Sargseil hinan. -- Ich studiere schon lange Fichte, mit Bewunderung und wachsendem -- Unglauben an ihn. Erst in Weimar warf meine Seele die schwersten Ketten ab. -- Lies die "Zauberlaterne" von Spangenberg; auf Seite ist mehr Wiz als im dummen Bier- Roman von Kiesling; pack' ihn ein, und piche die Adresse darauf.5 -- Es ist entsezlich wie die junge Welt jezt fliegt und blikt, die poetische und philosophische; Gott sei Dank, daß ich noch zu ihr gehöre und mein eignes Empyräum habe. -- Hier mach ich dir mit der Imhofs Epopee schon jezt ein ansehnliches Geburtstag-Geschenk, damit mirs niemand wegkauft; alles fält nur 1 Urtheil des Lobs, sogar der alte10 sie anfeindende Pegasus muste.*) -- Herder wil dir zu dem triden- tinischen Konzilium alle seine Bücher leihen, besonders das beste, einen H. v. Hardt; er legt mit dir einstimmig denselben Werth auf das tri- ---- es war Spas -- auf das kostnizer Konzilium so wie aufs klermonter besonders. Er sagte mir viel, was ich dir ein andermal15 sagen wil. -- Entschuldige mein abgeprestes Schweigen bei Sophie und Friderike. -- Wonsiedel ist besser -- durch gute Menschen -- als das Bayreuth mit seinen falschen schmaruzenden. Das Nächstemal werd ich in Hof nichts thun als durchgehen mit dir nach W., was ich[270] so liebe wie ich (noch immer) Hof und der Nachbarschaft gram bin.20 -- Die Sydow sandte mir Ihr grosses Bild; und ich erstaunte über die französische Jugend Schönheit; der C. schikt' ich ihre Briefe. -- In die Dresdner Lotterie hab ich aus Galanterie gegen die Sc[hr]oeder mit eingesezt und 60 rtl. gewonnen. --
d. 6 N.25
Hier ist das Pestizer Wochenblat, schick' es bald mit allen Briefen wieder. Sol ich noch den Aufsaz p. 165 in den Teufelspapieren dazu thun, nämlich neu glasiert? -- Es beträgt kaum 9 Bogen. Jezt fahr ich mit vollen Segeln und ein Paar Stürmen hinterdrein in den 2. B. des Titans und in seine Frühlinge. -- Ich bin sehr gesund und das30 Schreiben flekt. --
Gestern hab' ich bei Herder, da mich jede mit einem Lichte hinaus- begleitete, drei Mädgen geküst, die junge, schöne H[erder], W[eber] und Auguste, die zwei ersten zum ersten Male. -- Mein Bruder hat
*) Dieses schöne Wesen vol lauter Talente, die eine Simaitha hätte werden35 können, wird Hofdame bei der regierenden H[erzogin].
Sargſeil hinan. — Ich ſtudiere ſchon lange Fichte, mit Bewunderung und wachſendem — Unglauben an ihn. Erſt in Weimar warf meine Seele die ſchwerſten Ketten ab. — Lies die „Zauberlaterne“ von Spangenberg; auf Seite iſt mehr Wiz als im dummen Bier- Roman von Kiesling; pack’ ihn ein, und piche die Adreſſe darauf.5 — Es iſt entſezlich wie die junge Welt jezt fliegt und blikt, die poetiſche und philoſophiſche; Gott ſei Dank, daß ich noch zu ihr gehöre und mein eignes Empyräum habe. — Hier mach ich dir mit der Imhofs Epopee ſchon jezt ein anſehnliches Geburtstag-Geſchenk, damit mirs niemand wegkauft; alles fält nur 1 Urtheil des Lobs, ſogar der alte10 ſie anfeindende Pegaſus muſte.*) — Herder wil dir zu dem triden- tiniſchen Konzilium alle ſeine Bücher leihen, beſonders das beſte, einen H. v. Hardt; er legt mit dir einſtimmig denſelben Werth auf das tri- —— es war Spas — auf das koſtnizer Konzilium ſo wie aufs klermonter beſonders. Er ſagte mir viel, was ich dir ein andermal15 ſagen wil. — Entſchuldige mein abgepreſtes Schweigen bei Sophie und Friderike. — Wonſiedel iſt beſſer — durch gute Menſchen — als das Bayreuth mit ſeinen falſchen ſchmaruzenden. Das Nächſtemal werd ich in Hof nichts thun als durchgehen mit dir nach W., was ich[270] ſo liebe wie ich (noch immer) Hof und der Nachbarſchaft gram bin.20 — Die Sydow ſandte mir Ihr groſſes Bild; und ich erſtaunte über die franzöſiſche Jugend Schönheit; der C. ſchikt’ ich ihre Briefe. — In die Dresdner Lotterie hab ich aus Galanterie gegen die Sc[hr]oeder mit eingeſezt und 60 rtl. gewonnen. —
d. 6 N.25
Hier iſt das Peſtizer Wochenblat, ſchick’ es bald mit allen Briefen wieder. Sol ich noch den Aufſaz p. 165 in den Teufelspapieren dazu thun, nämlich neu glaſiert? — Es beträgt kaum 9 Bogen. Jezt fahr ich mit vollen Segeln und ein Paar Stürmen hinterdrein in den 2. B. des Titans und in ſeine Frühlinge. — Ich bin ſehr geſund und das30 Schreiben flekt. —
Geſtern hab’ ich bei Herder, da mich jede mit einem Lichte hinaus- begleitete, drei Mädgen geküſt, die junge, ſchöne H[erder], W[eber] und Auguste, die zwei erſten zum erſten Male. — Mein Bruder hat
*) Dieſes ſchöne Weſen vol lauter Talente, die eine Simaitha hätte werden35 können, wird Hofdame bei der regierenden H[erzogin].
