nach Gotha geliehen. Noch hat mich der Verlas auf Menschheit und Physiognomie nicht betrogen und bestraft.
Leipzig d. 19. Mai [Montag].
Es war keine Zeit zum Einbinden des Clavis. Ändere erstlich alle angezeigte Drukfehler, weil sie nicht heraus zu rathen sind und be-5 sonders den nicht angezeigten: in der Vorrede S. IX v. u. Zeile 4. lies stat frei freier.
Passe ja mit deinem Antworten nicht auf meine Zurükkehr; die früher da ist als der doppelte Brieflauf. -- Ich wil nicht lange in Berlin bleiben. Über Dessau geh' ich zurük.10
Herder fand in Ilmenau Caroline über alle meine Malereien und fast über alle Weiber, und betete sie an, wie sie ihn anbetete. Es war[en] die blauesten Maitage. Sie hat etwas Hohes Ungemeines, was sogar die Weltleute ergrif und die Herderin übertraf. Seit dieser Reise ist mein Bund mit ihr ---- aufgelöset; und nach einem Brief, in15 dem ich ihr alles auseinandergesezt, erwart' ich von ihr das ewige Trennungswort. Ich kan dir unmöglich dieses lange Räthsel, worin nur moralische Karaktere spielen, auflösen. Nun treibt und stürmt mich das Schiksal wieder in ein unbestimtes wüstes Leben hinein in einer innern Verfassung, worüber es keine Worte giebt. Meine Gesundheit20 ist fest, ob sie wohl in Ilmenau an einer Vormittagsßene wankte. Lebe wohl!
Den Freitag geh ich nach Berlin.
*467. An Josephine von Sydow.
Eilig.
Leipzig d. 19 [?] Mai 1800.25
Früher, geliebte Freundin, kont' ich nicht ankommen und abreisen. Freitags reise ich ab, Sontags Vormittags bin ich bei Ihnen. Mein Titan möge Ihr Warten verkürzen! Und mög' ich, wenn ich Sie sehe, Ihr Bleiben verlängern können! Für eine so lange Hofnung ist es ein so kurzer Genus. Mein ganzes Herz[362]30 freuet sich auf Ihres. Lebe wohl, Liebe, Theuere!
Richter
nach Gotha geliehen. Noch hat mich der Verlas auf Menſchheit und Phyſiognomie nicht betrogen und beſtraft.
Leipzig d. 19. Mai [Montag].
Es war keine Zeit zum Einbinden des Clavis. Ändere erſtlich alle angezeigte Drukfehler, weil ſie nicht heraus zu rathen ſind und be-5 ſonders den nicht angezeigten: in der Vorrede S. IX v. u. Zeile 4. lies ſtat frei freier.
Paſſe ja mit deinem Antworten nicht auf meine Zurükkehr; die früher da iſt als der doppelte Brieflauf. — Ich wil nicht lange in Berlin bleiben. Über Dessau geh’ ich zurük.10
Herder fand in Ilmenau Caroline über alle meine Malereien und faſt über alle Weiber, und betete ſie an, wie ſie ihn anbetete. Es war[en] die blaueſten Maitage. Sie hat etwas Hohes Ungemeines, was ſogar die Weltleute ergrif und die Herderin übertraf. Seit dieſer Reiſe iſt mein Bund mit ihr —— aufgelöſet; und nach einem Brief, in15 dem ich ihr alles auseinandergeſezt, erwart’ ich von ihr das ewige Trennungswort. Ich kan dir unmöglich dieſes lange Räthſel, worin nur moraliſche Karaktere ſpielen, auflöſen. Nun treibt und ſtürmt mich das Schikſal wieder in ein unbeſtimtes wüſtes Leben hinein in einer innern Verfaſſung, worüber es keine Worte giebt. Meine Geſundheit20 iſt feſt, ob ſie wohl in Ilmenau an einer Vormittagsſzene wankte. Lebe wohl!
Den Freitag geh ich nach Berlin.
*467. An Joſephine von Sydow.
Eilig.
Leipzig d. 19 [?] Mai 1800.25
Früher, geliebte Freundin, kont’ ich nicht ankommen und abreisen. Freitags reise ich ab, Sontags Vormittags bin ich bei Ihnen. Mein Titan möge Ihr Warten verkürzen! Und mög’ ich, wenn ich Sie sehe, Ihr Bleiben verlängern können! Für eine so lange Hofnung ist es ein so kurzer Genus. Mein ganzes Herz[362]30 freuet sich auf Ihres. Lebe wohl, Liebe, Theuere!
Richter
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[335/0355]
nach Gotha geliehen. Noch hat mich der Verlas auf Menſchheit und
Phyſiognomie nicht betrogen und beſtraft.
Leipzig d. 19. Mai [Montag].
Es war keine Zeit zum Einbinden des Clavis. Ändere erſtlich alle
angezeigte Drukfehler, weil ſie nicht heraus zu rathen ſind und be- 5
ſonders den nicht angezeigten: in der Vorrede S. IX v. u. Zeile 4.
lies ſtat frei freier.
Paſſe ja mit deinem Antworten nicht auf meine Zurükkehr; die
früher da iſt als der doppelte Brieflauf. — Ich wil nicht lange in
Berlin bleiben. Über Dessau geh’ ich zurük. 10
Herder fand in Ilmenau Caroline über alle meine Malereien und
faſt über alle Weiber, und betete ſie an, wie ſie ihn anbetete. Es
war[en] die blaueſten Maitage. Sie hat etwas Hohes Ungemeines,
was ſogar die Weltleute ergrif und die Herderin übertraf. Seit dieſer
Reiſe iſt mein Bund mit ihr —— aufgelöſet; und nach einem Brief, in 15
dem ich ihr alles auseinandergeſezt, erwart’ ich von ihr das ewige
Trennungswort. Ich kan dir unmöglich dieſes lange Räthſel, worin
nur moraliſche Karaktere ſpielen, auflöſen. Nun treibt und ſtürmt mich
das Schikſal wieder in ein unbeſtimtes wüſtes Leben hinein in einer
innern Verfaſſung, worüber es keine Worte giebt. Meine Geſundheit 20
iſt feſt, ob ſie wohl in Ilmenau an einer Vormittagsſzene wankte.
Lebe wohl!
Den Freitag geh ich nach Berlin.
*467. An Joſephine von Sydow.
Eilig.Leipzig d. 19 [?] Mai 1800. 25
Früher, geliebte Freundin, kont’ ich nicht ankommen und
abreisen. Freitags reise ich ab, Sontags Vormittags bin ich bei
Ihnen. Mein Titan möge Ihr Warten verkürzen! Und mög’ ich,
wenn ich Sie sehe, Ihr Bleiben verlängern können! Für eine
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/355>, abgerufen am 16.06.2024.
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