Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 3. Berlin, 1959.aber wegen alles übrigen bilt er mich an. Und ganz recht: so lang noch Ich lernte auf Frege's Landgut Mdme Grey kennen, die wizigste d. 16 Aug. Das mit der Stadt kan nicht wahr sein; an eine grössere gewöhnt, Übrigens hat mein Thorax noch sein Gewölbe; du misverstandest Gestern gieng ich von diesem Blatte zur -- Grey, die ich auf dem aber wegen alles übrigen bilt er mich an. Und ganz recht: ſo lang noch Ich lernte auf Frege’s Landgut Mdme Grey kennen, die wizigſte d. 16 Aug. Das mit der Stadt kan nicht wahr ſein; an eine gröſſere gewöhnt, Übrigens hat mein Thorax noch ſein Gewölbe; du misverſtandeſt Geſtern gieng ich von dieſem Blatte zur — Grey, die ich auf dem <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0093" n="84"/> aber wegen alles übrigen bilt er mich an. Und ganz recht: ſo lang noch<lb/> ein Bogen von mir 3 Leſer hat, ſo hat ſeine windeierhafte Poetik<lb/> 3 weniger.</p><lb/> <p>Ich lernte auf Frege’s Landgut <hi rendition="#aq">Mdme</hi> Grey kennen, die wizigſte<lb/> Kokette, die ich noch geſehen, die eheliche Koadjutrix des vorigen<lb n="5"/> Königs, des Weimariſchen Herzogs, und anderer <hi rendition="#g">krönenden</hi> Häup-<lb/> ter. — Ein hieſiger <hi rendition="#aq">D.</hi> Rauh (denk’ ich) (ſie iſt hier in den beſten Geſel-<lb/> ſchaften) ſagte ſeinem Namen zufolge zu ihr: „ſie habe ſich doch noch<lb/> ganz wohl erhalten, ſie ſei eine alte Eiche, an die man ſich noch immer<lb/> lehnen könne.“ — „So thun Sie es, ſagte ſie, nur der Früchte wegen.“ —<lb n="10"/> Wir ſtallen gut zuſammen (wiewohl mir ſonderbar und unbequem<lb/> und der Ton bei einem weiblichen Weſen ungewis wird, bei welchem<lb/> faſt keiner verboten iſt) und wir haben uns beide Nachts in einem<lb/> Gartenwäldgen verirt, aber nur phyſiſch. Ich verſprach zu kommen und<lb/> that es noch nicht. So mach’ ich [es] hier mit allem Volk, nicht blos<lb n="15"/> aus Zeit-Geiz ſondern weil am merkantiliſchen nicht viel iſt. Ich lobe<lb/> mir den Adel und den gebildeten Gelehrten. In Weiſſens herzliche<lb/> Familie und deren Herzen wachſ’ ich wie ein Herzpolype immer tiefer<lb/> hinein; daher mir einer der vortreflichſten Menſchen, Prediger Wolf<lb/> aus Prenzlau, auf Starke’s Aviſo gratulierte, daß ich die Weiſſin<lb n="20"/> heirathete, wiewohl dazu das hieſige Gerede mit <hi rendition="#aq">Dlle</hi> Feind der<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd3_92">[92]</ref></note>jüngern nicht paſſen wil, wenn man nicht beides durch die Hypotheſe<lb/> vereint, daß ich etwan eine dritte heirathe, welches Gott gebe meinet-<lb/> wegen. Warlich ich brauch’ eine Frau und Ruhe und ein Dorf (oder<lb/> eine elende) 〈neben einer〉 Stadt.<lb n="25"/> </p> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">d.</hi> 16 Aug.</hi> </dateline><lb/> <p>Das mit der Stadt kan nicht wahr ſein; an eine gröſſere gewöhnt,<lb/> erträgt man höchſtens nur das Dorf, oder die Nähe an dieſer.</p><lb/> <p>Übrigens hat mein <hi rendition="#aq">Thorax</hi> noch ſein Gewölbe; du misverſtandeſt<lb/> mich — ich lerne die Menſchen immer mehr lieben; aber Liebe zu mir<lb n="30"/> iſt noch kein Gehalt, für den man ſich hingeben kan. Ach man mus nur<lb/> ſo viel errathen oder vergeben! Gleim hätt’ ich mit ſeiner einäugigen<lb/> Volherzigkeit gewis in keinem frühern Jahre ſo geliebt als in dieſem,<lb/> wo ſie eben ſeltener auftrit. — — (Ich wagte gegen ihn nur einige<lb/> leichte Bemerkungen, als er Ludwigs <hi rendition="#aq">XVI</hi> Leiden gegen Chriſtus<lb n="35"/> ſeine hielt.)</p><lb/> <p>Geſtern gieng ich von dieſem Blatte zur — Grey, die ich auf dem<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0093]
aber wegen alles übrigen bilt er mich an. Und ganz recht: ſo lang noch
ein Bogen von mir 3 Leſer hat, ſo hat ſeine windeierhafte Poetik
3 weniger.
