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Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.

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so wirst du meinen Willen blos als eine Erleichterung für dich finden,
daß du mir nämlich jeden Monat -- vom künftigen Jahre an --
1 Ld'or daran zurükzahlst von deiner Einnahme und ihn blos bei
Matzdorf niederlegst. Ich sage nichts mehr darüber, weil ich dir
darüber zu denken überlasse.5

Grüsse den lieben Kosmeli, der mir jezt noch mehr gefiel; erinnere
ihn an Arbuthnot. Lebe wohl und vergieb und bejahe!

R.
204. An Karoline Herder.
10

Verehrteste Freundin! Wär' ich nicht in der Ehe -- und Ruhe --
und Einsamkeit -- und sogar brieflichen Ab[ge]schiedenheit: so wäre
ein so langes Schweigen auf den schönsten Doppel-Brief,*) den ich35
[127]je von Ihnen erhalten, eine eben so lange Sünde. Ihre Reise nach
Franken und die unsrige nach Bayreuth und Kassel machen die15
schweigende Zeit kürzer. Mit dem ganzen theilnehmenden Herzen,
womit ich in Ihrem Hause wie ein daraus abgeschiedener Geist fort-
lebe, hört' ich Ihren Ankauf, die Promozion Ihres Oekonomen und
Ihre Reise. Nichts als was mich freuete, vernahm ich; dahin gehört
zuerst das Gedicht über Heloise, das ein algemeiner Enthusiasmus mir20
schilderte und das ich mit einem ähnlichen -- suchte; denn ich bekomm'
es erst. Wenn nimt die Adrastea ihre Diamantenwage wieder? --
Ich sage hier dem herlichen liebenden Richter, der an meinen Titan
so freundlich nicht die längste sondern die kürzeste Elle anlegte und ihn
so nicht unter dem Rekrutenmaas befand, allen den frohen Dank, den25
ein aufgemunterter Autor und ein beglükter Freund nur bringen kan.
O es ist schön, wenn der Fixstern, der uns den Weg beleuchtet, so nahe
herabtrit, daß er unsere Sonne wird, die wärmen kan.


Eben hab' ich die Heloise gelesen -- beinahe gesungen. Der pro-30
saische Aufsaz ist ihre Zeichnung und der poetische ihr Kolorit. Mit
wenigen plutarchischen Lineamenten -- die sie und das Ideal weib-
licher Kraft umreissen -- ist ihre Gestalt und mit den lyrischen Farben
aus einem Herzen, das selber ein fortdauernder Hymnus auf die

*) im July

ſo wirſt du meinen Willen blos als eine Erleichterung für dich finden,
daß du mir nämlich jeden Monat — vom künftigen Jahre an —
1 Ld’or daran zurükzahlſt von deiner Einnahme und ihn blos bei
Matzdorf niederlegſt. Ich ſage nichts mehr darüber, weil ich dir
darüber zu denken überlaſſe.5

Grüſſe den lieben Kosmeli, der mir jezt noch mehr gefiel; erinnere
ihn an Arbuthnot. Lebe wohl und vergieb und bejahe!

R.
204. An Karoline Herder.
10

Verehrteſte Freundin! Wär’ ich nicht in der Ehe — und Ruhe —
und Einſamkeit — und ſogar brieflichen Ab[ge]ſchiedenheit: ſo wäre
ein ſo langes Schweigen auf den ſchönſten Doppel-Brief,*) den ich35
[127]je von Ihnen erhalten, eine eben ſo lange Sünde. Ihre Reiſe nach
Franken und die unſrige nach Bayreuth und Kassel machen die15
ſchweigende Zeit kürzer. Mit dem ganzen theilnehmenden Herzen,
womit ich in Ihrem Hauſe wie ein daraus abgeſchiedener Geiſt fort-
lebe, hört’ ich Ihren Ankauf, die Promozion Ihres Oekonomen und
Ihre Reiſe. Nichts als was mich freuete, vernahm ich; dahin gehört
zuerſt das Gedicht über Heloiſe, das ein algemeiner Enthuſiaſmus mir20
ſchilderte und das ich mit einem ähnlichen — ſuchte; denn ich bekomm’
es erſt. Wenn nimt die Adrastea ihre Diamantenwage wieder? —
Ich ſage hier dem herlichen liebenden Richter, der an meinen Titan
ſo freundlich nicht die längſte ſondern die kürzeſte Elle anlegte und ihn
ſo nicht unter dem Rekrutenmaas befand, allen den frohen Dank, den25
ein aufgemunterter Autor und ein beglükter Freund nur bringen kan.
O es iſt ſchön, wenn der Fixſtern, der uns den Weg beleuchtet, ſo nahe
herabtrit, daß er unſere Sonne wird, die wärmen kan.


