Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.durch die Nase, wodurch gerade Adam seines bekam. Himmel! Wider [336]Mein Verlust, wenn ich von meinen Herders scheide, ist weder zu d. 16 M. Mein Diner bestand heute in einem -- Brechpulver. Ich hatte30 Jezt wil ich einiges auf deinen beschämend-langen Brief antworten;35 (Ich habe kein Briefpapier mehr und es ist Nacht) durch die Naſe, wodurch gerade Adam ſeines bekam. Himmel! Wider [336]Mein Verluſt, wenn ich von meinen Herders ſcheide, iſt weder zu d. 16 M. Mein Diner beſtand heute in einem — Brechpulver. Ich hatte30 Jezt wil ich einiges auf deinen beſchämend-langen Brief antworten;35 (Ich habe kein Briefpapier mehr und es iſt Nacht) <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0330" n="310"/> durch die Naſe, wodurch gerade Adam ſeines bekam. Himmel! Wider<lb/> das algemeine Erwarten hab’ ich jezt Kraft! Wie iſts zu machen —<lb/> die beſten Bücher würden dan daraus —, daß ich mir vorſage, ich<lb/> ſchreibe ſtat ihrer einen Brief? Am <hi rendition="#aq">Titan</hi> hätt’ ich heute keine <formula notation="TeX">\nicefrac{1}{300}</formula><lb/> Zeile ſchreiben können.<lb n="5"/> </p> <p><note place="left"><ref target="1922_Bd3_336">[336]</ref></note>Mein Verluſt, wenn ich von meinen <hi rendition="#aq">Herders</hi> ſcheide, iſt weder zu<lb/> erſezen noch zu vergleichen. Solche fortarbeitende fortglimmende<lb/> Abende — ein ſolches Verſtehen — eine ſolche Ergiebigkeit — eine<lb/> ſolche Spashaftigkeit kan ich nicht mehr ſelber haben oder bei andern<lb/> finden! Ich habe endlich ein gewiſſes logiſches Übergewicht über den<lb n="10"/> götlichen <hi rendition="#g">Pegaſus</hi> erfochten; nur mach’ ich zuviel Spas bei ihm und<lb/> preiſe mich zu oft, was jezt er und die andern auch für ihr Beſtes an-<lb/> fangen. Übrigens bin ich der alte Nar und die Hauptquäſtion jeden<lb/> Abend — öfter komm ich nicht — iſt blos, ſobald mein Geliebter fort<lb/> iſt um 10⅓ Uhr, wie der Liebende von den 2 Mädgen fortzutreiben<lb n="15"/> ſei. Wir haben einmal alle eine lange Diſputierübung über das (mein)<lb/> Küſſen gehalten; und den andern Tag bewies ich der <hi rendition="#aq">Herder,</hi> wie ſie<lb/> ſtolpere. Ich gehe nicht ab. Die wichtigſte Eroberung, die ich ſeit<lb/> Jahren gemacht, iſt eben die Tochter, die mich ſonſt „als einen zu ge-<lb/> lehrten Hern“ vermied. Es lieſſe ſich viel darüber ſagen, d. h. denken,<lb n="20"/> daß dieſe Schöne — das ſchönſte Mädgen in <hi rendition="#aq">Weimar</hi> — nebſt meiner<lb/><hi rendition="#aq">Cousine</hi> in voriger Woche abends in ſcherzender Mägdetracht (mit<lb/> mütterlichem und väterlichem Vorwiſſen) zu mir gekommen auf die<lb/> Stube, um mir ein Billet von der Luiſe <hi rendition="#aq">Herder</hi> zu bringen was bei-<lb/> liegt. Warlich, ich hatt’ es ſogleich heraus aus den niedlichſten Augen<lb n="25"/> und ſtrafte auf der Stelle — <hi rendition="#aq">Beccaria</hi> tadelt das Verſchieben der<lb/> Strafen mit ſo vielem Recht — ſolche widerrechtliche Täuſchungen<lb/> des Publikums, ſo gut ich in der Eile konte.