Ich lernte auf Frege’s Landgut Mdme Grey kennen, die wizigſte
Kokette, die ich noch geſehen, die eheliche Koadjutrix des vorigen 5
Königs, des Weimariſchen Herzogs, und anderer krönenden Häup-
ter. — Ein hieſiger D. Rauh (denk’ ich) (ſie iſt hier in den beſten Geſel-
ſchaften) ſagte ſeinem Namen zufolge zu ihr: „ſie habe ſich doch noch
ganz wohl erhalten, ſie ſei eine alte Eiche, an die man ſich noch immer
lehnen könne.“ — „So thun Sie es, ſagte ſie, nur der Früchte wegen.“ — 10
Wir ſtallen gut zuſammen (wiewohl mir ſonderbar und unbequem
und der Ton bei einem weiblichen Weſen ungewis wird, bei welchem
faſt keiner verboten iſt) und wir haben uns beide Nachts in einem
Gartenwäldgen verirt, aber nur phyſiſch. Ich verſprach zu kommen und
that es noch nicht. So mach’ ich [es] hier mit allem Volk, nicht blos 15
aus Zeit-Geiz ſondern weil am merkantiliſchen nicht viel iſt. Ich lobe
mir den Adel und den gebildeten Gelehrten. In Weiſſens herzliche
Familie und deren Herzen wachſ’ ich wie ein Herzpolype immer tiefer
hinein; daher mir einer der vortreflichſten Menſchen, Prediger Wolf
aus Prenzlau, auf Starke’s Aviſo gratulierte, daß ich die Weiſſin 20
heirathete, wiewohl dazu das hieſige Gerede mit Dlle Feind der
jüngern nicht paſſen wil, wenn man nicht beides durch die Hypotheſe
vereint, daß ich etwan eine dritte heirathe, welches Gott gebe meinet-
wegen. Warlich ich brauch’ eine Frau und Ruhe und ein Dorf (oder
eine elende) 〈neben einer〉 Stadt. 25
[92]d. 16 Aug.
Das mit der Stadt kan nicht wahr ſein; an eine gröſſere gewöhnt,
erträgt man höchſtens nur das Dorf, oder die Nähe an dieſer.
Übrigens hat mein Thorax noch ſein Gewölbe; du misverſtandeſt
mich — ich lerne die Menſchen immer mehr lieben; aber Liebe zu mir 30
iſt noch kein Gehalt, für den man ſich hingeben kan. Ach man mus nur
ſo viel errathen oder vergeben! Gleim hätt’ ich mit ſeiner einäugigen
Volherzigkeit gewis in keinem frühern Jahre ſo geliebt als in dieſem,
wo ſie eben ſeltener auftrit. — — (Ich wagte gegen ihn nur einige
leichte Bemerkungen, als er Ludwigs XVI Leiden gegen Chriſtus 35
ſeine hielt.)
Geſtern gieng ich von dieſem Blatte zur — Grey, die ich auf dem
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(2016-11-22T15:05:42Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:05:42Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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