jezt auf 21/4 Jahr Pension weg. Die rauhe Seele nimt alles hin, ohne zu bitten und zu danken. Es ist hart, etwas aus Vernunft zu thun, was man aus Liebe thun möchte. Seine Existenz bei Meier ist mir schon wegen der Nähe deines Fensters lieber. Indes schäm' ich mich fast, daß ein solcher Kopf der Kopist und Taschenspiegel schlechterer sein mus.5
Sogar der furchtsame Herder und Böttiger sind für das Dedi- zieren; die Satiren gehen noch dazu die Fürstinnen nichts an -- (nur Fürsten). Ich bitte die Hildburghäuser Fürstin, die andern zu fragen. Die Dedikazion bestände dan in dem veränderten Traum auf die vier. Ich nenne sie nur bei den Taufnamen: die vier schönen und guten10 Schwestern auf dem Thron,Luise etc. Die alte B[e]k hat mir eine schöne Tasse geschikt, wo wieder mein und C. Name sich verschlingen.
Und fahre wohl! an einem Ufer dahin, wo ein Hafen am andern sei. Grüsse meinen Albrecht und Friederiken.
R.15
d. 7 Nov.
Herder lieset jezt meine Mumien unausgesezt. Seiner Seele stehen, wenn er nichts gegen den Autor hat, alle Seelen und Manieren offen; [271]sie wohnt ganz in meiner. Wie abgeschabt stehen daneben die Rezen- senten vor mir. -- Dato hab' ich noch keine Zinsen von Altenburg20 gesehen; das Stehenlassen thut doch nichts? -- Die edle B[erlep]sch, deren zwei dicke Tagebücher ich dir einmal schicken werde, schrieb mir heut aus Edinburg, daß sie -- verzweifelt. Macdonald hat alles Edle und Feste, aber keine Liebe. Ich kenne die Narben dieses so oft zer- schlagenen Herzens, und das Schiksal führte mit meiner eignen Hand25 das vorlezte Schwert; daher kan ich sagen, daß nie ein gutes Wesen herber lit, länger blutete und unheilbarer war.
Ach könt' ich ihr einmal durch meine C. und mich wenigstens ein Paar Blätter ihres nebligten Herbstes bunt färben! C. würde sie lieben, und sie jene. --30
Auf meinen Brief mit der Geschichte und den Gedichten von C. hast du mir noch nicht geantwortet.
340. An Pfarrer Kießling in Steben.
[Kopie][Weimar, 8. Nov 1799]
Das Buch ist nur ein jüngerer Bruder d[es] andern.35
jezt auf 2¼ Jahr Penſion weg. Die rauhe Seele nimt alles hin, ohne zu bitten und zu danken. Es iſt hart, etwas aus Vernunft zu thun, was man aus Liebe thun möchte. Seine Exiſtenz bei Meier iſt mir ſchon wegen der Nähe deines Fenſters lieber. Indes ſchäm’ ich mich faſt, daß ein ſolcher Kopf der Kopiſt und Taſchenſpiegel ſchlechterer ſein mus.5
Sogar der furchtſame Herder und Böttiger ſind für das Dedi- zieren; die Satiren gehen noch dazu die Fürſtinnen nichts an — (nur Fürſten). Ich bitte die Hildburghäuſer Fürſtin, die andern zu fragen. Die Dedikazion beſtände dan in dem veränderten Traum auf die vier. Ich nenne ſie nur bei den Taufnamen: die vier ſchönen und guten10 Schweſtern auf dem Thron,Luise ꝛc. Die alte B[e]k hat mir eine ſchöne Taſſe geſchikt, wo wieder mein und C. Name ſich verſchlingen.
Und fahre wohl! an einem Ufer dahin, wo ein Hafen am andern ſei. Grüſſe meinen Albrecht und Friederiken.
R.15
d. 7 Nov.