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">d. 16 M.</hi> </dateline><lb/> <p>Mein Diner beſtand heute in einem — Brechpulver. Ich hatte<lb n="30"/> 2 Tage Katarhalfieber und Gal-Erbrechen (aber auſſer dem Bette);<lb/> um 3 Uhr war ich wieder kerngeſund nach Verluſt Einer Maas Galle.<lb/> — Der gute <hi rendition="#aq">Schaefer</hi> ſtarb blos durch Doktors-Fauſt, Pfote, Klaue,<lb/> Taze.</p><lb/> <p>Jezt wil ich einiges auf deinen beſchämend-langen Brief antworten;<lb n="35"/> und mich auf Zeichen an dem Rand beziehen.</p><lb/> <p>(Ich habe kein Briefpapier mehr und es iſt Nacht)</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [310/0330]
durch die Naſe, wodurch gerade Adam ſeines bekam. Himmel! Wider
das algemeine Erwarten hab’ ich jezt Kraft! Wie iſts zu machen —
die beſten Bücher würden dan daraus —, daß ich mir vorſage, ich
ſchreibe ſtat ihrer einen Brief? Am Titan hätt’ ich heute keine [FORMEL]
Zeile ſchreiben können. 5
Mein Verluſt, wenn ich von meinen Herders ſcheide, iſt weder zu
erſezen noch zu vergleichen. Solche fortarbeitende fortglimmende
Abende — ein ſolches Verſtehen — eine ſolche Ergiebigkeit — eine
ſolche Spashaftigkeit kan ich nicht mehr ſelber haben oder bei andern
finden! Ich habe endlich ein gewiſſes logiſches Übergewicht über den 10
götlichen Pegaſus erfochten; nur mach’ ich zuviel Spas bei ihm und
preiſe mich zu oft, was jezt er und die andern auch für ihr Beſtes an-
fangen. Übrigens bin ich der alte Nar und die Hauptquäſtion jeden
Abend — öfter komm ich nicht — iſt blos, ſobald mein Geliebter fort
iſt um 10⅓ Uhr, wie der Liebende von den 2 Mädgen fortzutreiben 15
ſei. Wir haben einmal alle eine lange Diſputierübung über das (mein)
Küſſen gehalten; und den andern Tag bewies ich der Herder, wie ſie
ſtolpere. Ich gehe nicht ab. Die wichtigſte Eroberung, die ich ſeit
Jahren gemacht, iſt eben die Tochter, die mich ſonſt „als einen zu ge-
lehrten Hern“ vermied. Es lieſſe ſich viel darüber ſagen, d. h. denken, 20
daß dieſe Schöne — das ſchönſte Mädgen in Weimar — nebſt meiner
Cousine in voriger Woche abends in ſcherzender Mägdetracht (mit
mütterlichem und väterlichem Vorwiſſen) zu mir gekommen auf die
Stube, um mir ein Billet von der Luiſe Herder zu bringen was bei-
liegt. Warlich, ich hatt’ es ſogleich heraus aus den niedlichſten Augen 25
und ſtrafte auf der Stelle — Beccaria tadelt das Verſchieben der
Strafen mit ſo vielem Recht — ſolche widerrechtliche Täuſchungen
des Publikums, ſo gut ich in der Eile konte.
[336]
d. 16 M.
Mein Diner beſtand heute in einem — Brechpulver. Ich hatte 30
2 Tage Katarhalfieber und Gal-Erbrechen (aber auſſer dem Bette);
um 3 Uhr war ich wieder kerngeſund nach Verluſt Einer Maas Galle.
— Der gute Schaefer ſtarb blos durch Doktors-Fauſt, Pfote, Klaue,
Taze.
Jezt wil ich einiges auf deinen beſchämend-langen Brief antworten; 35
und mich auf Zeichen an dem Rand beziehen.
(Ich habe kein Briefpapier mehr und es iſt Nacht)
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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