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Sargſeil hinan. — Ich ſtudiere ſchon lange Fichte, mit Bewunderung
und wachſendem — Unglauben an ihn. Erſt in Weimar warf meine
Seele die ſchwerſten Ketten ab. — Lies die „Zauberlaterne“ von
Spangenberg; auf [FORMEL] Seite iſt mehr Wiz als im dummen Bier-
Roman von Kiesling; pack’ ihn ein, und piche die Adreſſe darauf. 5
— Es iſt entſezlich wie die junge Welt jezt fliegt und blikt, die poetiſche
und philoſophiſche; Gott ſei Dank, daß ich noch zu ihr gehöre und
mein eignes Empyräum habe. — Hier mach ich dir mit der Imhofs
Epopee ſchon jezt ein anſehnliches Geburtstag-Geſchenk, damit mirs
niemand wegkauft; alles fält nur 1 Urtheil des Lobs, ſogar der alte 10
ſie anfeindende Pegaſus muſte. *) — Herder wil dir zu dem triden-
tiniſchen Konzilium alle ſeine Bücher leihen, beſonders das beſte, einen
H. v. Hardt; er legt mit dir einſtimmig denſelben Werth auf das
tri- —— es war Spas — auf das koſtnizer Konzilium ſo wie aufs
klermonter beſonders. Er ſagte mir viel, was ich dir ein andermal 15
ſagen wil. — Entſchuldige mein abgepreſtes Schweigen bei Sophie und
Friderike. — Wonſiedel iſt beſſer — durch gute Menſchen — als
das Bayreuth mit ſeinen falſchen ſchmaruzenden. Das Nächſtemal
werd ich in Hof nichts thun als durchgehen mit dir nach W., was ich
ſo liebe wie ich (noch immer) Hof und der Nachbarſchaft gram bin. 20
— Die Sydow ſandte mir Ihr groſſes Bild; und ich erſtaunte über die
franzöſiſche Jugend Schönheit; der C. ſchikt’ ich ihre Briefe. — In
die Dresdner Lotterie hab ich aus Galanterie gegen die Sc[hr]oeder
mit eingeſezt und 60 rtl. gewonnen. —
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d. 6 N. 25
Hier iſt das Peſtizer Wochenblat, ſchick’ es bald mit allen Briefen
wieder. Sol ich noch den Aufſaz p. 165 in den Teufelspapieren dazu
thun, nämlich neu glaſiert? — Es beträgt kaum 9 Bogen. Jezt fahr
ich mit vollen Segeln und ein Paar Stürmen hinterdrein in den 2. B.
des Titans und in ſeine Frühlinge. — Ich bin ſehr geſund und das 30
Schreiben flekt. —
Geſtern hab’ ich bei Herder, da mich jede mit einem Lichte hinaus-
begleitete, drei Mädgen geküſt, die junge, ſchöne H[erder], W[eber]
und Auguste, die zwei erſten zum erſten Male. — Mein Bruder hat
*) Dieſes ſchöne Weſen vol lauter Talente, die eine Simaitha hätte werden 35
können, wird Hofdame bei der regierenden H[erzogin].
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/263>, abgerufen am 17.06.2024.
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