Der Titan und sein Zwerg kommen endlich zum edlen Vater, der Kriegslieder sang und Friedenspredigten hielt. Schreiben Sie mir, Geliebtester, nicht ihren Empfang, sondern ihre Wirkung, wenn Sie5 sie gelesen. Das körperliche Auge sieht in der Jugend am besten nahe, das ältere ferne Gegenstände; Sie aber sehen nicht blos die fernern Gegenden des Parnasses, die die Jugend jezt so verkent, unpartheiisch und gut, sondern auch die nächsten und neuesten. Und darum mach' ich dieses helle und wohlwollende Auge gern zu meinem Richter.10
Meine Zukunft geht so zwischen Berge in Thäler hinein, daß ich nichts voraussagen kan -- über meinem Lebensbächlein liegt immer so viel Nebel, daß ich nicht auf 5 Schritte prophezeien kan, wohin es fliesse -- -- Ins stille Meer freilich am Ende.
Mit kindlicher Liebe drück' ich Sie an meine Brust und wünsch'15 Ihnen alle die Freuden -- wenn's möglich wäre -- die Sie je aus- getheilet haben, guter Vater!
J. P. F. Richter
N. S. Erst in Leipzig bekam ich den Clavis und hatte keine Zeit ihn binden zu lassen. d. 23. geh' ich nach Berlin und wohne bei Matzdorf20 einige Wochen.
469. An Ahlefeldt.
Dienstags [Berlin, 27. Mai 1800].
Mein lieber alter Freund! Ich schreibe dir, stat dich zu suchen, da man sagt, daß du nicht immer unter deinem Dache zu finden seiest.25 Komme unter meines und führe mich unter deines; nur heute nicht, weil ich ausgeflattert bin. Mög' ich lauter blaue Himmel auf deinen Mienen sehen! --
Richter
[363]470. An Karoline von Feuchtersleben.30
[Kopie][Berlin, 27. Mai 1800]
Die Abenddämmerung der vorigen Zeit -- den Frühling der Liebe haben sie zertreten -- sie haben mich öfter geopfert als mir.
468. An Gleim in Halberſtadt.
Leipzig d. 21. Mai 1800.
Der Titan und ſein Zwerg kommen endlich zum edlen Vater, der Kriegslieder ſang und Friedenspredigten hielt. Schreiben Sie mir, Geliebteſter, nicht ihren Empfang, ſondern ihre Wirkung, wenn Sie5 ſie geleſen. Das körperliche Auge ſieht in der Jugend am beſten nahe, das ältere ferne Gegenſtände; Sie aber ſehen nicht blos die fernern Gegenden des Parnaſſes, die die Jugend jezt ſo verkent, unpartheiiſch und gut, ſondern auch die nächſten und neueſten. Und darum mach’ ich dieſes helle und wohlwollende Auge gern zu meinem Richter.10
Meine Zukunft geht ſo zwiſchen Berge in Thäler hinein, daß ich nichts vorausſagen kan — über meinem Lebensbächlein liegt immer ſo viel Nebel, daß ich nicht auf 5 Schritte prophezeien kan, wohin es flieſſe — — Ins ſtille Meer freilich am Ende.
Mit kindlicher Liebe drück’ ich Sie an meine Bruſt und wünſch’15 Ihnen alle die Freuden — wenn’s möglich wäre — die Sie je aus- getheilet haben, guter Vater!
J. P. F. Richter
N. S. Erſt in Leipzig bekam ich den Clavis und hatte keine Zeit ihn binden zu laſſen. d. 23. geh’ ich nach Berlin und wohne bei Matzdorf20 einige Wochen.
469. An Ahlefeldt.
Dienſtags [Berlin, 27. Mai 1800].
Mein lieber alter Freund! Ich ſchreibe dir, ſtat dich zu ſuchen, da man ſagt, daß du nicht immer unter deinem Dache zu finden ſeieſt.25 Komme unter meines und führe mich unter deines; nur heute nicht, weil ich ausgeflattert bin. Mög’ ich lauter blaue Himmel auf deinen Mienen ſehen! —
Richter
[363]470. An Karoline von Feuchtersleben.30
[Kopie][Berlin, 27. Mai 1800]
Die Abenddämmerung der vorigen Zeit — den Frühling der Liebe haben ſie zertreten — ſie haben mich öfter geopfert als mir.
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468. An Gleim in Halberſtadt.
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Kriegslieder ſang und Friedenspredigten hielt. Schreiben Sie mir,
Geliebteſter, nicht ihren Empfang, ſondern ihre Wirkung, wenn Sie 5
ſie geleſen. Das körperliche Auge ſieht in der Jugend am beſten nahe,
das ältere ferne Gegenſtände; Sie aber ſehen nicht blos die fernern
Gegenden des Parnaſſes, die die Jugend jezt ſo verkent, unpartheiiſch
und gut, ſondern auch die nächſten und neueſten. Und darum mach’ ich
dieſes helle und wohlwollende Auge gern zu meinem Richter. 10
Meine Zukunft geht ſo zwiſchen Berge in Thäler hinein, daß ich
nichts vorausſagen kan — über meinem Lebensbächlein liegt immer ſo
viel Nebel, daß ich nicht auf 5 Schritte prophezeien kan, wohin es
flieſſe — — Ins ſtille Meer freilich am Ende.
Mit kindlicher Liebe drück’ ich Sie an meine Bruſt und wünſch’ 15
Ihnen alle die Freuden — wenn’s möglich wäre — die Sie je aus-
getheilet haben, guter Vater!
J. P. F. Richter
N. S. Erſt in Leipzig bekam ich den Clavis und hatte keine Zeit ihn
binden zu laſſen. d. 23. geh’ ich nach Berlin und wohne bei Matzdorf 20
einige Wochen.
469. An Ahlefeldt.
Dienſtags [Berlin, 27. Mai 1800].
Mein lieber alter Freund! Ich ſchreibe dir, ſtat dich zu ſuchen, da
man ſagt, daß du nicht immer unter deinem Dache zu finden ſeieſt. 25
Komme unter meines und führe mich unter deines; nur heute nicht,
weil ich ausgeflattert bin. Mög’ ich lauter blaue Himmel auf deinen
Mienen ſehen! —
Richter
470. An Karoline von Feuchtersleben. 30
[Berlin, 27. Mai 1800]
Die Abenddämmerung der vorigen Zeit — den Frühling der Liebe
haben ſie zertreten — ſie haben mich öfter geopfert als mir.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
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Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
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Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/356>, abgerufen am 16.06.2024.
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