Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.
immer ihren gläsernen Bienenkorb verkütten mögen, da sie doch Aber heut bekomm' ich ein schöneres Recht auf Ihre Erinnerung, Jean Paul Fr. Richter 48. An Emilie von Berlepsch? [Kopie][Leipzig, Ende Jan. 1798]Findet der, der in den giftigen Baums Schatten sich sezt, darum15 *49. An Renate Otto. Leipzig d. 30 Jenn. 98.Meine gute Renate! Das ist in diesem Jahre das erste Wort, das
immer ihren gläſernen Bienenkorb verkütten mögen, da ſie doch Aber heut bekomm’ ich ein ſchöneres Recht auf Ihre Erinnerung, Jean Paul Fr. Richter 48. An Emilie von Berlepſch? [Kopie][Leipzig, Ende Jan. 1798]Findet der, der in den giftigen Baums Schatten ſich ſezt, darum15 *49. An Renate Otto. Leipzig d. 30 Jenn. 98.Meine gute Renate! Das iſt in dieſem Jahre das erſte Wort, das <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0046" n="39"/> immer ihren gläſernen Bienenkorb verkütten mögen, da ſie doch<lb/> darin nichts machen als Honig.</hi> </p><lb/> <p>Aber heut bekomm’ ich ein ſchöneres Recht auf Ihre Erinnerung,<lb/> da ich jezt das Stambuch zu dem Feſte tragen darf, das wir alle über<lb/> den Neujahrstag Ihres geliebten und verehrten Vaters feiern, den<lb n="5"/> die drei Grazien, Weisheit, Liebe und Freude durch ſein Leben be-<lb/> gleiteten, und der ſie in fremdes einführte. O möge der ſchimmernde<lb/> Heſperus ſeines ſanften edlen Lebens noch lange über uns ſtehen und<lb/> nur langſam aus unſerm Himmel in den höhern ziehen! — Und mit<lb/> dieſen heiſſen Wünſchen für <hi rendition="#g">ſein</hi> Wohl, hab’ ich ja zugleich die ſchön-<lb n="10"/> ſten für Ihres gethan. —</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Jean Paul Fr. Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>48. An <hi rendition="#g">Emilie von Berlepſch?</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Leipzig, Ende Jan. 1798]</hi> </dateline><lb/> <p>Findet der, der in den giftigen Baums Schatten ſich ſezt, darum<lb n="15"/> ſeine Früchte gut? Die Schreibfeder iſt die Spiralfeder meines halben<lb/> Weſens und Glüks — hat die ſchärfſten blutig-ſchneidenden Stunden<lb/> durch mein Herz geführt — daß jedes Nein ein Schnit in meine Seele<lb/> iſt. Die Menſchen haben mir noch keine Stunde wiedergegeben, die<lb/> ich ihnen [ge]geben und ſie danken dadurch, daß ſie noch mehr fodern:<lb n="20"/> ſei du der Lohn meiner Vergangenheit.</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>*49. An <hi rendition="#g">Renate Otto.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Leipzig</hi> d. 30 Jenn. 98.</hi> </dateline><lb/> <p>Meine gute Renate! Das iſt in dieſem Jahre das erſte Wort, das<lb/> ich zu meiner lieben unvergeslichen Freundin ſage. Ach ich möchte<lb n="25"/> lieber Wünſche erfüllen als thun. Ich hoffe, Sie erklären mein Schwei-<lb/> gen aus den Gründen, woraus ich Ihres rechtfertige — aus der Er-<lb/> ziehung der Kinder, die bei mir von einer Meſſe zur andern getauft<lb/> werden. Ich ſehne mich ohne Maas, recht viele beſtimte Nachrichten<lb/> von Ihrem Leben — meinem Chriſtoph — meiner Paulline — ihrer<note place="right"><ref target="1922_Bd3_43">[43]</ref></note><lb n="30"/> Doublette — von Ihren Freuden und von Freunden und ſogar — (aber<lb/> das Schikſal nehm’ Ihnen lieber den Stof!) von Ihren Leiden zu<lb/> hören. — Jeden Ihrer ſchönen Abende ſolten Sie mir auf dem Prä-<lb/> ſentierteller des Papiers hereinreichen. So viele Wellen und Wirbel<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [39/0046]
immer ihren gläſernen Bienenkorb verkütten mögen, da ſie doch
darin nichts machen als Honig.
Aber heut bekomm’ ich ein ſchöneres Recht auf Ihre Erinnerung,
da ich jezt das Stambuch zu dem Feſte tragen darf, das wir alle über
den Neujahrstag Ihres geliebten und verehrten Vaters feiern, den 5
die drei Grazien, Weisheit, Liebe und Freude durch ſein Leben be-
gleiteten, und der ſie in fremdes einführte. O möge der ſchimmernde
Heſperus ſeines ſanften edlen Lebens noch lange über uns ſtehen und
nur langſam aus unſerm Himmel in den höhern ziehen! — Und mit
dieſen heiſſen Wünſchen für ſein Wohl, hab’ ich ja zugleich die ſchön- 10
ſten für Ihres gethan. —
Jean Paul Fr. Richter
48. An Emilie von Berlepſch?
[Leipzig, Ende Jan. 1798]
Findet der, der in den giftigen Baums Schatten ſich ſezt, darum 15
ſeine Früchte gut? Die Schreibfeder iſt die Spiralfeder meines halben
Weſens und Glüks — hat die ſchärfſten blutig-ſchneidenden Stunden
durch mein Herz geführt — daß jedes Nein ein Schnit in meine Seele
iſt. Die Menſchen haben mir noch keine Stunde wiedergegeben, die
ich ihnen [ge]geben und ſie danken dadurch, daß ſie noch mehr fodern: 20
ſei du der Lohn meiner Vergangenheit.
*49. An Renate Otto.
Leipzig d. 30 Jenn. 98.
Meine gute Renate! Das iſt in dieſem Jahre das erſte Wort, das
ich zu meiner lieben unvergeslichen Freundin ſage. Ach ich möchte 25
lieber Wünſche erfüllen als thun. Ich hoffe, Sie erklären mein Schwei-
gen aus den Gründen, woraus ich Ihres rechtfertige — aus der Er-
ziehung der Kinder, die bei mir von einer Meſſe zur andern getauft
werden. Ich ſehne mich ohne Maas, recht viele beſtimte Nachrichten
von Ihrem Leben — meinem Chriſtoph — meiner Paulline — ihrer 30
Doublette — von Ihren Freuden und von Freunden und ſogar — (aber
das Schikſal nehm’ Ihnen lieber den Stof!) von Ihren Leiden zu
hören. — Jeden Ihrer ſchönen Abende ſolten Sie mir auf dem Prä-
ſentierteller des Papiers hereinreichen. So viele Wellen und Wirbel
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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