Sträuben, aus der süssen Unabhängigkeit und Lese- und Schreibe- Schwelgerei herauszugehen in ein bindendes Verhältnis. Sie be- kommen nach dem Dank auf Sicht den grössern a uso. Er mus durch- aus einmal von seinem dünnen schwankenden Brette genommen und ihm eine Laufbahn aufgemacht werden. Was wagen Sie, wenn5 anders das beste Gewissen wagen kan? Höchstens daß er einmal ab- dankt. Und ferner, steht denn jezt nicht sein ganzes Ja oder Nein bei ihm selber?
Gott segne Ihre Engels Hand. Möchten Sie sie einmal einer weib- lichen geben können! -- Alle Grüsse von mir und C. --10
R.
Die Röntgeniana hab' ich nur überlaufen. Wozu aber etwas überpichen, was ein so oft rezensierter Autor schon gewohnt ist? -- Betrift es meinen moralischen Karakter oder meinen litterarischen? Nur das sagen Sie mir, dan wil ich Ihnen das Übrige selber ergänzen15 und vermehren.
247. An Thieriot.
Meiningen d. 8. März 1802.
Der Himmel weis, was ich Ihnen zu sagen hatte. Auf Ihr Kommen wird nun alles verschoben. Vermuthlich komt Emanuel in meiner20 Geburtswoche; in diese solten Sie auch herein, besonders da -- me vate, te teste -- das schönste Wetter dan ist. Der Herzog -- bei dem ich schon Ihr Apo- und Prolog gewesen -- wird Ihren Geigen- und andern Hals mit Freuden hören; aber sonst dürfen Sie auf be- sondere Konzerte und Ohren hier nicht sonderlich rechnen. Sagen Sie25 doch dem geliebten Kanne ausser meinem Dank und Vergnügen über[154] sein Wissen, noch daß ich mit dem Herzog über ihn gesprochen -- daß dieser an den etc. Hof geschrieben -- daß er wünscht, ihn vorher hier zu sehen und daß K. dan (nach seiner Meinung) mit fremdem Reisegeld an den etc. Hof reisen sol, blos um sich zu -- zeigen. Möge diesem tref-30 lichen Mikrokosmus der Makrokosmus, diese terra, leicht sein!
Ich arbeite -- nach den fertigen 9 Notariatsbogen -- jezt wieder am Titan mit Himmelslust, da er zu Ostern 1803 ganz fertig sein sol; an Anhänge ist jezt nicht zu denken. An den fertigen kan ich so lange hängen als ich wil, z. B. an einen Anhang wieder einen mässigen35 Anhang. -- Ganz neue Verse, die blos Einen Vers lang sind mit
Sträuben, aus der ſüſſen Unabhängigkeit und Leſe- und Schreibe- Schwelgerei herauszugehen in ein bindendes Verhältnis. Sie be- kommen nach dem Dank auf Sicht den gröſſern a uso. Er mus durch- aus einmal von ſeinem dünnen ſchwankenden Brette genommen und ihm eine Laufbahn aufgemacht werden. Was wagen Sie, wenn5 anders das beſte Gewiſſen wagen kan? Höchſtens daß er einmal ab- dankt. Und ferner, ſteht denn jezt nicht ſein ganzes Ja oder Nein bei ihm ſelber?
Gott ſegne Ihre Engels Hand. Möchten Sie ſie einmal einer weib- lichen geben können! — Alle Grüſſe von mir und C. —10
R.
Die Röntgeniana hab’ ich nur überlaufen. Wozu aber etwas überpichen, was ein ſo oft rezenſierter Autor ſchon gewohnt iſt? — Betrift es meinen moraliſchen Karakter oder meinen litterariſchen? Nur das ſagen Sie mir, dan wil ich Ihnen das Übrige ſelber ergänzen15 und vermehren.
247. An Thieriot.
Meiningen d. 8. März 1802.
