Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.so wirst du meinen Willen blos als eine Erleichterung für dich finden, Grüsse den lieben Kosmeli, der mir jezt noch mehr gefiel; erinnere R. 204. An Karoline Herder. Meiningen d. 22. Okt. 1801.10Verehrteste Freundin! Wär' ich nicht in der Ehe -- und Ruhe -- d. 1. Nov. Eben hab' ich die Heloise gelesen -- beinahe gesungen. Der pro-30 *) im July
ſo wirſt du meinen Willen blos als eine Erleichterung für dich finden, Grüſſe den lieben Kosmeli, der mir jezt noch mehr gefiel; erinnere R. 204. An Karoline Herder. Meiningen d. 22. Okt. 1801.10Verehrteſte Freundin! Wär’ ich nicht in der Ehe — und Ruhe — d. 1. Nov. Eben hab’ ich die Heloise geleſen — beinahe geſungen. Der pro-30 *) im July
<TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0118" n="112"/> ſo wirſt du meinen Willen blos als eine Erleichterung für dich finden,<lb/> daß du mir nämlich jeden Monat — vom künftigen Jahre an —<lb/> 1 <hi rendition="#aq">Ld’or</hi> daran zurükzahlſt von deiner Einnahme und ihn blos bei<lb/><hi rendition="#aq">Matzdorf</hi> niederlegſt. Ich ſage nichts mehr darüber, weil ich dir<lb/> darüber zu denken überlaſſe.<lb n="5"/> </p> <p>Grüſſe den lieben <hi rendition="#aq">Kosmeli,</hi> der mir jezt noch mehr gefiel; erinnere<lb/> ihn an <hi rendition="#aq">Arbuthnot.</hi> Lebe wohl und vergieb und bejahe!</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#right">R.</hi> </salute> </closer> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>204. An <hi rendition="#g">Karoline Herder.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Meiningen</hi> d. 22. Okt. 1801.</hi> </dateline> <lb n="10"/> <p>Verehrteſte Freundin! Wär’ ich nicht in der Ehe — und Ruhe —<lb/> und Einſamkeit — und ſogar brieflichen Ab[ge]ſchiedenheit: ſo wäre<lb/> ein ſo langes Schweigen auf den ſchönſten Doppel-Brief,<note place="foot" n="*)">im July</note> den ich<lb n="35"/> <note place="left"><ref target="1922_Bd4_127">[127]</ref></note>je von Ihnen erhalten, eine eben ſo lange Sünde. Ihre Reiſe nach<lb/> Franken und die unſrige nach <hi rendition="#aq">Bayreuth</hi> und <hi rendition="#aq">Kassel</hi> machen die<lb n="15"/> ſchweigende Zeit kürzer. Mit dem ganzen theilnehmenden Herzen,<lb/> womit ich in Ihrem Hauſe wie ein daraus abgeſchiedener Geiſt fort-<lb/> lebe, hört’ ich Ihren Ankauf, die Promozion Ihres Oekonomen und<lb/> Ihre Reiſe. Nichts als was mich freuete, vernahm ich; dahin gehört<lb/> zuerſt das Gedicht über Heloiſe, das ein algemeiner Enthuſiaſmus mir<lb n="20"/> ſchilderte und das ich mit einem ähnlichen — ſuchte; denn ich bekomm’<lb/> es erſt. Wenn nimt die <hi rendition="#aq">Adrastea</hi> ihre Diamantenwage wieder? —<lb/> Ich ſage hier dem herlichen liebenden Richter, der an meinen Titan<lb/> ſo freundlich nicht die längſte ſondern die kürzeſte Elle anlegte und ihn<lb/> ſo nicht unter dem Rekrutenmaas befand, allen den frohen Dank, den<lb n="25"/> ein aufgemunterter Autor und ein beglükter Freund nur bringen kan.<lb/> O es iſt ſchön, wenn der Fixſtern, der uns den Weg beleuchtet, ſo nahe<lb/> herabtrit, daß er unſere Sonne wird, die wärmen kan.</p><lb/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right"> <hi rendition="#aq">d. 1. Nov.</hi> </hi> </dateline><lb/> <p>Eben hab’ ich die <hi rendition="#aq">Heloise</hi> geleſen — beinahe geſungen. Der pro-<lb n="30"/> ſaiſche Aufſaz iſt ihre Zeichnung und der poetiſche ihr Kolorit. Mit<lb/> wenigen plutarchiſchen Lineamenten — die ſie und das Ideal weib-<lb/> licher Kraft umreiſſen — iſt ihre Geſtalt und mit den lyriſchen Farben<lb/> aus einem Herzen, das ſelber ein fortdauernder Hymnus auf die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0118]
ſo wirſt du meinen Willen blos als eine Erleichterung für dich finden,
daß du mir nämlich jeden Monat — vom künftigen Jahre an —
1 Ld’or daran zurükzahlſt von deiner Einnahme und ihn blos bei
Matzdorf niederlegſt. Ich ſage nichts mehr darüber, weil ich dir
darüber zu denken überlaſſe. 5
Grüſſe den lieben Kosmeli, der mir jezt noch mehr gefiel; erinnere
ihn an Arbuthnot. Lebe wohl und vergieb und bejahe!
R.
204. An Karoline Herder.
Meiningen d. 22. Okt. 1801. 10
Verehrteſte Freundin! Wär’ ich nicht in der Ehe — und Ruhe —
und Einſamkeit — und ſogar brieflichen Ab[ge]ſchiedenheit: ſo wäre
ein ſo langes Schweigen auf den ſchönſten Doppel-Brief, *) den ich 35
je von Ihnen erhalten, eine eben ſo lange Sünde. Ihre Reiſe nach
Franken und die unſrige nach Bayreuth und Kassel machen die 15
ſchweigende Zeit kürzer. Mit dem ganzen theilnehmenden Herzen,
womit ich in Ihrem Hauſe wie ein daraus abgeſchiedener Geiſt fort-
lebe, hört’ ich Ihren Ankauf, die Promozion Ihres Oekonomen und
Ihre Reiſe. Nichts als was mich freuete, vernahm ich; dahin gehört
zuerſt das Gedicht über Heloiſe, das ein algemeiner Enthuſiaſmus mir 20
ſchilderte und das ich mit einem ähnlichen — ſuchte; denn ich bekomm’
es erſt. Wenn nimt die Adrastea ihre Diamantenwage wieder? —
Ich ſage hier dem herlichen liebenden Richter, der an meinen Titan
ſo freundlich nicht die längſte ſondern die kürzeſte Elle anlegte und ihn
ſo nicht unter dem Rekrutenmaas befand, allen den frohen Dank, den 25
ein aufgemunterter Autor und ein beglükter Freund nur bringen kan.
O es iſt ſchön, wenn der Fixſtern, der uns den Weg beleuchtet, ſo nahe
herabtrit, daß er unſere Sonne wird, die wärmen kan.
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d. 1. Nov.
Eben hab’ ich die Heloise geleſen — beinahe geſungen. Der pro- 30
ſaiſche Aufſaz iſt ihre Zeichnung und der poetiſche ihr Kolorit. Mit
wenigen plutarchiſchen Lineamenten — die ſie und das Ideal weib-
licher Kraft umreiſſen — iſt ihre Geſtalt und mit den lyriſchen Farben
aus einem Herzen, das ſelber ein fortdauernder Hymnus auf die
*) im July
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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