Jean Paul: Dritte Abteilung Briefe. In: Jean Pauls Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. 3, Bd. 4. Berlin, 1960.352. An Matzdorff. [Kopie][Meiningen, 9. März 1803]Der Titan mus sich zum 2ten mal volendet haben (gedrukt) -- Ich 353. An Karoline von Berg. Meiningen d. 9. März 1803.10Der Himmel schenke Ihnen immer solche Entschuldigungen Ihres Da Ihre Seele, ungleich den meisten weiblichen, nicht nur empfinden, Sie reisen nach Italien wie Sie schreiben; dan geht der Weg über Nehmen Sie meinen innigen Dank für Ihre edle Sorge um mein25 Leben Sie wohl! Ich grüsse Ihre beiden Kinder oder Geliebten J. P. F. Richter 352. An Matzdorff. [Kopie][Meiningen, 9. März 1803]Der Titan mus ſich zum 2ten mal volendet haben (gedrukt) — Ich 353. An Karoline von Berg. Meiningen d. 9. März 1803.10Der Himmel ſchenke Ihnen immer ſolche Entſchuldigungen Ihres Da Ihre Seele, ungleich den meiſten weiblichen, nicht nur empfinden, Sie reiſen nach Italien wie Sie ſchreiben; dan geht der Weg über Nehmen Sie meinen innigen Dank für Ihre edle Sorge um mein25 Leben Sie wohl! Ich grüſſe Ihre beiden Kinder oder Geliebten J. P. F. Richter <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0213" n="206"/> <div type="letter" n="1"> <head>352. An <hi rendition="#g">Matzdorff.</hi></head><lb/> <note type="editorial">[Kopie]</note> <dateline> <hi rendition="#right">[Meiningen, 9. März 1803]</hi> </dateline><lb/> <p>Der Titan mus ſich zum 2<hi rendition="#sup">ten</hi> mal volendet haben (gedrukt) — Ich<lb/> ſehne mich nach dem Aufſteigen dieſer Atlantis (Titan), die für mein Ge-<lb/><note place="left"><ref target="1922_Bd4_229">[229]</ref></note>dächtnis untergeſunken. — <hi rendition="#aq">Walter,</hi> den Gott beſſer als Präparate denn<lb n="5"/> eingefleiſcht in die Kabinette der Erde ſchicken ſollen — Artilleriſt, gegen<lb/> den [ich], wär’ ich der König, mit nichts feuern würde als mit Goldſtaub<lb/> und Goldkugeln; und ſolche Kanonen würde er nicht vernageln.</p> </div><lb/> <div type="letter" n="1"> <head>353. An <hi rendition="#g">Karoline von Berg.</hi></head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#aq">Meiningen</hi> d. 9. März 1803.</hi> </dateline> <lb n="10"/> <p>Der Himmel ſchenke Ihnen immer ſolche Entſchuldigungen Ihres<lb/> Schweigens, nämlich Freuden und Reiſen! Im Februar war ich<lb/> in <hi rendition="#aq">Weimar</hi> beinahe an Ihrem Tiſche — denn ich ſas am <hi rendition="#aq">Herderschen</hi><lb/> und der edle warme <hi rendition="#aq">Herder</hi> erzählte mir ſo viel von Ihnen, daß mir<lb/> war, als hätten Sie mir zweimal geſchrieben wie ich Ihnen.<lb n="15"/> </p> <p>Da Ihre Seele, ungleich den meiſten weiblichen, nicht nur empfinden,<lb/> auch handeln, und das Schikſal nicht nur mit Nerven, auch mit<lb/> Muſkeln empfangen kan: ſo weis ihr Freund — denn ſo nent mich<lb/> mein Herz —, daß Sie am Ende unter den rauheſten Wolken, die<lb/> oft das Geſchik über die Glüklichſten treibt, ſich doch nur mehr ſtärken<lb n="20"/> als betrüben können.</p><lb/> <p>Sie reiſen nach Italien wie Sie ſchreiben; dan geht der Weg über<lb/><hi rendition="#aq">Coburg,</hi> wo Sie mich vom 1. Mai an angeſiedelt treffen werden.<lb/> Ich habe mehr Hofnung, Ihnen auſſer als in <hi rendition="#aq">Berlin</hi> zu begegnen.</p><lb/> <p>Nehmen Sie meinen innigen Dank für Ihre edle Sorge um mein<lb n="25"/> <hi rendition="#g">äuſſerliches</hi> Schikſal an — denn das <hi rendition="#g">innere</hi> iſt nun durch die<lb/> gütigſte Vorſehung befeſtigt —; nur aber theilt jene Sorge mit Ihnen<lb/> auf eine ganz entgegengeſezte Weiſe der G. K[abinets]Rath <hi rendition="#aq">Beyme,</hi><lb/> an welchen zu ſchreiben Sie mir ſo gütig vorſchlugen. Denn ich weis<lb/> beſtimt, daß er mich — nicht liebt. Kurz in <hi rendition="#aq">Berlin</hi> hab’ ich jezt nur die<lb n="30"/> Vorſehung und — Sie für mich; Sie ſind <hi rendition="#aq">J. Paul’s</hi> Alvensleben,<lb/> Prinz <hi rendition="#aq">George</hi> und Königin; und wenn Sie dieſe Dreieinigkeit ſind,<lb/> auch König Wilhelm <hi rendition="#aq">III.</hi></p><lb/> <p>Leben Sie wohl! Ich grüſſe Ihre beiden Kinder oder Geliebten<lb/> mit alter und ewiger Liebe und Achtung und Sie ohnehin!<lb n="35"/> </p> <closer> <salute> <hi rendition="#right">J. P. F. Richter</hi> </salute> </closer> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [206/0213]