Der Himmel weis, was ich Ihnen zu ſagen hatte. Auf Ihr Kommen wird nun alles verſchoben. Vermuthlich komt Emanuel in meiner20 Geburtswoche; in dieſe ſolten Sie auch herein, beſonders da — me vate, te teste — das ſchönſte Wetter dan iſt. Der Herzog — bei dem ich ſchon Ihr Apo- und Prolog geweſen — wird Ihren Geigen- und andern Hals mit Freuden hören; aber ſonſt dürfen Sie auf be- ſondere Konzerte und Ohren hier nicht ſonderlich rechnen. Sagen Sie25 doch dem geliebten Kanne auſſer meinem Dank und Vergnügen über[154] ſein Wiſſen, noch daß ich mit dem Herzog über ihn geſprochen — daß dieſer an den ꝛc. Hof geſchrieben — daß er wünſcht, ihn vorher hier zu ſehen und daß K. dan (nach ſeiner Meinung) mit fremdem Reiſegeld an den ꝛc. Hof reiſen ſol, blos um ſich zu — zeigen. Möge dieſem tref-30 lichen Mikrokoſmus der Makrokoſmus, dieſe terra, leicht ſein!
Ich arbeite — nach den fertigen 9 Notariatsbogen — jezt wieder am Titan mit Himmelsluſt, da er zu Oſtern 1803 ganz fertig ſein ſol; an Anhänge iſt jezt nicht zu denken. An den fertigen kan ich ſo lange hängen als ich wil, z. B. an einen Anhang wieder einen mäſſigen35 Anhang. — Ganz neue Verſe, die blos Einen Vers lang ſind mit
<TEI><text><body><divtype="letter"n="1"><p><pbfacs="#f0144"n="137"/>
Sträuben, aus der ſüſſen Unabhängigkeit und Leſe- und Schreibe-<lb/>
Schwelgerei herauszugehen in ein bindendes Verhältnis. Sie be-<lb/>
kommen nach dem Dank auf Sicht den gröſſern <hirendition="#aq">a uso.</hi> Er mus durch-<lb/>
aus einmal von ſeinem dünnen ſchwankenden Brette genommen und<lb/>
ihm eine Laufbahn <hirendition="#g">aufgem</hi>acht werden. Was wagen Sie, wenn<lbn="5"/>
anders das beſte Gewiſſen wagen kan? Höchſtens daß er einmal ab-<lb/>
dankt. Und ferner, ſteht denn jezt nicht ſein ganzes Ja oder Nein bei<lb/>
ihm ſelber?</p><lb/><p>Gott ſegne Ihre Engels Hand. Möchten Sie ſie einmal einer weib-<lb/>
lichen geben können! — Alle Grüſſe von mir und <hirendition="#aq">C.</hi>—<lbn="10"/></p><closer><salute><hirendition="#right">R.</hi></salute></closer><lb/><postscript><p>Die <hirendition="#aq">Röntgeniana</hi> hab’ ich nur überlaufen. Wozu aber etwas<lb/>
überpichen, was ein ſo oft rezenſierter Autor ſchon gewohnt iſt? —<lb/>
Betrift es meinen moraliſchen Karakter oder meinen litterariſchen?<lb/>
Nur das ſagen Sie mir, dan wil ich Ihnen das Übrige ſelber ergänzen<lbn="15"/>
und vermehren.</p></postscript></div><lb/><divtype="letter"n="1"><head>247. An <hirendition="#g">Thieriot.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#right"><hirendition="#aq">Meiningen</hi> d. 8. März 1802.</hi></dateline><lb/><p>Der Himmel weis, was ich Ihnen zu ſagen hatte. Auf Ihr Kommen<lb/>
wird nun alles verſchoben. Vermuthlich komt <hirendition="#aq">Emanuel</hi> in meiner<lbn="20"/>
Geburtswoche; in dieſe ſolten Sie auch herein, beſonders da —<hirendition="#aq">me<lb/>
vate, te teste</hi>— das ſchönſte Wetter dan iſt. Der Herzog — bei<lb/>
dem ich ſchon Ihr Apo- und Prolog geweſen — wird Ihren Geigen-<lb/>
und andern Hals mit Freuden hören; aber ſonſt dürfen Sie auf be-<lb/>ſondere Konzerte und Ohren hier nicht ſonderlich rechnen. Sagen Sie<lbn="25"/>
doch dem geliebten <hirendition="#aq">Kanne</hi> auſſer meinem Dank und Vergnügen über<noteplace="right"><reftarget="1922_Bd4_154">[154]</ref></note><lb/>ſein Wiſſen, noch daß ich mit dem Herzog über ihn geſprochen — daß<lb/>
