Parliamentswahlen anders oder später kommen. -- Schreibe worüber und wie du wilst: es wird mir allemal besser gefallen als dir. -- Rosen- müller ist so mild und gutthätig wie ein Kind und gäbe wenn er ganz Afrika hätte, es jedem und behielte für sich nichts als das innere un- bekante: was du also noch bedarfst, das fodere nur. -- Von der Liebe5 und dem Ankommen deines Briefes hieng meines in Hof ab: jezt schweige freier, ich wil dich nicht mehr durch Befürchtungen quälen. --
Ich bin viel leichter in der Ehe glüklich als du denkst: wenn nur der Frühling der Liebe da war, dan frag ich wenig nach dem Sommer der Ehe. Glaube nicht deine opfernde Lage meiner ähnlich -- ach in deiner10 wär' ich durch Jugend und Schönheit, durch grössere Seelen-Weich- heit und durch leichteres Unterordnen in die mitlern bürgerlichen Verhältnisse zu glüklich gewesen. --
Für den H.-Asmodi wil ich die Fischleber (die Galle absondert und vertreibt) und den Exorzismus mitbringen. -- Agnes von Lilien ist für15 mich und andere Kritiker eine zerzausete Lilie mit grünem geköpften Stengel. -- Von den Horen ist der November heraus und er gleicht dem astronomischen an Wind und Oede. -- Ach die gute Paulline! ich glaube ich werde vor Freude und Liebe unter euch sterben. -- Sag es Renata, sie sol mich fragen, was ich von ihrem Schweigen denke. --20 In der Bayreuther Zeitung gefallen mir die Intelligenzavisen von Naila, Hof etc. am meisten: es ist doch was, der Name und die Nach- barschaft von Hof.
-- Mein guter geliebter Macdonald geht in 14 Tagen mit einem Kriegsschiff nach Hause: ach ihr würdet euch lieben! -- Platner war25 so glüklich, durch einen fallenden Wagen das Brustbein zu brechen, aus welchem er sich einen neuen Ehrenbogen der Eitelkeit wölbt -- (ich [57]war Sontags bei ihm; doch ist seine Eitelkeit gutmüthig und er schäzt alles fremde Gute) -- aber das Leben seiner edlen Tochter hieng bei diesem Fal nur an der Hülfe einer frühern Minute -- sie war schon30 erstikt und erquetscht -- und diese unbeschreiblich schöne Seele war schon in der Todesstunde und blikte sinkend in ihr aufgemachtes Grab, wie sie mir selber sagte und sie lies gern der Höle das junge blühende Leben. Ich liebe sie innig und unter den unverheiratheten am meisten hier.35
Träume aber von keinem Einflusse ihres Werths auf meinen obigen Entschlus. --
Parliamentswahlen anders oder ſpäter kommen. — Schreibe worüber und wie du wilſt: es wird mir allemal beſſer gefallen als dir. — Roſen- müller iſt ſo mild und gutthätig wie ein Kind und gäbe wenn er ganz Afrika hätte, es jedem und behielte für ſich nichts als das innere un- bekante: was du alſo noch bedarfſt, das fodere nur. — Von der Liebe5 und dem Ankommen deines Briefes hieng meines in Hof ab: jezt ſchweige freier, ich wil dich nicht mehr durch Befürchtungen quälen. —
Ich bin viel leichter in der Ehe glüklich als du denkſt: wenn nur der Frühling der Liebe da war, dan frag ich wenig nach dem Sommer der Ehe. Glaube nicht deine opfernde Lage meiner ähnlich — ach in deiner10 wär’ ich durch Jugend und Schönheit, durch gröſſere Seelen-Weich- heit und durch leichteres Unterordnen in die mitlern bürgerlichen Verhältniſſe zu glüklich geweſen. —
Für den H.-Asmodi wil ich die Fiſchleber (die Galle abſondert und vertreibt) und den Exorziſmus mitbringen. — Agnes von Lilien iſt für15 mich und andere Kritiker eine zerzauſete Lilie mit grünem geköpften Stengel. — Von den Horen iſt der November heraus und er gleicht dem aſtronomiſchen an Wind und Oede. — Ach die gute Paulline! ich glaube ich werde vor Freude und Liebe unter euch ſterben. — Sag es Renata, ſie ſol mich fragen, was ich von ihrem Schweigen denke. —20 In der Bayreuther Zeitung gefallen mir die Intelligenzaviſen von Naila, Hof ꝛc. am meiſten: es iſt doch was, der Name und die Nach- barſchaft von Hof.
