Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.und meine halbe Liebe findet jezt ein ofneres Herz als sonst meine O meine Amöne! Wie fest und sanft bist du an meiner Seele! Wie Richter 191. An Christian Otto. Weimar d. 6. Jenn. 99.Mein guter Otto in jedem Jahr! Ich schreibe dir sobald, um dir15 Zweitens hab ich jezt mit der Titanide ein Elysium ohne Schwaden, 10 Jean Paul Briefe. III.
und meine halbe Liebe findet jezt ein ofneres Herz als ſonſt meine O meine Amöne! Wie feſt und ſanft biſt du an meiner Seele! Wie Richter 191. An Chriſtian Otto. Weimar d. 6. Jenn. 99.Mein guter Otto in jedem Jahr! Ich ſchreibe dir ſobald, um dir15 Zweitens hab ich jezt mit der Titanide ein Elyſium ohne Schwaden, 10 Jean Paul Briefe. III.
<TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0155" n="145"/> und meine halbe Liebe findet jezt ein ofneres Herz als ſonſt meine<lb/><hi rendition="#g">mich verſchwendende</hi> ganze. — Es iſt eine mich im Innerſten<lb/> rührende Ausſicht, daß ich nun ſo gewis weis, daß ich und Sie und<lb/> alle meine Freundinnen eine ganze irdiſche Ewigkeit der wachſenden<lb/> Liebe vor uns haben und daß gerade die <hi rendition="#g">künftigen,</hi> ſonſt Andere<lb n="5"/> trennenden Verhältniſſe nur neue Arme werden, die uns verketten<lb/> und bis zum aufgehenden Grabe an einander erhalten.</p><lb/> <p>O meine Amöne! Wie feſt und ſanft biſt du an meiner Seele! Wie<lb/> unverwelklich ſind unſere Stunden! Ach dir allein war meine bren-<lb/> nende Seele offen, als der <hi rendition="#aq">Hesperus</hi> aus ihr quol. — Ich fürchte mich<lb n="10"/> faſt vor der Entzückung des künftigen Frühlings und vor dem Seufzer,<lb/> der ihn endigt! —</p> <closer> <salute> <hi rendition="#sameLine"> <hi rendition="#right">Richter</hi> </hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>191. An <hi rendition="#g">Chriſtian Otto.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Weimar</hi> d. 6. Jenn. 99.</hi> </dateline><lb/> <p>Mein guter Otto in jedem Jahr! Ich ſchreibe dir ſobald, um dir<lb n="15"/> meine ſchöne Neujahrsmorgenröthe, die nicht an Wolken hängt<lb/> ſondern im Himmels Blau, zu zeigen. Erſtlich iſt mir die dikſte Gewitter-<note place="right"><ref target="1922_Bd3_161">[161]</ref></note><lb/> wolke weggehoben; mein Bruder iſt in Sparnek. Er wil in <hi rendition="#aq">Erlang</hi><lb/> ſtudieren; und ich glaube, da er als Fremder mit einem akademiſchen<lb/> Pas hinkomt, müſſen ſie ihn annehmen. Im entgegengeſezten Falle<lb n="20"/> ſchreib’ es ihm, damit der Weg nicht vergeblich iſt. — Danke dem<lb/><hi rendition="#aq">Emanuel</hi> für ſeine Sorge. O jezt iſt doch nicht mehr jede Freude und<lb/> ſelber der Poſtbote mehr ein Ochſenauge am Horizont des Kaps!</p><lb/> <p>Zweitens hab ich jezt mit der Titanide ein Elyſium ohne Schwaden,<lb/> alles iſt leicht und recht und <hi rendition="#g">gelöſet.