dieſer an den ꝛc. Hof geſchrieben — daß er wünſcht, ihn vorher hier zu<lb/>ſehen und daß <hirendition="#aq">K.</hi> dan (nach ſeiner Meinung) mit fremdem Reiſegeld<lb/>
an den ꝛc. Hof reiſen ſol, blos um ſich zu — zeigen. Möge dieſem tref-<lbn="30"/>
lichen Mikrokoſmus der Makrokoſmus, dieſe <hirendition="#aq">terra,</hi> leicht ſein!</p><lb/><p>Ich arbeite — nach den fertigen 9 Notariatsbogen — jezt wieder<lb/>
am <hirendition="#aq">Titan</hi> mit Himmelsluſt, da er zu Oſtern 1803 ganz fertig ſein ſol;<lb/>
an Anhänge iſt jezt nicht zu denken. An den fertigen kan ich ſo lange<lb/>
hängen als ich wil, z. B. an einen Anhang wieder einen mäſſigen<lbn="35"/>
Anhang. — Ganz neue Verſe, die blos Einen Vers lang ſind mit<lb/></p></div></body></text></TEI>
[137/0144]
Sträuben, aus der ſüſſen Unabhängigkeit und Leſe- und Schreibe-
Schwelgerei herauszugehen in ein bindendes Verhältnis. Sie be-
kommen nach dem Dank auf Sicht den gröſſern a uso. Er mus durch-
aus einmal von ſeinem dünnen ſchwankenden Brette genommen und
ihm eine Laufbahn aufgemacht werden. Was wagen Sie, wenn 5
anders das beſte Gewiſſen wagen kan? Höchſtens daß er einmal ab-
dankt. Und ferner, ſteht denn jezt nicht ſein ganzes Ja oder Nein bei
ihm ſelber?
Gott ſegne Ihre Engels Hand. Möchten Sie ſie einmal einer weib-
lichen geben können! — Alle Grüſſe von mir und C. — 10
R.
Die Röntgeniana hab’ ich nur überlaufen. Wozu aber etwas
überpichen, was ein ſo oft rezenſierter Autor ſchon gewohnt iſt? —
Betrift es meinen moraliſchen Karakter oder meinen litterariſchen?
Nur das ſagen Sie mir, dan wil ich Ihnen das Übrige ſelber ergänzen 15
und vermehren.
247. An Thieriot.
Meiningen d. 8. März 1802.
Der Himmel weis, was ich Ihnen zu ſagen hatte. Auf Ihr Kommen
wird nun alles verſchoben. Vermuthlich komt Emanuel in meiner 20
Geburtswoche; in dieſe ſolten Sie auch herein, beſonders da — me
vate, te teste — das ſchönſte Wetter dan iſt. Der Herzog — bei
dem ich ſchon Ihr Apo- und Prolog geweſen — wird Ihren Geigen-
und andern Hals mit Freuden hören; aber ſonſt dürfen Sie auf be-
ſondere Konzerte und Ohren hier nicht ſonderlich rechnen. Sagen Sie 25
doch dem geliebten Kanne auſſer meinem Dank und Vergnügen über
ſein Wiſſen, noch daß ich mit dem Herzog über ihn geſprochen — daß
dieſer an den ꝛc. Hof geſchrieben — daß er wünſcht, ihn vorher hier zu
ſehen und daß K. dan (nach ſeiner Meinung) mit fremdem Reiſegeld
an den ꝛc. Hof reiſen ſol, blos um ſich zu — zeigen. Möge dieſem tref- 30
lichen Mikrokoſmus der Makrokoſmus, dieſe terra, leicht ſein!
[154]
Ich arbeite — nach den fertigen 9 Notariatsbogen — jezt wieder
am Titan mit Himmelsluſt, da er zu Oſtern 1803 ganz fertig ſein ſol;
an Anhänge iſt jezt nicht zu denken. An den fertigen kan ich ſo lange
hängen als ich wil, z. B. an einen Anhang wieder einen mäſſigen 35
Anhang. — Ganz neue Verſe, die blos Einen Vers lang ſind mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Historisch-kritische Ausgabe der Werke und Briefe von Jean Paul. Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:
Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen).
Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jeanpaul_briefe04_1960/144>, abgerufen am 21.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.