— Mein guter geliebter Macdonald geht in 14 Tagen mit einem Kriegsſchiff nach Hauſe: ach ihr würdet euch lieben! — Platner war25 ſo glüklich, durch einen fallenden Wagen das Bruſtbein zu brechen, aus welchem er ſich einen neuen Ehrenbogen der Eitelkeit wölbt — (ich [57]war Sontags bei ihm; doch iſt ſeine Eitelkeit gutmüthig und er ſchäzt alles fremde Gute) — aber das Leben ſeiner edlen Tochter hieng bei dieſem Fal nur an der Hülfe einer frühern Minute — ſie war ſchon30 erſtikt und erquetſcht — und dieſe unbeſchreiblich ſchöne Seele war ſchon in der Todesſtunde und blikte ſinkend in ihr aufgemachtes Grab, wie ſie mir ſelber ſagte und ſie lies gern der Höle das junge blühende Leben. Ich liebe ſie innig und unter den unverheiratheten am meiſten hier.35
Träume aber von keinem Einfluſſe ihres Werths auf meinen obigen Entſchlus. —
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0059"n="52"/>
Parliamentswahlen anders oder ſpäter kommen. — Schreibe worüber<lb/>
und wie du wilſt: es wird mir allemal beſſer gefallen als dir. — Roſen-<lb/>
müller iſt ſo mild und gutthätig wie ein Kind und gäbe wenn er ganz<lb/>
Afrika hätte, es jedem und behielte für ſich nichts als das innere un-<lb/>
bekante: was du alſo noch bedarfſt, das fodere nur. — Von der Liebe<lbn="5"/>
und dem Ankommen deines Briefes hieng meines in Hof ab: jezt<lb/>ſchweige freier, ich wil dich nicht mehr durch Befürchtungen quälen. —</p><lb/><p>Ich bin viel leichter in der Ehe glüklich als du denkſt: wenn nur der<lb/>
Frühling der Liebe da war, dan frag ich wenig nach dem Sommer der<lb/>
Ehe. Glaube nicht deine opfernde Lage meiner ähnlich — ach in deiner<lbn="10"/>
wär’ ich durch Jugend und Schönheit, durch gröſſere Seelen-Weich-<lb/>
heit und durch leichteres Unterordnen in die mitlern bürgerlichen<lb/>
Verhältniſſe zu glüklich geweſen. —</p><lb/><p>Für den <hirendition="#aq">H.</hi>-Asmodi wil ich die Fiſchleber (die Galle abſondert und<lb/>
vertreibt) und den Exorziſmus mitbringen. — Agnes von Lilien iſt für<lbn="15"/>
mich und andere Kritiker eine zerzauſete Lilie mit grünem geköpften<lb/>
Stengel. — Von den Horen iſt der <hirendition="#g">November</hi> heraus und er gleicht<lb/>
dem aſtronomiſchen an Wind und Oede. — Ach die gute Paulline!<lb/>
ich glaube ich werde vor Freude und Liebe unter euch ſterben. — Sag es<lb/>
Renata, ſie ſol mich fragen, was ich von ihrem Schweigen denke. —<lbn="20"/>
In der Bayreuther Zeitung gefallen mir die Intelligenzaviſen von<lb/>
Naila, Hof ꝛc. am meiſten: es iſt doch was, der Name und die Nach-<lb/>
barſchaft von Hof.</p><lb/><p>— Mein guter geliebter <hirendition="#aq">Macdonald</hi> geht in 14 Tagen mit einem<lb/>
Kriegsſchiff nach Hauſe: ach ihr würdet euch lieben! — Platner war<lbn="25"/>ſo glüklich, durch einen fallenden Wagen das Bruſtbein zu brechen, aus<lb/>
welchem er ſich einen neuen Ehrenbogen der Eitelkeit wölbt — (ich<lb/><noteplace="left"><reftarget="1922_Bd3_57">[57]</ref></note>war Sontags bei ihm; doch iſt ſeine Eitelkeit gutmüthig und er ſchäzt<lb/>
