 14. Okt. 98.Ich weis nicht, gnädige Frau, ſol ich die Erſcheinung oder die Ver- Aber meine Erinnerungen an die zauberiſchen Frucht- und Blumen- Ich habe Ihr gütiges Anerbieten zur Spedizion an Jacobi endlich35 <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <pb facs="#f0116" n="107"/> <p>Da ich jezt nach <hi rendition="#aq">Weimar</hi> ziehe: ſo dacht’ ich oft an den Plan und<lb/> Wunſch einer Monatsſchrift gegen das jezige philoſophiſche Laterni-<lb/> ſieren alles (innern) Lebendigen — und zwar müſte dieſe Anbetung des<lb/> Götlichen durch 3 Weiſen aus <hi rendition="#g">Morgenland</hi> geſchehen, durch Sie,<lb/> und <hi rendition="#aq">Herder</hi> — dem ich noch nichts davon geſagt — und — da immer<lb n="5"/> ein Mohr dabei iſt — durch mich.</p><lb/> <p>O Verehrteſter! ſchon dieſes Schreiben erfriſcht mich; wie würde<lb/> mich Ihr Anblik erquicken, da doch der Traum des Vorbilderns er-<lb/> blaſſet vor dem Wachen der Gegenwart! —</p><lb/> <p>Verzeihen Sie mir den Ton, der von der Vertraulichkeit meines<lb n="10"/> Herzens mit Ihren Schriften die ſeinige entlehnt! Ich wolte meinen<lb/> Aufenthalt in Leipzig, gleichſam wie die Jahrszeit, mit einem magiſchen<lb/> Nachſommer beſchlieſſen.</p><lb/> <p>Vergönnen Sie meinen innigſten Wünſchen eine Antwort: ſo bitt’<lb/> ich Sie daher, Sie an Herder abgeben zu laſſen, weil ich nach Weimar<lb n="15"/> ziehe und wär’ es nur eben dieſes alſeitigen Geiſtes wegen, für welchen<lb/> der Aether das <hi rendition="#aq">sensorium commune</hi> aller Wahrheiten und Wiſſen-<lb/> ſchaften iſt. —</p><lb/> <p>Wenn je meine Seele am Schluſſe eines Briefes die herzlichſten<lb/> Wünſche für ein fremdes Glük und Leben that: ſo iſt es an dieſem!<lb n="20"/> </p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">J. P. F. Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>139. An <hi rendition="#g">Gräfin Münſter in Königsbrück.</hi><note place="right"><ref target="1922_Bd3_117">[117]</ref></note></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right">Leipzig d. 14. Okt. 98.</hi> </dateline><lb/> <p>Ich weis nicht, gnädige Frau, ſol ich die Erſcheinung oder die Ver-<lb/> ſpätung meines Briefes entſchuldigen — mögen Sie beides ver-<lb n="25"/> geben! —</p><lb/> <p>Aber meine Erinnerungen an die zauberiſchen Frucht- und Blumen-<lb/> ſtücke bei Ihnen (aber ohne Dornenſtücke), welche ein ſchöner Himmel<lb/> und eine Frühlingserde in ihren Rahmen faſſeten, und meinen Dank<lb/> dafür hab’ ich nicht verſchoben, wie den Brief, ſondern bisher oft<lb n="30"/> wiederholt. Mög’ Ihnen, ſanfte helle Seele, auf Ihrem Lebenswege<lb/> kein kälteres und dunkleres Thal begegnen als ein — Seifersdörfer!<lb/> Und mögen Sie dan darin ſo gute Träume und ſo gute Geſelſchaft<lb/> finden als ich im wirklichen! —</p><lb/> <p>Ich habe Ihr gütiges Anerbieten zur Spedizion an Jacobi endlich<lb n="35"/> genüzt; und ich danke Ihnen im voraus für das Verzeihen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [107/0116]
Da ich jezt nach Weimar ziehe: ſo dacht’ ich oft an den Plan und
Wunſch einer Monatsſchrift gegen das jezige philoſophiſche Laterni-
ſieren alles (innern) Lebendigen — und zwar müſte dieſe Anbetung des
Götlichen durch 3 Weiſen aus Morgenland geſchehen, durch Sie,
und Herder — dem ich noch nichts davon geſagt — und — da immer 5
ein Mohr dabei iſt — durch mich.
O Verehrteſter! ſchon dieſes Schreiben erfriſcht mich; wie würde
mich Ihr Anblik erquicken, da doch der Traum des Vorbilderns er-
blaſſet vor dem Wachen der Gegenwart! —
Verzeihen Sie mir den Ton, der von der Vertraulichkeit meines 10
Herzens mit Ihren Schriften die ſeinige entlehnt! Ich wolte meinen
Aufenthalt in Leipzig, gleichſam wie die Jahrszeit, mit einem magiſchen
Nachſommer beſchlieſſen.
Vergönnen Sie meinen innigſten Wünſchen eine Antwort: ſo bitt’
ich Sie daher, Sie an Herder abgeben zu laſſen, weil ich nach Weimar 15
ziehe und wär’ es nur eben dieſes alſeitigen Geiſtes wegen, für welchen
der Aether das sensorium commune aller Wahrheiten und Wiſſen-
ſchaften iſt. —
Wenn je meine Seele am Schluſſe eines Briefes die herzlichſten
Wünſche für ein fremdes Glük und Leben that: ſo iſt es an dieſem! 20
J. P. F. Richter
139. An Gräfin Münſter in Königsbrück.
Leipzig d. 14. Okt. 98.
Ich weis nicht, gnädige Frau, ſol ich die Erſcheinung oder die Ver-
ſpätung meines Briefes entſchuldigen — mögen Sie beides ver- 25
geben! —
Aber meine Erinnerungen an die zauberiſchen Frucht- und Blumen-
ſtücke bei Ihnen (aber ohne Dornenſtücke), welche ein ſchöner Himmel
und eine Frühlingserde in ihren Rahmen faſſeten, und meinen Dank
dafür hab’ ich nicht verſchoben, wie den Brief, ſondern bisher oft 30
wiederholt. Mög’ Ihnen, ſanfte helle Seele, auf Ihrem Lebenswege
kein kälteres und dunkleres Thal begegnen als ein — Seifersdörfer!
Und mögen Sie dan darin ſo gute Träume und ſo gute Geſelſchaft
finden als ich im wirklichen! —
Ich habe Ihr gütiges Anerbieten zur Spedizion an Jacobi endlich 35
genüzt; und ich danke Ihnen im voraus für das Verzeihen.
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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