Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.wohl gegen mein Gefühl; sonst weichen am Ende die Menschen den Ich wolte diesen Morgen unsern Emanuel -- der mir auf einmal Hier sind Briefe; und hier der Kalbische an dich; nur durch die Die Königin sah ich aus Mangel an Zudringlichkeit nicht, oder aus Lebe recht wohl mit den Deinigen, mein guter immer geliebter Otto 294. An Sophie von Brüningk in Hohenberg. [Kopie][Weimar, 13. Juli 1799]35Wenn ich lang Briefschuldner war: so fang' ich an den Gläubiger wohl gegen mein Gefühl; ſonſt weichen am Ende die Menſchen den Ich wolte dieſen Morgen unſern Emanuel — der mir auf einmal Hier ſind Briefe; und hier der Kalbische an dich; nur durch die Die Königin ſah ich aus Mangel an Zudringlichkeit nicht, oder aus Lebe recht wohl mit den Deinigen, mein guter immer geliebter Otto 294. An Sophie von Brüningk in Hohenberg. [Kopie][Weimar, 13. Juli 1799]35Wenn ich lang Briefſchuldner war: ſo fang’ ich an den Gläubiger <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0230" n="215"/> wohl gegen mein Gefühl; ſonſt weichen am Ende die Menſchen den<lb/> Kröten wie die Abderiten den Fröſchen.</p><lb/> <p>Ich wolte dieſen Morgen unſern <hi rendition="#aq">Emanuel</hi> — der mir auf einmal<lb/> aufgieng wie ein Sternbild — nach <hi rendition="#aq">Hof</hi> begleiten; aber endlich wurd’<lb/> ich wieder über die lockende Perſpektive, die ſich hinter ſo vielen Däm-<lb n="5"/> men ausbreitet, Herr; denn es ſind zu viele zu überſteigen. Schreibe du<lb/> oder deine Schweſter mir doch, in welchem Theile des Auguſts <hi rendition="#aq">Caroline</hi><lb/> kopuliert wird; ich möchte ſie noch als Braut habhaft werden.</p><lb/> <p>Hier ſind Briefe; und hier der <hi rendition="#aq">Kalbische</hi> an dich; nur durch die<lb/> weibliche Unbeſtimtheit konte eine Exegeſe wie meine entſtehen, da ſogar<note place="right"><ref target="1922_Bd3_236">[236]</ref></note><lb n="10"/> mein Name darin ſteht, welches ich für Ironie des Zürnens hielt.</p><lb/> <p>Die Königin ſah ich aus Mangel an Zudringlichkeit nicht, oder aus<lb/> Überflus; denn ich paſte, daß ihr Kammerherr einladend zu mir käme,<lb/> da ihr doch jede Minute karg zugeſchnitten war. Sie fragte nach mir;<lb/> in der Komödie ſolt’ ich ihr wie <hi rendition="#aq">Wieland</hi> vorgeſtelt werden, und man<lb n="15"/> ſuchte mich umſonſt, weil ich im — Park ſas mit einer lieben[swür]digen<lb/> Braunſchweigerin, die mich beſucht hatte mit der Schweſter. — Am<lb/> Morgen vor der Abfahrt — ſagt mir die trefliche Thurn und Taxis,<lb/> die ich nebſt dem liebevollen Prinzen von Meklenburg beſuchte —<lb/> ſagte ſie zum Herzog, er ſolle mich holen laſſen; dieſer wahrheits-<lb n="20"/> liebende Herr ſagte mir vorgeſtern, er hab es gethan, warum ich<lb/> nicht gekommen. Indeſſen haben mich doch ſo viele gothaiſche und<lb/> hildburg[häuſiſche] hier anweſende Fürſtenhände auf meiner Glüks-<lb/> und Gnadenleiter ſo weit hinaufgeſchoben, daß mich als ich am Sontag<lb/> im Park vorbeiſchos, die regierende Herzogin [nicht nur] laut (und<lb n="25"/> mehrmals) zurükrief, ſondern auch höchſt freundlich anredete, über den<lb/> Titan ausholte u. ſ. w. <hi rendition="#aq">Herder</hi> glaubt aber, ich ſchlöſſe zu viel aus<lb/> dem Vorfal; und das iſts eben, was ſich der Neid gern bereden möchte.<lb/> Du haſt keine Vorſtellung wie hier um ein Ekgen Regenſchirm vom<lb/> Thronhimmel geſchoben und gezankt und geſtoſſen wird; ich ſehe im<lb n="30"/> Regen der Gruppe zu und bleibe Philoſoph.</p><lb/> <p>Lebe recht wohl mit den Deinigen, mein guter immer geliebter Otto<lb/> und vergieb wo ich dir zu wehe that!</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>294. An <hi rendition="#g">Sophie von Brüningk in Hohenberg.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Weimar, 13. Juli 1799]</hi> </dateline> <lb n="35"/> <p>Wenn ich lang Briefſchuldner war: ſo fang’ ich an den Gläubiger<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [215/0230]
wohl gegen mein Gefühl; ſonſt weichen am Ende die Menſchen den
Kröten wie die Abderiten den Fröſchen.
