Auch dieses Blat geht in der Hülle eines Postskriptes zum Titan nach Berlin; und darum komt es später.
[285]Verlangen Sie doch von meinem Verleger Matzdorf in Berlin die Blumenstüke. --
Nähren Sie in Ihrer guten Charlotte weniger das weiche und5 warme Herz als das stolze; die Gefühle fliehen oder schminken, wenn die Ehre siegt oder belehrt. Mein Geschlecht bauet gerade seine Kriegsmaschinen auf das weiche Herz des Ihrigen.
O, schreiben Sie, Gute, so oft Sie können, mir ist das Oft blos ein Selten -- nur vergeben Sie mir das Schweigen zuweilen,10 dem ich zugleich feind und gehorsam bin. O, wie könten Sie mir zuviel schreiben! So wenig als zuviel sagen, wenn ich einmal näher neben Ihnen leben werde.
Verzeihen Sie den öden Brief! Er ist ein eiliger. -- Der Perlen- fischer sinkt beklommen in das ungeheure Meer, mit verbundnen15 Ohren und Lippen, und die Masse drükt ihn blutig -- aber drunten unter Ungeheuern findet und holet er die reinen lichten Perlen -- So, edle Seele, sendet dich ein höherer Geist in das dunkle, schmuzige Meer des Lebens unter so viele im Schlamme lauernde Raubthiere herab, damit du die Perlen -- die oft Thränen gleichen20 -- samlest und reich an heiligem Schmuk wieder empor nach dem Himmel steigest.
O lebe wohl, theuere, geliebte unvergesliche Josephine, unsere Seelen bleiben zusammen, denn sie waren beisammen, eh' sie sich einander nanten.25
Immer, immer werd ich dich lieben --
J. P.
d. 18 Decemb.
Ich thue jezt was ich gleich hätte thun sollen, ich sende den Brief allein. Vergeben Sie das lange Zögern. In der Abend- Dämmerung des lezten Tags des Jahrs und dieses Jahrhunderts,30 wo ich meine Josephine gefunden habe, wil ich liebend an sie denken; sie denke auch an mich!
363. An Christian Otto.
Weimar d. 20. Dec. 99.
So hab ich denn 2 verdrüsliche Ewigkeiten lange Passionswochen35
Auch dieses Blat geht in der Hülle eines Postskriptes zum Titan nach Berlin; und darum komt es später.
[285]Verlangen Sie doch von meinem Verleger Matzdorf in Berlin die Blumenstüke. —
Nähren Sie in Ihrer guten Charlotte weniger das weiche und5 warme Herz als das stolze; die Gefühle fliehen oder schminken, wenn die Ehre siegt oder belehrt. Mein Geschlecht bauet gerade seine Kriegsmaschinen auf das weiche Herz des Ihrigen.
O, schreiben Sie, Gute, so oft Sie können, mir ist das Oft blos ein Selten — nur vergeben Sie mir das Schweigen zuweilen,10 dem ich zugleich feind und gehorsam bin. O, wie könten Sie mir zuviel schreiben! So wenig als zuviel sagen, wenn ich einmal näher neben Ihnen leben werde.
Verzeihen Sie den öden Brief! Er ist ein eiliger. — Der Perlen- fischer sinkt beklommen in das ungeheure Meer, mit verbundnen15 Ohren und Lippen, und die Masse drükt ihn blutig — aber drunten unter Ungeheuern findet und holet er die reinen lichten Perlen — So, edle Seele, sendet dich ein höherer Geist in das dunkle, schmuzige Meer des Lebens unter so viele im Schlamme lauernde Raubthiere herab, damit du die Perlen — die oft Thränen gleichen20 — samlest und reich an heiligem Schmuk wieder empor nach dem Himmel steigest.
O lebe wohl, theuere, geliebte unvergesliche Josephine, unsere Seelen bleiben zusammen, denn sie waren beisammen, eh’ sie sich einander nanten.25
Immer, immer werd ich dich lieben —
J. P.
d. 18 Decemb.
Ich thue jezt was ich gleich hätte thun sollen, ich sende den Brief allein. Vergeben Sie das lange Zögern. In der Abend- Dämmerung des lezten Tags des Jahrs und dieses Jahrhunderts,30 wo ich meine Josephine gefunden habe, wil ich liebend an sie denken; sie denke auch an mich!
363. An Chriſtian Otto.
Weimar d. 20. Dec. 99.
So hab ich denn 2 verdrüsliche Ewigkeiten lange Paſſionswochen35
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nach Berlin; und darum komt es später.
Verlangen Sie doch von meinem Verleger Matzdorf in Berlin
die Blumenstüke. —
[285]
Nähren Sie in Ihrer guten Charlotte weniger das weiche und 5
warme Herz als das stolze; die Gefühle fliehen oder schminken,
wenn die Ehre siegt oder belehrt. Mein Geschlecht bauet gerade
seine Kriegsmaschinen auf das weiche Herz des Ihrigen.
O, schreiben Sie, Gute, so oft Sie können, mir ist das Oft blos
ein Selten — nur vergeben Sie mir das Schweigen zuweilen, 10
dem ich zugleich feind und gehorsam bin. O, wie könten Sie mir
zuviel schreiben! So wenig als zuviel sagen, wenn ich einmal
näher neben Ihnen leben werde.
Verzeihen Sie den öden Brief! Er ist ein eiliger. — Der Perlen-
fischer sinkt beklommen in das ungeheure Meer, mit verbundnen 15
Ohren und Lippen, und die Masse drükt ihn blutig — aber drunten
unter Ungeheuern findet und holet er die reinen lichten Perlen —
So, edle Seele, sendet dich ein höherer Geist in das dunkle,
schmuzige Meer des Lebens unter so viele im Schlamme lauernde
Raubthiere herab, damit du die Perlen — die oft Thränen gleichen 20
— samlest und reich an heiligem Schmuk wieder empor nach
dem Himmel steigest.
O lebe wohl, theuere, geliebte unvergesliche Josephine, unsere
Seelen bleiben zusammen, denn sie waren beisammen, eh’ sie sich
einander nanten. 25
Immer, immer werd ich dich lieben —
J. P.
d. 18 Decemb.
Ich thue jezt was ich gleich hätte thun sollen, ich sende den
Brief allein. Vergeben Sie das lange Zögern. In der Abend-
Dämmerung des lezten Tags des Jahrs und dieses Jahrhunderts, 30
wo ich meine Josephine gefunden habe, wil ich liebend an sie
denken; sie denke auch an mich!
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Weimar d. 20. Dec. 99.
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/278>, abgerufen am 29.06.2024.
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