Eben hab’ ich die Heloise geleſen — beinahe geſungen. Der pro-30
ſaiſche Aufſaz iſt ihre Zeichnung und der poetiſche ihr Kolorit. Mit
wenigen plutarchiſchen Lineamenten — die ſie und das Ideal weib-
licher Kraft umreiſſen — iſt ihre Geſtalt und mit den lyriſchen Farben
aus einem Herzen, das ſelber ein fortdauernder Hymnus auf die

*) im July
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[112/0118] ſo wirſt du meinen Willen blos als eine Erleichterung für dich finden, daß du mir nämlich jeden Monat — vom künftigen Jahre an — 1 Ld’or daran zurükzahlſt von deiner Einnahme und ihn blos bei Matzdorf niederlegſt. Ich ſage nichts mehr darüber, weil ich dir darüber zu denken überlaſſe. 5 Grüſſe den lieben Kosmeli, der mir jezt noch mehr gefiel; erinnere ihn an Arbuthnot. Lebe wohl und vergieb und bejahe! R. 204. An Karoline Herder. Meiningen d. 22. Okt. 1801. 10 Verehrteſte Freundin! Wär’ ich nicht in der Ehe — und Ruhe — und Einſamkeit — und ſogar brieflichen Ab[ge]ſchiedenheit: ſo wäre ein ſo langes Schweigen auf den ſchönſten Doppel-Brief, *) den ich 35 je von Ihnen erhalten, eine eben ſo lange Sünde. Ihre Reiſe nach Franken und die unſrige nach Bayreuth und Kassel machen die 15 ſchweigende Zeit kürzer. Mit dem ganzen theilnehmenden Herzen, womit ich in Ihrem Hauſe wie ein daraus abgeſchiedener Geiſt fort- lebe, hört’ ich Ihren Ankauf, die Promozion Ihres Oekonomen und Ihre Reiſe. Nichts als was mich freuete, vernahm ich; dahin gehört zuerſt das Gedicht über Heloiſe, das ein algemeiner Enthuſiaſmus mir 20 ſchilderte und das ich mit einem ähnlichen — ſuchte; denn ich bekomm’ es erſt. Wenn nimt die Adrastea ihre Diamantenwage wieder? — Ich ſage hier dem herlichen liebenden Richter, der an meinen Titan ſo freundlich nicht die längſte ſondern die kürzeſte Elle anlegte und ihn ſo nicht unter dem Rekrutenmaas befand, allen den frohen Dank, den 25 ein aufgemunterter Autor und ein beglükter Freund nur bringen kan. O es iſt ſchön, wenn der Fixſtern, der uns den Weg beleuchtet, ſo nahe herabtrit, daß er unſere Sonne wird, die wärmen kan. [127] d. 1. Nov. Eben hab’ ich die Heloise geleſen — beinahe geſungen. Der pro- 30 ſaiſche Aufſaz iſt ihre Zeichnung und der poetiſche ihr Kolorit. Mit wenigen plutarchiſchen Lineamenten — die ſie und das Ideal weib- licher Kraft umreiſſen — iſt ihre Geſtalt und mit den lyriſchen Farben aus einem Herzen, das ſelber ein fortdauernder Hymnus auf die *) im July

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-11-22T15:08:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-11-22T15:08:29Z)

Weitere Informationen:

Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).

Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.




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Zitationshilfe: Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/118>, abgerufen am 21.11.2024.