352. An Matzdorff.
[Meiningen, 9. März 1803]
Der Titan mus ſich zum 2ten mal volendet haben (gedrukt) — Ich
ſehne mich nach dem Aufſteigen dieſer Atlantis (Titan), die für mein Ge-
dächtnis untergeſunken. — Walter, den Gott beſſer als Präparate denn 5
eingefleiſcht in die Kabinette der Erde ſchicken ſollen — Artilleriſt, gegen
den [ich], wär’ ich der König, mit nichts feuern würde als mit Goldſtaub
und Goldkugeln; und ſolche Kanonen würde er nicht vernageln.
[229]
353. An Karoline von Berg.
Meiningen d. 9. März 1803. 10
Der Himmel ſchenke Ihnen immer ſolche Entſchuldigungen Ihres
Schweigens, nämlich Freuden und Reiſen! Im Februar war ich
in Weimar beinahe an Ihrem Tiſche — denn ich ſas am Herderschen
und der edle warme Herder erzählte mir ſo viel von Ihnen, daß mir
war, als hätten Sie mir zweimal geſchrieben wie ich Ihnen. 15
Da Ihre Seele, ungleich den meiſten weiblichen, nicht nur empfinden,
auch handeln, und das Schikſal nicht nur mit Nerven, auch mit
Muſkeln empfangen kan: ſo weis ihr Freund — denn ſo nent mich
mein Herz —, daß Sie am Ende unter den rauheſten Wolken, die
oft das Geſchik über die Glüklichſten treibt, ſich doch nur mehr ſtärken 20
als betrüben können.
Sie reiſen nach Italien wie Sie ſchreiben; dan geht der Weg über
Coburg, wo Sie mich vom 1. Mai an angeſiedelt treffen werden.
Ich habe mehr Hofnung, Ihnen auſſer als in Berlin zu begegnen.
Nehmen Sie meinen innigen Dank für Ihre edle Sorge um mein 25
äuſſerliches Schikſal an — denn das innere iſt nun durch die
gütigſte Vorſehung befeſtigt —; nur aber theilt jene Sorge mit Ihnen
auf eine ganz entgegengeſezte Weiſe der G. K[abinets]Rath Beyme,
an welchen zu ſchreiben Sie mir ſo gütig vorſchlugen. Denn ich weis
beſtimt, daß er mich — nicht liebt. Kurz in Berlin hab’ ich jezt nur die 30
Vorſehung und — Sie für mich; Sie ſind J. Paul’s Alvensleben,
Prinz George und Königin; und wenn Sie dieſe Dreieinigkeit ſind,
auch König Wilhelm III.
Leben Sie wohl! Ich grüſſe Ihre beiden Kinder oder Geliebten
mit alter und ewiger Liebe und Achtung und Sie ohnehin! 35
J. P. F. Richter
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(2016-11-22T15:08:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Markus Bernauer, Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-11-22T15:08:29Z)
Weitere Informationen:Die digitale Edition der Briefe Jean Pauls im Deutschen Textarchiv basiert auf der von Eduard Berend herausgegebenen III. Abteilung der Historisch-kritischen Ausgabe mit den Briefen Jean Pauls. Die Bände werden im Faksimile und in getreuer Umschrift ohne Korrekturen vollständig zugänglich gemacht. Nicht aufgenommen, da in der hier gewählten Präsentation kaum nutzbar, sind Berends umfangreiche Register über die III. Abteilung in Band III/9, die in das elektronische Gesamtregister über die Briefe von und an Jean Paul eingegangen sind. Das bedeutet: Aufbewahrungsorte von Handschriften sowie veraltete Literaturverweise blieben ebenso bestehen wie die Nummern der von Jean Paul beantworteten Briefe oder der an ihn gerichteten Antworten, Nummern, die sich auf die Regesten in den digitalisierten Bänden beziehen und nicht auf die neue IV. Abteilung mit den Briefen an Jean Paul (s. dort die Konkordanzen). Eine andere, briefzentrierte digitale Edition der Briefe Jean Pauls ist derzeit als Gemeinschaftsprojekt der Jean-Paul-Edition und der Initiative TELOTA in Vorbereitung. Die Metadaten dieser Ausgabe sowie veraltete Verweise in den Erläuterungen werden dort so weit als möglich aktualisiert. Die Digitalisierung wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
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