Herder lieſet jezt meine Mumien unausgeſezt. Seiner Seele ſtehen, wenn er nichts gegen den Autor hat, alle Seelen und Manieren offen; [271]ſie wohnt ganz in meiner. Wie abgeſchabt ſtehen daneben die Rezen- ſenten vor mir. — Dato hab’ ich noch keine Zinſen von Altenburg20 geſehen; das Stehenlaſſen thut doch nichts? — Die edle B[erlep]sch, deren zwei dicke Tagebücher ich dir einmal ſchicken werde, ſchrieb mir heut aus Edinburg, daß ſie — verzweifelt. Macdonald hat alles Edle und Feſte, aber keine Liebe. Ich kenne die Narben dieſes ſo oft zer- ſchlagenen Herzens, und das Schikſal führte mit meiner eignen Hand25 das vorlezte Schwert; daher kan ich ſagen, daß nie ein gutes Weſen herber lit, länger blutete und unheilbarer war.
Ach könt’ ich ihr einmal durch meine C. und mich wenigſtens ein Paar Blätter ihres nebligten Herbſtes bunt färben! C. würde ſie lieben, und ſie jene. —30
Auf meinen Brief mit der Geſchichte und den Gedichten von C. haſt du mir noch nicht geantwortet.
340. An Pfarrer Kießling in Steben.
[Kopie][Weimar, 8. Nov 1799]
Das Buch iſt nur ein jüngerer Bruder d[es] andern.35
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jezt auf 2¼ Jahr Penſion weg. Die rauhe Seele nimt alles hin, ohne
zu bitten und zu danken. Es iſt hart, etwas aus Vernunft zu thun, was
man aus Liebe thun möchte. Seine Exiſtenz bei Meier iſt mir ſchon
wegen der Nähe deines Fenſters lieber. Indes ſchäm’ ich mich faſt, daß
ein ſolcher Kopf der Kopiſt und Taſchenſpiegel ſchlechterer ſein mus. 5
Sogar der furchtſame Herder und Böttiger ſind für das Dedi-
zieren; die Satiren gehen noch dazu die Fürſtinnen nichts an — (nur
Fürſten). Ich bitte die Hildburghäuſer Fürſtin, die andern zu fragen.
Die Dedikazion beſtände dan in dem veränderten Traum auf die vier.
Ich nenne ſie nur bei den Taufnamen: die vier ſchönen und guten 10
Schweſtern auf dem Thron, Luise ꝛc. Die alte B[e]k hat mir eine
ſchöne Taſſe geſchikt, wo wieder mein und C. Name ſich verſchlingen.
Und fahre wohl! an einem Ufer dahin, wo ein Hafen am andern
ſei. Grüſſe meinen Albrecht und Friederiken.
R. 15
d. 7 Nov.
Herder lieſet jezt meine Mumien unausgeſezt. Seiner Seele ſtehen,
wenn er nichts gegen den Autor hat, alle Seelen und Manieren offen;
ſie wohnt ganz in meiner. Wie abgeſchabt ſtehen daneben die Rezen-
ſenten vor mir. — Dato hab’ ich noch keine Zinſen von Altenburg 20
geſehen; das Stehenlaſſen thut doch nichts? — Die edle B[erlep]sch,
deren zwei dicke Tagebücher ich dir einmal ſchicken werde, ſchrieb mir
heut aus Edinburg, daß ſie — verzweifelt. Macdonald hat alles Edle
und Feſte, aber keine Liebe. Ich kenne die Narben dieſes ſo oft zer-
ſchlagenen Herzens, und das Schikſal führte mit meiner eignen Hand 25
das vorlezte Schwert; daher kan ich ſagen, daß nie ein gutes Weſen
herber lit, länger blutete und unheilbarer war.
[271]
Ach könt’ ich ihr einmal durch meine C. und mich wenigſtens ein
Paar Blätter ihres nebligten Herbſtes bunt färben! C. würde ſie
lieben, und ſie jene. — 30
Auf meinen Brief mit der Geſchichte und den Gedichten von C. haſt
du mir noch nicht geantwortet.
340. An Pfarrer Kießling in Steben.
[Weimar, 8. Nov 1799]
Das Buch iſt nur ein jüngerer Bruder d[es] andern. 35
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/264>, abgerufen am 27.07.2024.
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