Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.Nächte sind wohlthätiger als fremde Tage; aber möge die Vorsicht (*) 279. An Charlotte von Kalb in Weimar. [Kopie, z. T. Konzept][Meiningen, 4. Juni 1802]Sie haben Ihre Wurzeln in 2 Herzen, Sie werden unter meinem 280. An Emanuel.20 M[einingen] d. 4. Jun. 1802.Eben hab' ich Ihren Papier- und Ollapotridas Kasten -- d. h. Auch in der Musik verdirbt ihn das Lob, und nur das tonreiche Nächte ſind wohlthätiger als fremde Tage; aber möge die Vorſicht (*) 279. An Charlotte von Kalb in Weimar. [Kopie, z. T. Konzept][Meiningen, 4. Juni 1802]Sie haben Ihre Wurzeln in 2 Herzen, Sie werden unter meinem 280. An Emanuel.20 M[einingen] d. 4. Jun. 1802.Eben hab’ ich Ihren Papier- und Ollapotridas Kaſten — d. h. Auch in der Muſik verdirbt ihn das Lob, und nur das tonreiche <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <postscript> <p><pb facs="#f0158" n="151"/> Nächte ſind wohlthätiger als fremde Tage; aber möge die Vorſicht<lb/> Ihnen jene ſchöner geben und das feurige Auge zugleich ſchlieſſen und<lb/> heilen. Die Freude meiner Karoline, die bis zur Rührung gieng, wäre<lb/> Ihnen der ſchönſte Dank geweſen, da Sie der meinige, den Sie ſchon<lb/> zu oft erlebten, nicht überraſchet hätte. Guter Gleim! Ihr edles<lb n="5"/> heiſſes Herz tröſte ſich, daß es in den gemeinen Stunden des Lebens<lb/> ſo geſchlagen wie ſonſt leider das menſchliche nur in den lezten; und ſo<lb/> ſehr auch der ſinkende Körper Ihnen das Auſſen verhülle, ſo denke<note place="right"><ref target="1922_Bd4_169">[169]</ref></note><lb/> der bedekte unſterbliche Geiſt daran, daß er in ſich das ewige Licht, die<lb/> Gottheit, nämlich die Liebe zu ihr, trage. —<lb n="10"/> </p> </postscript> </div> <div type="letter" n="1"> <head>(*) 279. An <hi rendition="#g">Charlotte von Kalb in Weimar.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie, z. T. Konzept]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Meiningen, 4. Juni 1802]</hi> </dateline><lb/> <p>Sie haben Ihre Wurzeln in 2 Herzen, Sie werden unter meinem<lb/> Dache 2mal verſtanden und geliebt [— und Sie wiſſen nicht wie ſo<lb/> ſehr. Wir müſſen beiſammen bleiben, auch weis ich nicht, was bei<lb n="15"/> ſolchen äuſſern Lagen und bei ſolcher gegenſeitigen inneren Erkennung<lb/> noch Trennung erlauben könte]. Mein poetiſcher Krater giebt immer<lb/> vollere Flammen. Die Seele liebt rükwärts (vorige Menſchen), da<lb/> ſie es nicht mehr vorwärts thut. Der adeliche und adelnde <hi rendition="#aq">Herder.</hi></p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>280. An <hi rendition="#g">Emanuel.</hi><lb n="20"/> </head> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">M[einingen]</hi> d. 4. Jun. 1802.</hi> </dateline><lb/> <p>Eben hab’ ich Ihren Papier- und Ollapotridas Kaſten — d. h.<lb/> 301 Hofnungen — ausgepakt. Dank, Alter, Rechter! Der nur 1 Fehler<lb/> hat, den ich Ihm einmal ſage; indes vor mir niemand lange — ich<lb/> gar nicht — aushält, ohne erbärmlich zu zergehen in viele Schlacken.