Berlin -- und die Schauspieler -- und die zwei Stücke -- und Ihre gütige Verwendung gefallen mir so sehr, daß ich Freitags und Mon- tags, und -- wenn Gott die Schöpfung von Haydn noch Einmal5 schaft -- sogar Dienstags hier bin. Ich dank' Ihnen recht innig, daß Sie meine Bitte zu der Ihrigen gemacht haben.
*476 a. An Geheimrat Mayer in Berlin.
[Berlin, Mitte Juni 1800]
Mit vieler Freude, Herr Geheimerath, empfang ich Ihre zweite10 Einladung, die mich für die entbehrte entschädigt, die mir der Länder- räuber Wallenstein, der meinetwegen gegeben wird, wegnimt. Wenn Sie so wollen, so komm' ich Montags Mittag, weil ich die zwei nächsten Tage verreise.
Mit schöner Erinnerung an Sie und Ihre drei liebenswürdigen15 Töchter bin ich hochachtungsvol etc.
Richter
477. An Gleim.
Berlin d. 14 Jun. 1800.
Noch immer, Verehrtester, leb' ich in diesem architektonischen Uni-20 versum, das mich so einnimt, daß ich es vielleicht im Winter beziehen werde. Diesem glänzenden Juwel fehlet nur die Fassung, eine schöne Gegend. Das edle Brandenburger Thor mit seinen fünf Säulen und seinem Triumphwagen öfnet gros die Kolossen-Reihen der Palläste. Nur die Einwohner, sogar die Einwohnerinnen sind einfach gekleidet.25 In keiner deutschen Stadt ist die Achtung für das Gesez, worin allein Freiheit besteht, sogar beim König grösser als hier. Noch in keiner wurd' ich mit so vielem und algemeinen [!] Enthusiasmus aufgenom- men als hier.
Ich sprach und as in Sanssouci mit der gekrönten Aphrodite, deren30 Sprache und Umgang eben so reizend ist als ihre edle Musengestalt. Sie stieg mit mir überal auf der heiligen Stätte herum, wo der grosse[368] Geist des Erbauers sich und Europa beherscht hatte. Geheiligt und gerührt stand ich in diesem Tempel des aufgeflognen Adlers. Die Köni- gin selber verehrt Friedrich so sehr, daß sie sagte, durch ihre Gegen-35
*476. An Rahel Lewin in Berlin.[367]
[Berlin, etwa 11. Juni (Mittwoch) 1800]
Berlin — und die Schauſpieler — und die zwei Stücke — und Ihre gütige Verwendung gefallen mir ſo ſehr, daß ich Freitags und Mon- tags, und — wenn Gott die Schöpfung von Haydn noch Einmal5 ſchaft — ſogar Dienſtags hier bin. Ich dank’ Ihnen recht innig, daß Sie meine Bitte zu der Ihrigen gemacht haben.
*476 a. An Geheimrat Mayer in Berlin.
[Berlin, Mitte Juni 1800]
Mit vieler Freude, Herr Geheimerath, empfang ich Ihre zweite10 Einladung, die mich für die entbehrte entſchädigt, die mir der Länder- räuber Wallenstein, der meinetwegen gegeben wird, wegnimt. Wenn Sie ſo wollen, ſo komm’ ich Montags Mittag, weil ich die zwei nächſten Tage verreiſe.
Mit ſchöner Erinnerung an Sie und Ihre drei liebenswürdigen15 Töchter bin ich hochachtungsvol ꝛc.
Richter
477. An Gleim.
Berlin d. 14 Jun. 1800.
Noch immer, Verehrteſter, leb’ ich in dieſem architektoniſchen Uni-20 verſum, das mich ſo einnimt, daß ich es vielleicht im Winter beziehen werde. Dieſem glänzenden Juwel fehlet nur die Faſſung, eine ſchöne Gegend. Das edle Brandenburger Thor mit ſeinen fünf Säulen und ſeinem Triumphwagen öfnet gros die Koloſſen-Reihen der Palläſte. Nur die Einwohner, ſogar die Einwohnerinnen ſind einfach gekleidet.25 In keiner deutſchen Stadt iſt die Achtung für das Geſez, worin allein Freiheit beſteht, ſogar beim König gröſſer als hier. Noch in keiner wurd’ ich mit ſo vielem und algemeinen [!] Enthuſiaſmus aufgenom- men als hier.
Ich ſprach und as in Sanssouci mit der gekrönten Aphrodite, deren30 Sprache und Umgang eben ſo reizend iſt als ihre edle Muſengeſtalt. Sie ſtieg mit mir überal auf der heiligen Stätte herum, wo der groſſe[368] Geiſt des Erbauers ſich und Europa beherſcht hatte. Geheiligt und gerührt ſtand ich in dieſem Tempel des aufgeflognen Adlers. Die Köni- gin ſelber verehrt Friedrich ſo ſehr, daß ſie ſagte, durch ihre Gegen-35
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*476. An Rahel Lewin in Berlin.
[Berlin, etwa 11. Juni (Mittwoch) 1800]
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gütige Verwendung gefallen mir ſo ſehr, daß ich Freitags und Mon-
tags, und — wenn Gott die Schöpfung von Haydn noch Einmal 5
ſchaft — ſogar Dienſtags hier bin. Ich dank’ Ihnen recht innig, daß
Sie meine Bitte zu der Ihrigen gemacht haben.
*476 a. An Geheimrat Mayer in Berlin.
[Berlin, Mitte Juni 1800]
Mit vieler Freude, Herr Geheimerath, empfang ich Ihre zweite 10
Einladung, die mich für die entbehrte entſchädigt, die mir der Länder-
räuber Wallenstein, der meinetwegen gegeben wird, wegnimt.
Wenn Sie ſo wollen, ſo komm’ ich Montags Mittag, weil ich die
zwei nächſten Tage verreiſe.
Mit ſchöner Erinnerung an Sie und Ihre drei liebenswürdigen 15
Töchter bin ich hochachtungsvol ꝛc.
Richter
477. An Gleim.
Berlin d. 14 Jun. 1800.
Noch immer, Verehrteſter, leb’ ich in dieſem architektoniſchen Uni- 20
verſum, das mich ſo einnimt, daß ich es vielleicht im Winter beziehen
werde. Dieſem glänzenden Juwel fehlet nur die Faſſung, eine ſchöne
Gegend. Das edle Brandenburger Thor mit ſeinen fünf Säulen und
ſeinem Triumphwagen öfnet gros die Koloſſen-Reihen der Palläſte.
Nur die Einwohner, ſogar die Einwohnerinnen ſind einfach gekleidet. 25
In keiner deutſchen Stadt iſt die Achtung für das Geſez, worin allein
Freiheit beſteht, ſogar beim König gröſſer als hier. Noch in keiner
wurd’ ich mit ſo vielem und algemeinen [!] Enthuſiaſmus aufgenom-
men als hier.
Ich ſprach und as in Sanssouci mit der gekrönten Aphrodite, deren 30
Sprache und Umgang eben ſo reizend iſt als ihre edle Muſengeſtalt.
Sie ſtieg mit mir überal auf der heiligen Stätte herum, wo der groſſe
Geiſt des Erbauers ſich und Europa beherſcht hatte. Geheiligt und
gerührt ſtand ich in dieſem Tempel des aufgeflognen Adlers. Die Köni-
gin ſelber verehrt Friedrich ſo ſehr, daß ſie ſagte, durch ihre Gegen- 35
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/361>, abgerufen am 16.06.2024.
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