Ich wolte dieſen Morgen unſern Emanuel — der mir auf einmal
aufgieng wie ein Sternbild — nach Hof begleiten; aber endlich wurd’
ich wieder über die lockende Perſpektive, die ſich hinter ſo vielen Däm- 5
men ausbreitet, Herr; denn es ſind zu viele zu überſteigen. Schreibe du
oder deine Schweſter mir doch, in welchem Theile des Auguſts Caroline
kopuliert wird; ich möchte ſie noch als Braut habhaft werden.
Hier ſind Briefe; und hier der Kalbische an dich; nur durch die
weibliche Unbeſtimtheit konte eine Exegeſe wie meine entſtehen, da ſogar 10
mein Name darin ſteht, welches ich für Ironie des Zürnens hielt.
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Die Königin ſah ich aus Mangel an Zudringlichkeit nicht, oder aus
Überflus; denn ich paſte, daß ihr Kammerherr einladend zu mir käme,
da ihr doch jede Minute karg zugeſchnitten war. Sie fragte nach mir;
in der Komödie ſolt’ ich ihr wie Wieland vorgeſtelt werden, und man 15
ſuchte mich umſonſt, weil ich im — Park ſas mit einer lieben[swür]digen
Braunſchweigerin, die mich beſucht hatte mit der Schweſter. — Am
Morgen vor der Abfahrt — ſagt mir die trefliche Thurn und Taxis,
die ich nebſt dem liebevollen Prinzen von Meklenburg beſuchte —
ſagte ſie zum Herzog, er ſolle mich holen laſſen; dieſer wahrheits- 20
liebende Herr ſagte mir vorgeſtern, er hab es gethan, warum ich
nicht gekommen. Indeſſen haben mich doch ſo viele gothaiſche und
hildburg[häuſiſche] hier anweſende Fürſtenhände auf meiner Glüks-
und Gnadenleiter ſo weit hinaufgeſchoben, daß mich als ich am Sontag
im Park vorbeiſchos, die regierende Herzogin [nicht nur] laut (und 25
mehrmals) zurükrief, ſondern auch höchſt freundlich anredete, über den
Titan ausholte u. ſ. w. Herder glaubt aber, ich ſchlöſſe zu viel aus
dem Vorfal; und das iſts eben, was ſich der Neid gern bereden möchte.
Du haſt keine Vorſtellung wie hier um ein Ekgen Regenſchirm vom
Thronhimmel geſchoben und gezankt und geſtoſſen wird; ich ſehe im 30
Regen der Gruppe zu und bleibe Philoſoph.
Lebe recht wohl mit den Deinigen, mein guter immer geliebter Otto
und vergieb wo ich dir zu wehe that!
294. An Sophie von Brüningk in Hohenberg.
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Wenn ich lang Briefſchuldner war: ſo fang’ ich an den Gläubiger
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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