<lb n="25"/> Z. B. Unſer geliebter Thieriot thut mir wehe und ſchmilzt vor mir<lb/> durch eine gränzenloſe Eitelkeit, die ich ihm einmal nebſt andern<lb/> Fehlern des Fragmentariſchen, der Wiſſenskälte u. ſ. w. vorhalten<lb/> wil. Sie haben die ſeltenere Kraft, keine Tugend, aber nicht die ge-<lb/> meinere, keinen Fehler zu überſehen. —<lb n="30"/> </p> <p>Auch in der Muſik verdirbt ihn das Lob, und nur das tonreiche<lb/> Paris heilt ihn vielleicht — Höheres giebt es nichts, <hi rendition="#aq">Emanuel,</hi> als<lb/> Freude zu geben, ohne ihren Wiederſchein zu genieſſen — Sie thun<lb/> Ihre gute That gegen O[tto] doppelt, wenn Sie <hi rendition="#g">allein</hi> darüber froh<lb/> zu ſein vermögen. Ich kan Ihnen nicht ſagen, wie mich Ihre wehmüthig-<lb n="35"/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [151/0158]
Nächte ſind wohlthätiger als fremde Tage; aber möge die Vorſicht
Ihnen jene ſchöner geben und das feurige Auge zugleich ſchlieſſen und
heilen. Die Freude meiner Karoline, die bis zur Rührung gieng, wäre
Ihnen der ſchönſte Dank geweſen, da Sie der meinige, den Sie ſchon
zu oft erlebten, nicht überraſchet hätte. Guter Gleim! Ihr edles 5
heiſſes Herz tröſte ſich, daß es in den gemeinen Stunden des Lebens
ſo geſchlagen wie ſonſt leider das menſchliche nur in den lezten; und ſo
ſehr auch der ſinkende Körper Ihnen das Auſſen verhülle, ſo denke
der bedekte unſterbliche Geiſt daran, daß er in ſich das ewige Licht, die
Gottheit, nämlich die Liebe zu ihr, trage. — 10
[169](*) 279. An Charlotte von Kalb in Weimar.
[Meiningen, 4. Juni 1802]
Sie haben Ihre Wurzeln in 2 Herzen, Sie werden unter meinem
Dache 2mal verſtanden und geliebt [— und Sie wiſſen nicht wie ſo
ſehr. Wir müſſen beiſammen bleiben, auch weis ich nicht, was bei 15
ſolchen äuſſern Lagen und bei ſolcher gegenſeitigen inneren Erkennung
noch Trennung erlauben könte]. Mein poetiſcher Krater giebt immer
vollere Flammen. Die Seele liebt rükwärts (vorige Menſchen), da
ſie es nicht mehr vorwärts thut. Der adeliche und adelnde Herder.
280. An Emanuel. 20
M[einingen] d. 4. Jun. 1802.
Eben hab’ ich Ihren Papier- und Ollapotridas Kaſten — d. h.
301 Hofnungen — ausgepakt. Dank, Alter, Rechter! Der nur 1 Fehler
hat, den ich Ihm einmal ſage; indes vor mir niemand lange — ich
gar nicht — aushält, ohne erbärmlich zu zergehen in viele Schlacken. 25
Z. B. Unſer geliebter Thieriot thut mir wehe und ſchmilzt vor mir
durch eine gränzenloſe Eitelkeit, die ich ihm einmal nebſt andern
Fehlern des Fragmentariſchen, der Wiſſenskälte u. ſ. w. vorhalten
wil. Sie haben die ſeltenere Kraft, keine Tugend, aber nicht die ge-
meinere, keinen Fehler zu überſehen. — 30
Auch in der Muſik verdirbt ihn das Lob, und nur das tonreiche
Paris heilt ihn vielleicht — Höheres giebt es nichts, Emanuel, als
Freude zu geben, ohne ihren Wiederſchein zu genieſſen — Sie thun
Ihre gute That gegen O[tto] doppelt, wenn Sie allein darüber froh
zu ſein vermögen. Ich kan Ihnen nicht ſagen, wie mich Ihre wehmüthig- 35
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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