alles fremde Gute) — aber das Leben ſeiner edlen Tochter hieng bei<lb/>
dieſem Fal nur an der Hülfe einer frühern Minute —ſie war ſchon<lbn="30"/>
erſtikt und erquetſcht — und dieſe unbeſchreiblich ſchöne Seele war<lb/>ſchon in der Todesſtunde und blikte ſinkend in ihr aufgemachtes Grab,<lb/>
wie ſie mir ſelber ſagte und ſie lies gern der Höle das junge blühende<lb/>
Leben. Ich liebe ſie innig und unter den unverheiratheten am meiſten<lb/>
hier.<lbn="35"/></p><p>Träume aber von keinem Einfluſſe ihres Werths auf meinen obigen<lb/>
Entſchlus. —</p><lb/></div></body></text></TEI>
[52/0059]
Parliamentswahlen anders oder ſpäter kommen. — Schreibe worüber
und wie du wilſt: es wird mir allemal beſſer gefallen als dir. — Roſen-
müller iſt ſo mild und gutthätig wie ein Kind und gäbe wenn er ganz
Afrika hätte, es jedem und behielte für ſich nichts als das innere un-
bekante: was du alſo noch bedarfſt, das fodere nur. — Von der Liebe 5
und dem Ankommen deines Briefes hieng meines in Hof ab: jezt
ſchweige freier, ich wil dich nicht mehr durch Befürchtungen quälen. —
Ich bin viel leichter in der Ehe glüklich als du denkſt: wenn nur der
Frühling der Liebe da war, dan frag ich wenig nach dem Sommer der
Ehe. Glaube nicht deine opfernde Lage meiner ähnlich — ach in deiner 10
wär’ ich durch Jugend und Schönheit, durch gröſſere Seelen-Weich-
heit und durch leichteres Unterordnen in die mitlern bürgerlichen
Verhältniſſe zu glüklich geweſen. —
Für den H.-Asmodi wil ich die Fiſchleber (die Galle abſondert und
vertreibt) und den Exorziſmus mitbringen. — Agnes von Lilien iſt für 15
mich und andere Kritiker eine zerzauſete Lilie mit grünem geköpften
Stengel. — Von den Horen iſt der November heraus und er gleicht
dem aſtronomiſchen an Wind und Oede. — Ach die gute Paulline!
ich glaube ich werde vor Freude und Liebe unter euch ſterben. — Sag es
Renata, ſie ſol mich fragen, was ich von ihrem Schweigen denke. — 20
In der Bayreuther Zeitung gefallen mir die Intelligenzaviſen von
Naila, Hof ꝛc. am meiſten: es iſt doch was, der Name und die Nach-
barſchaft von Hof.
— Mein guter geliebter Macdonald geht in 14 Tagen mit einem
Kriegsſchiff nach Hauſe: ach ihr würdet euch lieben! — Platner war 25
ſo glüklich, durch einen fallenden Wagen das Bruſtbein zu brechen, aus
welchem er ſich einen neuen Ehrenbogen der Eitelkeit wölbt — (ich
war Sontags bei ihm; doch iſt ſeine Eitelkeit gutmüthig und er ſchäzt
alles fremde Gute) — aber das Leben ſeiner edlen Tochter hieng bei
dieſem Fal nur an der Hülfe einer frühern Minute — ſie war ſchon 30
erſtikt und erquetſcht — und dieſe unbeſchreiblich ſchöne Seele war
ſchon in der Todesſtunde und blikte ſinkend in ihr aufgemachtes Grab,
wie ſie mir ſelber ſagte und ſie lies gern der Höle das junge blühende
Leben. Ich liebe ſie innig und unter den unverheiratheten am meiſten
hier. 35
[57]Träume aber von keinem Einfluſſe ihres Werths auf meinen obigen
Entſchlus. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe03_1959/59>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.