</hi> Nur etwas, denn das Ganze<lb n="25"/> bleibt dem Lenz! Ich ſchikte ihr den Tag nach der eiſernen Stunde ein<lb/> linderndes Blätgen. Ich ſah ſie darauf in ziemlichen Zwiſchenräumen<lb/> immer nur vor Zeugen. Sie hatte mir einige Briefe von Amöne und<lb/> Emanuel ꝛc. (nur du biſt und bleibſt die ewige Ausnahme aber für<lb/> dieſes Weſen ſolteſt du mir eine Ausnahme von der Ausnahme ver-<lb n="30"/> ſtatten) abgebettelt, die ich aus Furcht, Flammen in die Flammen zu<lb/> werfen, nur ungern und nur dem Verſprechen gab. Unbegreiflich<lb/> wandte die ſchöne Seele, die aus den Briefen ſpricht — zumal<lb/><hi rendition="#aq">Emanuels</hi> und <hi rendition="#aq">Amoenens</hi> — die ihrige um; und da ich kam, (am<lb/> Neujahrstage gab mir der Algütige das Seelen-Eden) fand ich die<lb n="35"/> Liebe ohne Gleichen, und ohne Anſprüche auf die quälende Aenderung,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">10 Jean Paul Briefe. <hi rendition="#aq">III.</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0155]
und meine halbe Liebe findet jezt ein ofneres Herz als ſonſt meine
mich verſchwendende ganze. — Es iſt eine mich im Innerſten
rührende Ausſicht, daß ich nun ſo gewis weis, daß ich und Sie und
alle meine Freundinnen eine ganze irdiſche Ewigkeit der wachſenden
Liebe vor uns haben und daß gerade die künftigen, ſonſt Andere 5
trennenden Verhältniſſe nur neue Arme werden, die uns verketten
und bis zum aufgehenden Grabe an einander erhalten.
O meine Amöne! Wie feſt und ſanft biſt du an meiner Seele! Wie
unverwelklich ſind unſere Stunden! Ach dir allein war meine bren-
nende Seele offen, als der Hesperus aus ihr quol. — Ich fürchte mich 10
faſt vor der Entzückung des künftigen Frühlings und vor dem Seufzer,
der ihn endigt! —
Richter
191. An Chriſtian Otto.
Weimar d. 6. Jenn. 99.
Mein guter Otto in jedem Jahr! Ich ſchreibe dir ſobald, um dir 15
meine ſchöne Neujahrsmorgenröthe, die nicht an Wolken hängt
ſondern im Himmels Blau, zu zeigen. Erſtlich iſt mir die dikſte Gewitter-
wolke weggehoben; mein Bruder iſt in Sparnek. Er wil in Erlang
ſtudieren; und ich glaube, da er als Fremder mit einem akademiſchen
Pas hinkomt, müſſen ſie ihn annehmen. Im entgegengeſezten Falle 20
ſchreib’ es ihm, damit der Weg nicht vergeblich iſt. — Danke dem
Emanuel für ſeine Sorge. O jezt iſt doch nicht mehr jede Freude und
ſelber der Poſtbote mehr ein Ochſenauge am Horizont des Kaps!
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Zweitens hab ich jezt mit der Titanide ein Elyſium ohne Schwaden,
alles iſt leicht und recht und gelöſet. Nur etwas, denn das Ganze 25
bleibt dem Lenz! Ich ſchikte ihr den Tag nach der eiſernen Stunde ein
linderndes Blätgen. Ich ſah ſie darauf in ziemlichen Zwiſchenräumen
immer nur vor Zeugen. Sie hatte mir einige Briefe von Amöne und
Emanuel ꝛc. (nur du biſt und bleibſt die ewige Ausnahme aber für
dieſes Weſen ſolteſt du mir eine Ausnahme von der Ausnahme ver- 30
ſtatten) abgebettelt, die ich aus Furcht, Flammen in die Flammen zu
werfen, nur ungern und nur dem Verſprechen gab. Unbegreiflich
wandte die ſchöne Seele, die aus den Briefen ſpricht — zumal
Emanuels und Amoenens — die ihrige um; und da ich kam, (am
Neujahrstage gab mir der Algütige das Seelen-Eden) fand ich die 35
Liebe ohne Gleichen, und ohne Anſprüche auf die quälende Aenderung,
10 Jean Paul Briefe. III.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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